Hamburg. Anwohner des Heinrich-Kock-Wegs leben mitten im Bewohnerparkgebiet – dennoch müssen sie drei Euro Parkgebühren pro Stunde zahlen.
Auf der Karte nördlich des UKE-Geländes gibt es einen klitzekleinen weißen Fleck mit einer einzigen Straße. Dabei handelt es sich um den Heinrich-Kock-Weg. Die kleine Straße liegt mitten im Bewohnerparkgebiet E316 Süderfeld, ist kurioserweise aber als einzige davon ausgenommen.
Die Anwohnerparkzone wurde am 21. November 2022 ausgewiesen. Nicol M. lebt seit drei Jahren mit ihrem Mann und zwei Kindern in dem Neubaugebiet. „Wir bezahlen drei Euro pro Stunde fürs Parken oder zehn Euro für ein Tagesticket“, sagt sie. In der Anwohnerschaft gibt es seit Monaten viel Unmut und Unverständnis darüber, dass die Straße nicht Teil der Bewohnerparkzone ist – doch alle Versuche, diese Entscheidung zu ändern, sind bislang gescheitert.
Ärger um Anwohnerparken in Lokstedt: SPD-Mann setzt sich ein
Unterstützung für das Anliegen der Anwohner kommt von der SPD-Fraktion Eimsbüttel. Der Lokstedter SPD-Abgeordnete Ernst Christian Schütt setzt sich seit Monaten dafür ein, dass der Heinrich-Kock-Weg in das Bewohnerparkgebiet einbezogen wird. Er findet, man sollte die Menschen im Heinrich-Kock-Weg nicht deutlich schlechter stellen als ihre Nachbarn in der benachbarten Lottestraße oder in der Süderfeldstraße.
„Das hat gravierende Folgen für die Bewohner, weil sie auch nicht die Möglichkeiten haben, wenn Oma oder Opa zu Besuch kommen, für diese einen Besucherparkschein zu bekommen“, so Schütt. Und man habe die Bewohner im vergangenen Herbst vor vollendete Tatsachen gestellt und sie erst zwei Wochen vor der Einführung des Bewohnerparkens in den umliegenden Straßen in Kenntnis gesetzt.
Anwohnerparken – Behörde verweist auf Tiefgaragen
Die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende verweist auf den Vorhabenbezogenen Bebauungsplan Lokstedt 62 für das Neubauviertel. „Das Neubaugebiet Süderfeldquartier ist von Beginn an als Quartier mit ausreichend Parkraum in den Tiefgaragen und deshalb mit sehr wenigen Parkständen im öffentlichen Straßenraum konzipiert und geschaffen worden“, sagt Behördensprecher Dennis Heinert.
Den knapp 400 Wohneinheiten stünden 76 Parkplätze im öffentlichen Raum gegenüber, der öffentliche Raum könne also nicht als Parkraum für die Bewohnerinnen und Bewohner dienen, sagt er. „Deshalb ist dort extra in Tiefgaragen Parkraum für die Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen worden. Die Tiefgaragen sind nur etwa zur Hälfte ausgelastet, es gibt also problemlos Möglichkeiten für die Bewohnerinnen und Bewohner, ihr Auto direkt am Haus abzustellen“, so Heinert.
Kein Anwohnerparken – Tiefgaragenplatz kosten 120 Euro
Tatsächlich ist schon in der Konzeptbeschreibung, die vor Baubeginn erstellt wurde, nachzulesen, dass private Stellplätze in acht Tiefgaragen untergebracht werden sollen. Schon damals war von mindestens 300 Stellplätzen inklusive Carsharing-Stellplätzen die Rede.
„Das war von vornherein allen bekannt“, sagt Heinert, der den Unmut nicht nachvollziehen kann. Doch davon hätten sie nichts gewusst, sagt die Anwohnerin Nicol M., als sie vor ein paar Jahren eingezogen sind. „Uns hat man das nicht mitgeteilt.“ Sie und ihr Mann besitzen zwei Dienstwagen, weil sie beruflich viel unterwegs seien. „Wir haben einen Tiefgaragenplatz für 120 Euro gemietet, aber einen zweiten gönnen wir uns wegen des hohen Preises nicht.“
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Anwohnerparken Heinrich-Kock-Weg: Petition wurde abgelehnt
Der SPD-Politiker Schütt sagt, die 120 Euro pro Monat für einen Tiefgaragenstellplatz könne sich nun mal nicht jeder leisten. „Es wohnen ja nicht nur Gutverdienende im Heinrich-Kock-Weg.“ In den benachbarten Straßen habe sich der Parkdruck tatsächlich verringert. „Aber dort sind nur 65 Euro pro Jahr für die Anwohnerparkberechtigung fällig. Das ist eine Ungerechtigkeit.“
Mehrere Anwohner hatten eine Petition an den Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft geschickt, dieser hielt das Eingabeverfahren aber nicht für das geeignete Verfahren, um eine Entscheidung zu treffen, da über die Thematik unter politischen Gesichtspunkten zu entscheiden sei. In der Antwort an die Bewohner heißt es aber: Die Kosten für einen Bewohnerparkausweis seien pro Monat zwar deutlich niedriger, allerdings seien die beiden Preise nicht vergleichbar.
Bewohnerparkausweis nicht vergleichbar mit privatem Stellplatz
Der Bewohnerparkausweis biete keine Parkplatzgarantie und könne schon deshalb nicht mit einem privaten Stellplatz gleichgesetzt werden. Die Gebühr des Bewohnerparkausweises sei mit 65 bzw. 70 Euro pro Jahr historisch bedingt äußerst günstig. Die eigentlichen Kosten würden dabei durch die Allgemeinheit getragen.
Laut den Antworten auf eine Anfrage, die Schütt und zwei weitere SPD-Abgeordnete gestellt haben, ob es Pläne gibt „angesichts der bisherigen Erfahrungen die Gestaltung der Parkregelungen im Heinrich-Kock-Weg anzupassen, z. B. hinsichtlich der Tarifgestaltung und des Besucherparkens“, heißt es: „Hierzu kann zum jetzigen Zeitpunkt, wenige Wochen nach der Einführung der Regelungen zur Parkraumbewirtschaftung, noch keine fachgerechte Einschätzung erfolgen.“
Anwohnerparken: Aktuell 15 Bewohnerparkgebiete in Hamburg
Behördensprecher Heinert macht den Anwohnern keine Hoffnung, dass der Heinrich-Kock-Weg doch noch in das Bewohnerparkgebiet aufgenommen wird. Der B-Plan sei vom Bezirk verabschiedet und das sei nicht durch die Behörde zu ändern.
„Unabhängig von der rechtlichen Frage bleibt auch die Tatsache bestehen, dass dort eben nur 76 Parkplätze im öffentlichen Raum zur Verfügung stehen, gleichzeitig aber ausreichend Platz in der Tiefgarage ist“, sagt Heinert. Die Verlagerung des „ruhenden Verkehrs“ aus dem öffentlichen Raum in den privaten Raum, in diesem Fall in die Tiefgarage, sei politisch gewollt und eine Grundsäule dieses Neubaugebiets gewesen.
Aktuell gibt es in Hamburg 15 Bewohnerparkgebiete mit 62 Zonen. Am 6. März startet auf der Uhlenhorst, in Hohenfelde und Borgfelde das 16. Bewohnerparkgebiet.