Hamburg. An dem Haus in bester Lage tut sich seit Jahren nichts – trotz verhängtem Zwangsgeld. Auch Ex-Promi-Lokal steht leer.
Das Baugerüst steht. Irgendwer hat Arbeitervlies ausgelegt. Und vor dem Treppenaufgang, der zur Eingangstür führt, lehnen zwei Besen. Und so könnte man davon ausgehen, dass hier am Harvestehuder Weg 69 langsam Tempo in die Sache kommt. In die Sache mit dem schlechten Zustand, in dem sich das Haus in bester Alsterlage befindet und damit, dass die Immobilie nun schon seit vielen Jahren leer steht. Doch die Sache ist leider kompliziert.
Anwohner berichten jedenfalls, dass kaum etwas geschehen ist, seitdem das Gerüst im vergangenen Jahr aufgebaut wurde. Und manch einer ist hier inzwischen davon überzeugt, dass der Eigentümer – ein Unternehmer aus Düsseldorf – gar nicht die Absicht hat, das Haus wieder so herzustellen, dass hier bald wieder Menschen wohnen können. Ein Vorwurf, der schwer zu belegen ist. Auf Nachfrage wollte sich der Eigentümer, der dem Abendblatt bekannt ist, erneut nicht zu seinen Plänen äußern.
Leerstand am Alsterufer: Bauteile und Dachpfannen fallen herab
Klar ist aber: Der Leerstand des Hauses ist dem Bezirksamt Eimsbüttel seit Dezember 2017 bekannt. Die Behörde und die Bauprüfabteilung forderten den Eigentümer mehrfach zum Handeln auf. Dennoch passierte lange Zeit nichts. Aus Sicht der Nachbarn wurde vor allen Dingen der Durchgang zu Problem, der auch von Bewohnern des benachbarten Wohnkomplexes benutzt wird. Sie berichteten, dass sich wiederholt Bauteile und Dachpfannen des leer stehenden Hauses gelöst hätten und in diesen Durchgang gefallen seien.
Die Behörde erkannte die Gefahr und wies den Eigentümer an, durch „geeignete Maßnahmen die gefahrlose Nutzung des Durchgangs auf dem Nachbargrundstück (…) bis zum Abschluss der Instandsetzungsarbeiten“ sicherzustellen. Dies ist inzwischen geschehen.
Wie eine Sprecherin des Bezirksamtes mitteilte, wurde im vergangenen Juli ein Schutzgerüst für den Durchgang errichtet. Weiter heißt es: „Über den Zustand der Giebelwand und des Dachabschlusses wurde ein Gutachten vorgelegt, welches auch Maßnahmen zur Mängelbeseitigung vorschlägt. Die Mängelbeseitigung wurde im August 2022 begonnen.“ Die Dach-arbeiten seien nach Kenntnis des Bezirksamtes zwischenzeitlich abgeschlossen worden.
Amt liegt Dachdeckerrechnung für Reparatur vor
Wer nicht vom Fach ist, kann dies durch einen bloßen Blick auf das Dach weder bestätigen noch bestreiten. Anwohner berichten jedoch, dass sie seit Gerüstaufbau keine Arbeiter mehr vor Ort gesehen hätten. Wie eine Sprecherin des Bezirksamtes mitteilte, hätten Anwohner in dieser Woche die Bauaufsichtsbehörde darüber informiert, dass „augenscheinlich, mit Ausnahme des zwischenzeitlich errichteten Schutzdaches und der jetzigen Gerüststellung, keine Maßnahmen“ stattgefunden hätten.
Allerdings liege dem Amt eine Dachdeckerrechnung über Reparatur und Instandsetzungsarbeiten vor. Das vom Eigentümer beauftragte Architekturbüro gibt auf Anfrage an, für Auskünfte nicht autorisiert zu sein und verweist an den Eigentümer, der auch zu diesen Punkten nicht mit dem Abendblatt sprechen wollte. So bleiben an dieser Stelle Fragen offen. Klar ist aber: Auch die Fassadenarbeiten haben bisher noch nicht begonnen. Aktueller Stand ist nach Angaben des Bezirksamtes, dass eine Fristverlängerung bis Ende des Monats beantragt worden sei. Als Gründe seien Lieferschwierigkeiten und die Witterung genannt worden.
