Ochsenwerder. Marine Service Brandt am Hafen Oortkaten hat volle Auftragsbücher. Trotzdem gibt es Probleme. Welche Strategie der Chef verfolgt.
Auf der MSB-Werft am Hafen Oortkaten werden derzeit zwei Hadag-Fähren flottgemacht. Die knapp 30 Meter lange „Harburg“ (250 Passagiere) im Bügeleisen-Format erhält ein Refit, eine Grundinstandsetzung, die durchschnittlich sechs Monate dauert – eigentlich. Denn in Zeiten von Krieg und Corona hat auch die Schiffsreparaturbranche massive Probleme mit dem Beschaffen von dringend benötigten Ersatzteilen. Weil viele Teile nicht erhältlich sind oder weil der Marine Service Brandt (MSB) „bis zu ein Jahr auf ein Getriebeteil warten“ muss, sei unklar, ob der Abgabetermin gehalten werden könne, sagt Geschäftsführer Axel Brandt.
Gearbeitet werde fast ausschließlich mit Spezialteilen, betont Brandt. „Für Schiffskörper sind fast alle Materialarten vorgeschrieben, besonders wenn es um die Beförderung von Personen geht.“ So sei Holz aufgrund seiner Entflammbarkeit längst nicht mehr für den Innenausbau zugelassen. „Wir können wenig flexibel agieren.“
MSB-Werft in Ochsenwerder ist von Krisen und Krieg betroffen
Es gebe beispielsweise nur drei Anbieter für Schiffsfenster, sagt Brandt. „Für Stahl zahlen wir Tagespreise“, sagt der 48-Jährige. Bei Aluminiumplatten, die für Schiffsboden verwendet werden, habe es Preissteigerungen von bis zu 300 Prozent gegeben. Als der Hafen von Shanghai vor einigen Monaten wegen der Pandemie komplett geschlossen worden war, bekamen die Zulieferer der MSB-Werft dringend für Instandsetzungsarbeiten benötigte Elektronikbauteile aus China nicht.
Auch für die 27 Meter lange „Reiherstieg“ (160 Passagiere), die zweite Fähre auf der Werft in Ochsenwerder, warten Brandt und seine Spezialisten auf Getriebeteile. Weil deren Lieferung insgesamt ein halbes Jahr andauern könne, würden andere Arbeiten an dem Schiff vorgezogen. An der „Reiherstieg“ sollen nur technische Reparaturen vorgenommen werden, muss auch der 450 PS starke Volvo-Dieselmotor wieder flott gemacht werden. Zusätzlich würden sicherheitsrelevante Techniken überprüft und gegebenenfalls erneuert, etwa die Ruderanlagen, die elektronische Überwachung und die Rettungsinseln.
Ein weiteres großes Problem sei die Explosion der Energiepreise: Auf der Wert werde vor allem viel Strom verbraucht, berichtet der 48-Jährige. Doch die Preiserhöhungen könne er nicht durchreichen: „Das ist schwierig, weil ich im Wettbewerb mit anderen Werften bin.“
Bei den aufwendigen Refits, wie es etwa die „Harburg“ erhält, werde „alles rausgerissen, sodass nur noch die Hülle bleibt“. Sobald etwas Luft ist, widmen sich die MSB-Mitarbeiter dem werfteigenen Schlepper: „Helene“ (zwölf Meter, 300 PS) wird zum Eisbrechen im Hafen Oortkaten und zum Verholen (Rangieren) der Schiffe der Kunden eingesetzt und ist „schon etwas in die Jahre gekommen“. Die Wartung und die notwendigen Reparaturen werde nun „zwischendurch“ erledigt.
Auftragsbücher der Werft „konstant voll“
Dass drei Schiffe gleichzeitig auf dem Werftgelände – an Land und im Wasser – liegen, sei keine Besonderheit, berichtet Brandt, im Gegenteil: „In der Spitze hatten wir mal neun Schiffe hier. Da waren an Land alle Plätze ausgebucht.“ Dort gebe es Platz für mehrere kleinere Schiffe oder für eines, das bis zu 100 Meter lang und 1000 Tonnen schwer ist. Brandt: „Vor meiner Zeit gab es hier viele solcher großen Schiffe.“
Extrem gestiegene Preise und nur schwer oder gar nicht verfügbare Ersatzteile machen Brandt und seinen Mitarbeitern täglich das Leben schwer. Doch die Sorgen würden natürlich nicht nur die Schiffsreparateure betreffen, betont Brandt: „Das ist ja alles ein Kreislauf. Alle müssen mit Verschiebungen leben, denn die Schiffe sind ja dann auch erst später wieder im Einsatz.“ Das Tagesgeschäft werde immer schwieriger, auch für den Auftraggeber, betont der Werft-Chef. Stures Klammern an alte Verträge würde aufgrund der Weltlage nicht weiterhelfen: „Durch solche Krisen kommen wir nur gemeinsam, mit klarem Kopf.“ Sonst laufe man Gefahr, dass die Reederei oder die Werft „oder im schlimmsten Falle beide auf der Strecke bleiben“.
Brandt: „Durch solche Krisen kommen wir nur gemeinsam, mit klarem Kopf“
Brandt beschäftigt 15 Vollzeitkräfte, darunter drei Auszubildende. „Außerdem arbeiten hier ständig fünf bis zehn Subunternehmer, die wir als Generalunternehmer beauftragen.“ Hinzu kämen Fremdfirmen mit Spezialisten für Elektrik, Elektronik und Motorinstandsetzung. Die Auftragsbücher seien „konstant voll“, auch aufgrund des Reparaturbedarfs der Hadag, dem Hauptkunden der Werft. „Die Fähren sind ja keine Spaßboote, sondern systemrelevant. Sie sorgen dafür, dass das Leben in der Stadt weitergeht“, sagt Brandt. Seine Werft habe aufgrund von Corona keine Kurzarbeit anmelden müssen, „obwohl der Betrieb durch wilde Fahrwasser manövriert werden musste“. Trotz Erkrankungen konnte der Betrieb aufrecht gehalten werden.
Ein Azubi wird seine Lehre im kommenden Sommer beenden und soll übernommen werden. Die beiden anderen Lehrlinge beenden ihre Ausbildung in eineinhalb Jahren. Zwei weitere Auszubildende können im kommenden Sommer starten. Darüber hinaus sucht Brandt ausgebildete Fachkräfte für den Bereich Schiffsreparaturen. Kontakt: marineservicebrandt.de.