Hamburg. Schule der Islamischen Republik Iran in Stellingen nach Brand unter Polizeischutz. Warum jetzt auch der Staatsschutz ermittelt.
Haben die Unruhen nach dem gewaltsamen Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini im Iran jetzt auch Hamburg erreicht? Ein Indiz dafür könnte sein, dass nach einem Feuer in der Schule der Islamischen Republik Iran am Steenwisch jetzt die Staatsschutzabteilung des Hamburger Landeskriminalamtes ermittelt. Unbekannte Täter gossen in der Nacht zum Donnerstag, den 13. Oktober, eine brennbare Flüssigkeit in das Gebäude und zündeten sie an. Durch das Feuer erlitt ein Mann Verletzungen. Die Täter entkamen. Ermittelt wird wegen schwerer Brandstiftung. Die Schule steht seitdem Tag und Nacht unter Polizeischutz.
Gegen 1 Uhr waren Polizei und Feuerwehr zu dem dreigeschossigen weißen Stadthaus in der Wohnstraße Steenwisch gerufen worden. Als die Einsatzkräfte eintrafen, brannte es in einem Zimmer im Erdgeschoss. Rauch hatte sich in dem Gebäude ausgebreitet, in dem 19 Bewohner, darunter Lehrer der Schule, gemeldet sind. Tatsächlich sollen sich zum Zeitpunkt des Brandanschlags etwa ein halbes Dutzend Personen dort aufgehalten haben. Ein 62 Jahre alter Mann wurde wegen einer Rauchvergiftung behandelt.
Polizei Hamburg: Brandanschlag auf iranische Schule
Die Flammen waren schnell gelöscht. „Das Feuer beschränkte sich auf den einen Raum. Andere Zimmer sind durch Qualm in Mitleidenschaft gezogen worden“, so ein Beamter. Schnell konnte ermittelt werden, wie das Feuer ausbrach. Durch ein auf Kipp stehendes Fenster war brennbare Flüssigkeit in das Gebäude geschüttet und dann angezündet worden. Ein Anwohner hatte einen Knall gehört, das Feuer bemerkt und Alarm geschlagen. Ob es ein Täter war oder mehrere Täter waren, die den Brandanschlag verübten, konnte weder der Anrufer sagen, noch konnte es bislang anders ermittelt werden.
Bei dem Ziel des Anschlags handelt es sich um ein Grundstück und Gebäude, das dem iranischen Staat gehört. Seit 1991 ist dort die Shahid-Beheshti-Schule, kurz IRISBS, gemeldet, die nach einem früheren Vorsitzenden des iranischen Revolutionsrats benannt ist. Eine Erlaubnis für die Einrichtung der Schule, in der in den vergangenen Jahren jeweils um die 150 Kinder und Jungerwachsene Unterricht nahmen und die auch in der Erwachsenenbildung tätig ist, war nicht nötig.
Iranische Schule gilt als Ergänzungsschule
Sie gilt als Ergänzungsschule, also als Schule, die keine in Deutschland gültigen Abschlüsse vergeben darf. In der Schule gibt es Sprachunterricht. Außerdem ist sie Konsulatsschule. Dort werden die Kinder der Mitarbeiter des iranischen Konsulats unterrichtet. Sie sind als Kinder von Angehörigen des diplomatischen Dienstes von der Schulpflicht befreit, wenn sie in eine Ergänzungsschule wie am Steenwisch gehen.
Die Lehrpläne dort richten sich nach den Schulabschlüssen im Iran. Auf die Inhalte, die dort gelehrt werden, hat die Hamburger Schulbehörde keinen Einfluss. Für den Verfassungsschutz ist die Schule, im Gegensatz zum Islamischen Zentrum an der Alster, zu dem Verbindungen bestehen sollen, kein Thema.
Farbanschlag auf Foyer der Moschee an der Alster
In Hamburg gibt es seit dem Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini, die offensichtlich im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei wegen eines angeblichen Kopftuch-Verstoßes misshandelt wurde, zahlreiche Proteste und Solidaritätskundgebungen mit Demonstranten im Iran, die dort gegen das dortige Regime auf die Straße gehen. Bislang waren das iranische Konsulat an der Bebelallee und das Islamische Zentrum in der Imam-Ali-Moschee – auch bekannt als Blaue Moschee – an der Schönen Aussicht Ziel von Protesten, die teilweise auch gewalttätig waren.
So gab es einen Farbanschlag auf das Foyer der Moschee an der Alster. Erst am Montag war es vor dem iranischen Konsulat zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen, als nach dem Ende der Protestaktion noch mehrere Teilnehmer die Polizeiabsperrung überwanden, um Eier, Steine sowie Bilder der im Iran getöteten Frau auf das Konsulatsgelände zu werfen. Zwei an der Aktion beteiligte Menschen wurden festgenommen.
Weitere Demonstrationen erwartet
Auch am kommenden Wochenende wird es angemeldete Demonstrationen geben, vor allem im Innenstadtbereich. Eine Kundgebung ist aber auch an der Alster vor der Blauen Moschee angemeldet worden. Sicherheitsbehörden gehen von insgesamt mehreren Hundert Teilnehmern aus. Allein an der Alster rechnet der Anmelder mit rund 200 Teilnehmern. Diese Demonstration gilt bei der Hamburger Polizei auch als die brisanteste.
- 82 Jahre alte Taxi-Insassin bei Unfall schwer verletzt
- Fäkalien legen Sicherheitswache am Hauptbahnhof lahm
- 16-Jähriger nach versuchtem Raub am Jungfernstieg in U-Haft
Für die Polizei ist der auch in Hamburg ausgetragene Konflikt zwischen staatlich gelenkten iranischen Einrichtungen und Gegner des Regimes ein Problem. An der Bebelallee mussten die Schutzmaßnahmen wegen der Demonstrationen, aber auch wegen befürchteter Anschläge, vergleichbar mit dem jetzt auf die Schule, deutlich ausgeweitet werden. Wurde das Konsulat vor den Protesten im Zusammenhang mit dem Tod der 22-Jährigen im Iran lediglich im Rahmen von Streifenfahrten „bewacht“, stehen jetzt rund um die Uhr Polizeiposten vor dem Konsulatsgelände.
Polizei Hamburg: Demonstrationen binden Personal
Die im Zusammenhang mit dem Konflikt stehenden Demonstrationen binden zudem ebenfalls in erheblichem Umfang Polizeikräfte. Dazu sind in diesem Jahr zusätzliche Bewachungsaufgaben im Bereich des russischen sowie des ukrainischen Konsulats sowie einer Außenstelle der ukrainischen Vertretung gekommen. Das dafür erforderliche Personal stellen die Bereitschaftspolizei, die Hamburger Polizeiwachen und neuerdings auch die Verkehrsdirektion, die für die Verkehrsüberwachung in Hamburg zuständig ist.