Autos dürfen auf dem Harvestehuder Weg nur noch im Anliegerverkehr mit Tempo 30 fahren. Fuß- und Radwege sind räumlich getrennt. Kritik von der CDU – und von Neu-Hotelier Klaus-Michael Kühne.
Hamburg. Anfang November hatten die Bauarbeiten für die erste Fahrradstraße an der Alster begonnen. Nach 33 Arbeitstagen ist die 1,25 Kilometer lange, bis zu 6,5 Meter breite und 1,5 Millionen Euro teure Strecke fertig gestellt worden. Am Mittwoch haben Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof und Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (beide SPD) den Pilotabschnitt am Harvestehuder Weg zwischen Alte Rabenstraße und dem Anglo German Club (Harvestehuder Weg 44) eingeweiht. Geplant sind zwei zentrale Fahrradachsen an der Außenalster. Nach und nach sollen insgesamt 60 Prozent der mehr als sieben Kilometer langen Uferstrecke zu Fahrradstraßen werden.
„Der Anteil des Radverkehrs nimmt seit den 1990er Jahren stetig zu. Wir wollen die Wahl des Verkehrsmittels nicht vorschreiben, aber Alternativen zum Pkw bieten“, sagte Staatsrat Rieckhof. Mehr Radverkehr entlaste die Straßen. Es gebe weniger Stau, Lärm, Abgase. „Mit der Einrichtung von Fahrradachsen, zu denen auch diese Fahrradstraße gehört, wollen wir den Verkehrsraum rund um die Alster neu aufteilen. So aufteilen, dass Fußgänger und Radfahrer ausreichend Platz haben und gleichzeitig der notwendige Autoverkehr möglich bleibt.“ Die Fahrradstraße entlang der Alster soll ein Signal sein, dass es dem Senat ernst ist mit der Förderung des Radverkehrs. 7.700 Quadratmeter Fahrbahndecke wurden erneuert und 1.400 m Bordkanten neu gesetzt. Statt 65 Parkplätzen stehen den Autofahrern entlang der Strecke nun nur noch 60 Plätze zum Parken zur Verfügung.
Radler freuen sich über die neue Fahrradachse
Ab sofort haben Radfahrer auf diesem ersten Abschnitt der Fahrradachse Autos (und Stadtrundfahrtbussen) gegenüber Vorrang, sie dürfen nebeneinander fahren und Autos dürfen nicht schneller als 30 Stundenkilometer sein. Fuß- und Radwege wurden so räumlich getrennt. In einer Fahrradstraße gelten die normalen Vorfahrtregeln. Wenn nicht anders beschildert, gilt somit auch in einer Fahrradstraße Rechts-vor-Links an Kreuzungen oder Einmündungen, natürlich auch für Radfahrer. Ansonsten gelten die jeweiligen Beschilderungen. Derzeit nutzen jeden Tag 4400 Radfahrer und 3500 Autofahrer den Harvestehuder Weg.
So wie Uta Delbridge, 45. Sie wird die die Fahrradstraße nutzen: „Das hier ist ein sehr guter Schritt. Es ist grundsätzlich gut, wenn es mehr und besser ausgebaute Fahrradwege igibt. Es gibt so viele schlechte Fahrradwege, manchmal hören sie auch einfach auf.“ Wenn Fahrräder eine sichere eigene Spur haben, verleite das auch mehr Leute dazu, häufiger das Rad zu benutzen, sagt sie.
Ampeln gibt es auf Fahrradstraßen keine. Der alte Fahrradweg im Alstervorland darf noch bis etwa Weihnachten genutzt werden, bevor er im neuen Jahr für Fahrradfahrer gesperrt wird. Wie die künftige Nutzung der ehemaligen Radwegefläche aussieht, wird die Bezirksversammlung Eimsbüttel entscheiden. „Da die Fläche Teil des Alstervorlandes ist, wird es eine eher ruhige Nutzung sein“, sagte Bezirksamtsleiter Sevecke. Das Alstervorland sei dann vor allem für Fußgänger gedacht. Sevecke rechnet damit, dass sich die Radfahrer an ihre neue Straße spätestens in drei Monaten gewöhnt und sie angenommen haben. „Das ist eine richtig schnelle Verbindung zwischen Klosterstern und Innenstadt“.
Kritik kommt von der CDU und Neu-Hotelier Kühne
Christoph Ploß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Bezirk Nord sieht die Fahrradstraßen kritisch. Vor allem die Pläne, an den Straßen Bellevue und Schöne Aussicht in Zukunft nur noch Anliegerverkehr zuzulassen, sollen gestoppt werden. Er fordert den Senat auf, in der Bellevue den Radverkehr in Einbahnstraßenrichtung freizugeben und Piktogramme zu installieren, mit denen darauf hingewiesen wird, dass Radfahrer auf der Fahrbahn fahren dürfen. Der derzeit bestehende Radweg in der Bellevue dürfe im Umkehrschluss nur von Radfahrern benutzt werden, die gegen die Einbahnstraßenrichtung fahren. Ploß: „Anstatt Millionen in diese unsinnigen Fahrradstraßen zu stecken, sollte das Geld lieber in die vielen maroden Radwege unserer Stadt investiert werden.“
Kritik kommt auch von Klaus-Michael Kühne (77), Logistik-Unternehmer und Neu-Hotelier in Hamburg. „Das ist ein Alptraum“, sagte der Milliardär dem Hamburg-Teil der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag). „Fahrradfahren ist eine schöne Sache, aber das sollte man eher im Grünen tun.“ Der gebürtige Hamburger mit Wohnsitz in der Schweiz lässt gerade an der westlichen Außenalster ein Luxushotel an der Straße Fontenay bauen – in Nachbarschaft zum Harvestehuder Weg.
Die Radfahrer aber freuen sich über ihre Straßen. Swantje Butenschön, 42, hat die neue Fahrradstraße am Harvestehuder Weg am Mittwoch gleich genutzt: „Ich hatte schon davon gehört. Und jetzt ist die Fahrradstraße wirklich da! Wow! Eben bin ich neben einem Taxi-Fahrer gefahren und der ist langsamer geworden und hat mich durchgelassen. Das ist mir noch nie passiert. Das finde ich toll!“ Sie hofft, dass Hamburg sich in diese Richtung noch sehr viel weiter entwickeln wird. „Diese Fahrradstraße kommt mir, als Fahrradfahrer, wirklich sehr gelegen!“