Die Frist sei inzwischen wunschgemäß verlängert worden. Sollte die Frist auslaufen und die Bauaufsichtsbehörde keine Rückmeldung erhalten, werde ein weiteres Zwangsgeld erhoben. Gegebenenfalls könne die Frist aber auf Antrag auch erneut verlängert werden. Klar ist auch, dass der Eigentümer bereits mehrfach Strafgelder zahlen musste. Das Bezirksamt bestätigt: „Da der Eigentümer bis Mitte 2022 keine Maßnahmen ergriffen hatte, wurden mehrere Zwangsgelder festgesetzt und erhoben.“ Und weiter: „Beim Abschnitt Wohnraumschutz mussten ebenfalls mehrere Zwangsgelder festgesetzt werden, da die Aufnahme einer Wohnnutzung bis dato noch nicht erfolgte.“
Beste Alsterlage: Weitere Häuser stehen leer
Die Immobilie am Harvestehuder Weg ist nur eines von mehreren Häusern in bester Alsterlage, die seit Längerem leer stehen. Zu einem richtigen Schandfleck entwickelt sich etwa ein leer stehendes Wohn- und Ärztehaus am Kreisel Harvestehuder Weg/Frauenthal. Laut Bezirksamt plant der Eigentümer hier ein viergeschossiges Wohngebäude mit Staffelgeschoss mit insgesamt 20 Wohneinheiten. Bereits am 3. Dezember 2021 wurde ihm dafür ein Vorbescheid erteilt, ein Abbruchantrag liegt bislang aber nicht vor. „Nach eingehender Prüfung haben wir entschieden, dass derzeit keine Zwischenvermietung im Sinne des Wohnraumschutzgesetzes gefordert wird“, so ein Sprecher des Bezirks Eimsbüttel.
Auch an der Badestraße 32 tut sich nichts. Die Villa mit einem zur Alster liegenden Grundstück wirkt zunehmend verwahrlost. Im Transparenzportal findet sich ein Dokument, dass hier 2017 ein Antrag für einen viergeschossigen Neubau abgelehnt wurde, weil er unter anderem ein benachbartes Baudenkmal beeinträchtigen würde. Aus dem Bezirksamt heißt es, es liege ein Bauantrag zur Prüfung vor.
Ehemaliges Restaurant „Insel“: innen ein Rohbau
Wurden Wohn- in Gewerbeobjekte umgewandelt, fallen sie nicht in den Bereich des Wohnraumschutzes. Die Bezirke, die bei der Ahndung von Leerstand ohnehin schon an ihre Grenzen stoßen, sind dann machtlos. Ein Beispiel findet sich am Alsterufer 35 – in dem Gebäude, in dem früher der Promi-Restaurant „Insel“ ansässig war und das seit mehr als zehn Jahren leer steht. Von außen wurde es vor nicht allzu langer Zeit gestrichen, im Inneren mutet das mehr als 100 Jahre alte Haus wie ein Rohbau an. Die Immobilienvermittler Workin’up und Hellomonday preisen die Villa als hochwertigen Bürostandort an – der nach Mietervorgaben ausgebaut werden soll. Quadratmeterpreis: mindestens 35 Euro. Noch ist die gesamte Fläche frei.
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Doch nicht nur alsternah stehen Häuser leer. Auch in der gefragten Wohnstraße Am Karpfenteich in Hummelsbüttel ist das der Fall. Die nebeneinander liegenden Hausnummern 10 und 12 sowie Nummer 7 gegenüber, alles einst schlichte, aber ansprechende Wohnimmobilien, sind schon lange verwaist und sehr verwahrlost. Dem Bezirksamt Wandsbek ist der Missstand bekannt. Alle drei Fälle befänden sich derzeit in der Bearbeitung, heißt es. Der Leerstand der Häuser habe – trotz der räumlichen Nähe zueinander – unterschiedliche Gründe, so dass die Bearbeitung einzelfallbezogen erfolge. Für eines der Häuser wurde bereits eine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt, das heißt, der Leerstand ist derzeit genehmigt.