Neuallermöhe. Geliebt, gehasst: Fiat 126 steht seit Urzeiten ungefahren rum und spaltet die Gemüter. Nun kommt Bewegung in die Sache.

Schandfleck oder Kunstobjekt? Metallschrott oder Sammlerstück? Die Meinungen an der Agnes-Wolffson-Straße scheiden sich an diesem Kult-Kleinwagen, der dort wohl schon mehr als zwei Jahrzehnte lang auf Höhe der Hausnummer 2 geparkt ist. Der Fiat 126, zuerst 1972 in Turin und später noch bis ins Jahr 2000 in Polen hergestellt, hat in all den Jahren so viel Moos auf seiner einst schwarzen Lackierung angesetzt, dass er glatt als mobiles Biotop durchgehen würde. Doch an dem verfallenden Vehikel scheiden sich in der Wohnstraße die Geister.

Für Gina Bouman gehört der kleine Flitzer schon seit jeher zum Straßenbild, ist zur täglichen Passierstätte geworden, wenn die 49-Jährige mindestens dreimal täglich mit ihrer englischen Bulldogge-Hündin Peppi vorbeikommt. „Auch für meine jüngere Tochter Cheyenne-Joriann gehört dieser Wagen von klein auf einfach dazu“, sagt die Mutter zweier Mädchen (15, 21). Bouman zog im Dezember 2012 aus Neuengamme herüber nach Neuallermöhe und kennt den Anblick des lange abgemeldeten Fahrzeugs. „Ob mich das stört? Überhaupt nicht – der ist doch Kult, der gehört in unsere Straße“, so Bouman.

Fiat 126: Seltener Kult-Kleinwagen rottet seit 20 Jahren vor sich hin

Neben Moosbewuchs und Spinnennetzen sind die vier platten Reifen auffällig. Die vorderen Scheinwerfer wurden offenbar mutwillig kaputt geschlagen, auch hat der Rost vorn ein veritables Loch ins Blech gefressen. Kennzeichen? Fehlanzeige.

Der Blick durch die heil gebliebenen Scheiben erstaunt: Die hellen Sitzflächen sehen zumindest durch das Glas tadellos aus, ebenso die für heutige Verhältnisse eher spartanische Ausstattung mit Handschaltung, Lenkrad, Armaturenbrett, zwei Lüftungsdüsen, Aschenbecher. Selbst das Autoradio ist vorhanden. Auf der Beifahrerseite im Fußraum liegen ein Deutschland-Straßenatlas und eine offenbar leer getrunkene Dose Lipton-Eistee, Geschmacksrichtung Zitrone. Auf dem Rücksitz befindet sich noch eine weiße Decke. Äußerlich schmuddelig – und allemal eine Besonderheit inmitten der Neuallermöher Siedlung.

Fiat 126: Anwohner stellt Nachforschungen an, weil ihn der Schrotthaufen nervt

Gar nicht glücklich mit dem Schrotthaufen unweit seiner Haustür ist Boumans Nachbar Rüdiger Runge. Der wohnt seit Beginn des Jahrtausends in der Agnes-Wolffson-Straße und kennt den für ihn eher hässlichen Anblick des zugewachsenen Oldtimers somit seit mehr als 20 Jahren. „Weg mit dem Ding“, poltert Runge über den nur 3,05 Meter langen, 1,35 Meter breiten und gerade mal 600 Kilogramm schweren Kleinwagen, der zunächst in Italien mit einer Motorenleistung von 23, später in Polen mit immerhin 26 PS gebaut wurde.

Rüdiger Runge ist so genervt, dass er nachforschte – und ein Bau- und Grundstücksverwaltungsunternehmen aus Hamburg-Eilbek fand und anrief, dem in besagter Straße unter anderem die vier Stellflächen nebeneinander inklusive gehören, auf denen der Moos-Fiat steht. Die Firma wisse bisher nichts von dem Schrottauto und habe insofern „auch kein Interesse daran, es zu entfernen“, gibt Runge das Gespräch aus seiner Sicht wieder. Sinngemäß wurde ihm gesagt, dass manche Mieter nur 7 bis 15 Euro Parkplatzmiete im Monat zahlen müsse. Die Beseitigung des alten Fiat wäre da ungleich kostspieliger. Runge wird kein Fiat-Fan mehr: „Mich stört, dass sich dafür niemand zuständig fühlt.“

Parkplatzeigentümer wird demnächst tätig werden

Der Parkplatzeigentümer will sich aber nun nach Anfrage unserer Redaktion die Sache dann doch genauer ansehen. Wie ein Sprecher des Verwaltungsunternehmens angab, werde nun Kontakt zu dem Mieter aus dem Bezirk Bergedorf aufgenommen. Dabei solle auch überprüft werden, ob demjenigen auch das gammelnde Kleinauto gehört – und dann sei in der Folge davon auszugehen, „dass das Auto auf lange Sicht entfernt wird“, so der Sprecher.

Ob das die Fans des Fiat 126 zulassen würden? Gina Bouman eher nicht: Sie besitzt zwar einen Führerschein, selbst aber kein Auto: „Wenn der wieder flott gemacht wird, würde ich den sofort nehmen, ihn aber wohl lieber in den Garten stellen und bepflanzen“, denkt die Mitarbeiterin einer Integrationsschule an ein XXL-Dekoelement.