Hamburg. Ex-BASF-Vorstand platzt der Kragen: Neue Fahrradstraße drängt Radler auf den Spazierweg am Alsterufer. Ärger schon in der Bauphase.

Der Streit um die neu angelegte Fahrradstraße am Harvestehuder Weg zieht weitere Kreise. Jetzt erheben der Unternehmer Eggert Voscherau, 71, Bruder von Altbürgermeister Henning Voscherau, und der Harvestehuder Rechtsanwalt Christian Krienke, 74, neue Vorwürfe. Nach ihrer Beobachtung hat der Radverkehr auf dem Wanderweg am Alsterufer massiv zugenommen – und zwar erst nach Inbetriebnahme der neuen Fahrradstraße. Ihre Erklärung: Die Fahrradstraße sei so schlecht konzipiert, dass Radler von dort vertrieben würden und auf den Fußweg auswichen. Die beiden Männer fordern nun strengere Kontrollen entlang der Alster und klare Verbotsschilder an den einzelnen Zuwegen.

Bei einem Ortstermin wird deutlich, was die beiden meinen: Pausenlos werden sie auf dem Fußweg von Fahrrädern umbraust – und das mitten in der Woche. „Am Wochenende ist es hier viel schlimmer“, schimpft Krienke. Erst kürzlich sei seine Frau beim Spazierengehen von einem Radler angefahren worden, „und der Kerl hat sich nicht mal entschuldigt“.

Die Fahrradstraße war Ende 2014 in Betrieb genommen worden. Der Ärger begann schon in der Bauphase, die Kritik riss auch nach Fertigstellung nicht ab. Die Umgestaltung der etwa 1,3 Kilometer langen Strecke hatte rund 1,5 Millionen Euro gekostet.

Gleich am nördlichen Ende der Fahrradstraße, in Höhe des Anglo German Clubs, sind die Probleme deutlich sichtbar. Die Fahrer von zwei Reisebussen versuchen, aneinander vorbei zu rangieren, etliche Autos stauen sich dahinter. Die Fahrradfahrer, die sich diesem Knäuel nähern, sind erkennbar verunsichert. Eigentlich sollen sich Radler und Motorfahrzeuge die Straße teilen, das ist aber in diesem Moment kaum möglich. Hinzu kommt, dass vielen Radfahrern nicht klar ist, ob sie den alten Radweg, der weiterhin parallel zur Straße verläuft, immer noch nutzen dürfen. Bekanntlich war ursprünglich geplant, ihn aufzulösen und umzuwidmen, eventuell in eine Skaterbahn. Auf der entsprechenden Infoseite von hamburg.de wird das weiterhin so angekündigt, dabei hat sich Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke längst von diesem Teil der Planung distanziert.

Die Radler scheinen verunsichert, was gilt. Als Folge davon biegen viele von ihnen direkt hinter dem Anglo German Club nach links ab und fahren auf dem Fußweg am Wasser weiter. Das kleine grüne Schild, das genau das verbietet, ist kaum zu erkennen. Voscherau und Krienke beobachten das Durcheinander kopfschüttelnd. „Also, wenn die Stadt schon eine neues Verkehrskonzept entwickelt, dann bitte ein schlüssiges“, kommentiert Christian Krienke. Eggert Voscherau, der lange im Vorstand des Chemieriesen BASF saß und unter anderem Präsident des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie war, ist kein Typ, der sich – wie er sagt „mit Kleinkram öffentlich zu Wort meldet“. Im Gegenteil. Viele Jahre lang hat er sich fast ausschließlich zu Wirtschaftskapitän geäußert.

Aber wenn es um die Radfahrer am Alsterufer geht, kann sich der 71-Jährige richtig in Rage reden. Er spreche auch „für die vielen älteren Leute, die hier spazierengehen“, so Voscherau. „Es ist hier manchmal fast schon lebensgefährlich, zumal die modernen Räder auch kaum zu hören sind, wenn sie hinter einem Spaziergänger angerauscht kommen.“

Wichtig ist ihm: „Es geht hier nicht gegen Radfahrer, wir sind selbst begeisterte Radler. Es geht um die Einhaltung von Regeln, denn nur so funktioniert eine Gemeinschaft.“ Beide seien sehr für den Ausbau des Radverkehrs in Hamburg, aber das müsse nach Regeln ablaufen, an die sich alle hielten. „Wir verstehen nicht, warum das hier nicht strenger kontrolliert wird“, sagt Christian Krienke. Ziemlich entnervt ziehen die beiden davon – und die Radler rauschen munter weiter an ihnen vorbei.