Altengamme/Curslack. Vor dem Derby in Curslack: Was der Club den Spielern vorwirft und welches besondere Geschenk Ex-Coach Carstensen seinem Team machte.
Dass es für Trainer Ingo Carstensen beim Fußball-Landesligisten SV Altengamme nicht weitergehen würde, es war bereits beschlossene Sache, als der 40-Jährige am Montagabend (13. November) noch einmal vor seine Spieler trat, die sich zu einer Mannschaftssitzung zusammengefunden hatten. Das Team war noch nicht in Kenntnis davon gesetzt worden, dass der Club und Carstensen einvernehmlich das Ende der Zusammenarbeit beschlossen hatten.
Was dann folgte, war außergewöhnlich und zeugte vom Herzblut, der Leidenschaft und Energie, die der Coach in den vergangenen knapp zwei Jahren seiner Tätigkeit am Gammer Weg in das Projekt gesteckt hatte. Denn bevor er seinen Abschied verkündete, präsentierte Carstensen den Kickern noch einige Punkte aus seiner Analyse der verkorksten Hinrunde, die ihm letztlich zum Verhängnis geworden ist.
So emotional war der Abschied von Coach Ingo Carstensen vom SV Altengamme
„Er hat den Jungs damit wirklich noch viel mitgegeben und sich dann von ihnen verabschiedet“, berichtet Mohr. „Alle waren unheimlich traurig, dass es so weit kommen musste“, ergänzt der Ligaobmann. Der Entscheidung zur Trennung vorausgegangen war laut dem SVA-Macher ein „sehr, sehr offenes Gespräch“ zwischen ihm und Carstensen: „Dabei haben wir alle Punkte auf den Tisch gebracht.“ Nach dem Gedankenaustausch seien beide Seiten dann zu dem Schluss gekommen, „dass es vielleicht der richtige Schritt ist, jetzt einen neuen Impuls zu setzen.“
Einigkeit hatte in der Unterredung darüber geherrscht, dass eine der Ursachen für die schwache Hinrunde mit lediglich 14 Punkten aus 14 Partien (die Begegnung bei Hamm United fiel aus) das große Verletzungspech war. Zeitweise fielen sieben potenzielle Stammkräfte aus. Auf die Innenverteidiger Marco Schulz und Niko Reimers konnte Carstensen beispielsweise in dieser Saison gar nicht zurückgreifen. „Niko hat uns an allen Ecken und Enden gefehlt“, beklagt der Ex-Trainer.
Es mangelt den Altengammern an der nötigen Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor
Tatsächlich wäre mit dem baumlangen Defensivspezialisten das eine oder andere Gegentor, das letztlich zu Punktverlusten führte, vielleicht nicht gefallen. Und möglicherweise wäre Carstensen noch im Amt, wenn die Altengammer etwas mehr Spielglück gehabt hätten. In der Auswärtspartie beim VfL Lohbrügge etwa trafen die Vierländer beim Stand von 2:2 in der Nachspielzeit zweimal den Pfosten und kassierten im Gegenzug das 2:3. Und in Spielen wie beim Harburger SC (0:1) oder dem Oststeinbeker SV (1:1) mangelte es dem SVA trotz vieler Chancen an der nötigen Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor.
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„Aber Spielglück erarbeitet man sich ja auch. Und wenn man es nicht hat, dann ist es über einen so langen Zeitraum auch nicht nur Pech. Dann sind es einfach ein paar Prozente, die fehlen“, entgegnet Mohr. Die Folge: Altengammes Punkteschnitt liegt 2023 bei unter einem Zähler pro Partie.
Sportchef Philipp Mohr: „Die Spieler sind zu bequem geworden“
Dies sei allerdings nicht als Vorwurf an Carstensen zu verstehen, versichert der Ligaobmann. Denn er und sein vormaliger Trainer sind sich darin einig, dass einer der Hauptgründe für die durchwachsenen Leistungen in diesem Kalenderjahr eine schleichend eingekehrte Selbstzufriedenheit bei den Spielern ist. Diese seien ein wenig „zu gemütlich“ geworden, moniert Mohr. Davon zeugten auch die Leistungstests, die Carstensen regelmäßig durchführte. „Da ist kaum ein Spieler an die Werte der Vorsaison rangekommen“, verrät der 40-Jährige. Er hofft, dass seine Ex-Kicker nun „aus der Komfortzone“ herauskommen. Zweifel an der Qualität des Teams hat Carstensen nicht, wie seine letzten Worte in der Mannschaftssitzung bezeugten. „Ich habe ihnen viel Glück gewünscht, gesagt, dass sie den Klassenerhalt schaffen werden und sie eine geile Truppe sind“, berichtet der Coach.
Bis zur Winterpause wird nun der bisherige Co-Trainer Marco Theetz in die Chefrolle schlüpfen und dabei von den weiteren Assistenten Leon Trothe und Alexander Golinske unterstützt. Neu im Trainer-Team ist zudem Alexander Müller, der bis vor wenigen Monaten den SC Vier- und Marschlande coachte. Er wird Theetz in puncto Taktik und Spielanalyse unterstützen.
Für Marco Theetz ist das Derby die Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte
Sein Debüt als Interimstrainer feiert Theetz dabei am Sonnabend (18. November) ausgerechnet im Deichderby beim SV Curslack-Neuengamme (15 Uhr, Gramkowweg). Von 2001 bis 2013 schnürte der 43-Jährige seine Fußballschuhe für den SVCN und war in dieser Zeit absoluter Leistungsträger der Vierländer. Nun will er seine frühere große Liebe ärgern, muss dabei aber auf die gesperrten Leistungsträger Christopher Kleinert und Florian Rogge verzichten. Es ist also gleich mal Improvisationstalent von „Theetzer“, wie er gerufen wird, gefragt.
„Das wird ein Wundertüten-Derby“, mutmaßt Ligaobmann Mohr. Damit könnte er richtig liegen. Denn auch Curslack hinkt den eigenen Erwartungen hinterher und will vor eigener Kulisse unbedingt punkten. „Für uns ist es das Heimspiel des Jahres. Und so wollen wir es auch bestreiten“, sagt Coach Sascha Bernhardt. Der Trainerwechsel beim SVA macht die Spielvorbereitung für ihn schwer. „Das ist jetzt natürlich ein Rätselraten, weil man nicht weiß, wie der Gegner spielen wird. Wir müssen uns daher noch mehr auf uns fokussieren“, erklärt Bernhardt.
Zehenprellung: Der Einsatz von SVCN-Stürmer Arnold Lechler ist fraglich
Das Hinrunden-Duell entschied Curslack auswärts mit 5:1 für sich. Torschütze zum Endstand war dabei Arnold Lechler. Der Drittliga-erfahrene Stürmer könnte gegen den SVA, der durch die Rot-Sperre von Kleinert in der Abwehr erneut mit einer anderen Formation agieren muss, zum großen Faktor werden. Doch hinter dem Einsatz des 32-Jährigen steht ein Fragezeichen: Lechler laboriert an einer Zehen-Prellung. „Bei ihm wird es sich erst kurzfristig entscheiden, ob er auflaufen kann“, sagt Bernhardt.