Hamburg. Eigentlich sollte das Geesthachter Schiff nur mit Hochdruck gewaschen und neu angestrichen werden. Dann wurden die Schäden sichtbar.
Die Barkasse „Piep“ der Stadt Geesthacht wird derzeit in Ochsenwerder wieder flottgemacht. Das Oldtimerschiff mit Baujahr 1925 weist schwere Schäden auf, die bei einer Routinekontrolle festgestellt worden sind. Die Stadtvertreter in der Geesthachter Ratsversammlung bewilligten schließlich außerplanmäßige 65.000 Euro für die Reparatur des durchgerosteten Hecks. Sonst hätte das Aushängeschild der Stadt, um das sich ein Förderkreis kümmert, verschrottet werden müssen.
„Große Teile des Hecks sind durchgerostet“, sagt Axel Brandt (49), Betreiber der Werft Marine Service Brandt (MSB) am Oortkatenufer 4. Die Instandsetzungsarbeiten sind besonders aufwendig, weil die Stahlplatten genietet und nicht wie seit den 1960er-Jahren üblich geschweißt worden sind, betont Brandt. Die neuen Metallprofile werden von den MSB-Profis an das Heck geschweißt, nachdem die alten mühevoll und zeitaufwendig entfernt worden sind. „Das sind anspruchsvolle, umfangreiche Arbeiten“, betont Brandt.
Geesthachter Stadtbarkasse „Piep“ wird am Oortkatenufer flottgemacht
Die neuen Stahlplatten müssen verformt werden, um sie dem Schiffsrumpf anpassen zu können: Nachdem sie mit einer speziellen Presse kalt verformt wurden, werden sie am Schiffskörper mit einem Brenner erhitzt.
„Eigentlich sollte das Schiff nur per Hochdruckreiniger gewaschen und mit einer Spezialfarbe neu beschichtet werden“, sagt der Werftbetreiber. „Nach der Reinigung haben wir schon erste Löcher entdeckt.“ Daraufhin wurde per Ultraschallprüfung das ganze Ausmaß der massiven Durchrostungen festgestellt.
Schiff soll noch in diesem Jahr fertig werden
Wie lange die Reparatur der „Piep“ noch andauert, vermag Brandt nicht einzuschätzen. Die Stadtbarkasse soll aber noch in diesem Jahr an den Eigner zurückgegeben werden. Seit Februar ist sie in der Werft in Ochsenwerder. „Es ist aber auch etwas Zeit vergangen, bis die Finanzierung geklärt war und wir richtig loslegen konnten“, sagt der 49-Jährige. Erst Ende Juni hatten die Ratsmitglieder das Geld bewilligt.
Neben der „Piep“ kümmern sich die 18 Spezialisten der Werft, darunter Schiffbauer, Schlosser und Tischler, um weitere Schiffe. Projektbezogen verstärkt werden sie dabei täglich von zehn bis 15 Subunternehmern – etwa Maschinenbauern, Elektrikern, Elektronikern und Schiffbauern. Aktuell wird die Hadag-Fähre „Waltershof“ grundinstandgesetzt.
Die monatelangen, aufwendigen Arbeiten folgen auf ein europaweites Ausschreibungsverfahren, wie es vor solch umfangreichen Instandsetzungen Standard ist. An einer weiteren Hadag-Fähre, der „Tollerort“, werden Reparaturen durchgeführt, etwa der Ruderpropeller instandgesetzt und es wird dem Schiff ein neuer Anstrich verpasst.
Manche Fähren mehrmals im Jahr auf der Werft
Die Hadag ist der größte Kunde der Werft, die Brandt 2014 an dem Standort gründete, an dem vorher die Werften Grube und SSB waren. Fast alle Hadag-Fähren, die aufgrund ihrer prägnanten Form als Bügeleisen bezeichnet werden, sind an dem Standort gebaut worden. „Manche Fähren sind mehrmals im Jahr hier, jeweils für wenige Wochen, in denen kleinere Reparaturen durchgeführt werden“, sagt Brandt.
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Seine Auftragsbücher seien voll, berichtet der Werftbetreiber, auch für die Zukunft habe er viele Aufträge erhalten. Problematisch sei allerdings der Mangel an Fachkräften, ein jahrealtes, branchenübergreifendes Problem, das aber Werften mit ihrer speziellen Ausrichtung besonders stark beschäftige.
Es sei auch schwierig, genügend Subunternehmer zu finden, die zeitweise mitanpacken. „Wir suchen mindestens zwei weitere Schiffbauer“, sagt der Geschäftsführer. Derzeit werden drei Azubis ausgebildet. Zum 1. August 2024 können zwei weitere beginnen. Internet: marineservicebrandt.de.
Energiepreise bereiten Probleme
Trotz der Personalprobleme ist das Unternehmen stetig gewachsen: Mit zwei angestellten Mitarbeitern fing Brandt vor neun Jahren an. „Auch während des Lockdowns hatten wir genug Aufträge, haben wir voll durchgearbeitet, weil die Werft die systemrelevante Infrastruktur mit aufrechterhält.“ Probleme habe während der Lockdowns der Materialnachschub bereitet.
Während sich die Situation im Bereich Materialien beruhigt habe, sind es nun die massiven Energiepreissteigerungen, die die Werft belasten: „Wir benötigen hier viel Gas und Strom, doch die Preissteigerungen können wir nur teilweise an die Kunden weitergeben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Am Ende sei der Gewinn geringer. Obwohl die Preise für die Zukunft „unkalkulierbar“ seien, könne Brandt nachts gut schlafen: „Wir sind stabil am Markt aufgestellt.“