Neuallermöhe. Kinderleicht zu bedienen, mit vielen Trainingsgeräten für Freiluft-Übungen: Sportbox an der Anlage Henriette-Herz-Ring eingeweiht.
Nicht einmal der scheußlichste Dauerregen kann diesen Vollblut-Athleten stoppen. Es regnet in Strömen, als Thanh Nguyen sich zwei Kurzhanteln schnappt, sie auf dem sandigen, aufgeweichten Wanderweg an der Nordostseite der Sportanlage Henriette-Herz-Ring platziert und ein regelrechtes Kunststück demonstriert. Der amtierende Deutsche Meister in der Sportart Calisthenics demonstriert scheinbar mühelos den Handstand, geht dabei in der Luft in Liegestützhaltung über und wieder in die Ausgangshaltung zurück. „Du kannst damit den ganzen Körper mit ganz wenigen Geräten trainieren“, ist Nguyen total überzeugt von diesem Freiluftangebot mitten in Neuallermöhe.
Viele neue Bewegungsmöglichkeiten, die es ab sofort exklusiv und kostenlos nahe der Neuallermöher Sportanlage und in der Nähe des Spielhauses gibt. Es muss ja nicht gleich die allerhöchste Turnakrobatik sein: Die dort platzierte Sportbox ist bestückt mit moderneren Trainingsgeräten wie Battle Rows, Minibands oder Kettlebells genauso wie mit fast urtümlichem Equipment wie Gymnastikmatten, Springseilen, Pylonen, Hanteln, sowie Koordinationsleiter und Medizinbälle und kann ab sofort von jedermann genutzt werden. Damit der Sport an frischer Luft vor Naturkulisse noch mehr Spaß macht, sind auch eine Musicbox, Desinfektionsmittel und Handyladegerät vorhanden.
Sportbox: Kostenlos und mit einer App nutzbar
Die Bedienung ist kinderleicht für alle, die ein Smartphone besitzen: Damit kann die kostenlose Sportbox-App heruntergeladen werden, mit der sich jedermann einen Zeitraum buchen kann, wann er mit welchem Gerät wie lange trainieren möchte. Die solarbetriebene Box kann über eine Bluetooth-Verbindung geöffnet werden – und schon geht es los.
„Hierbei geht es um Sport im Freien und darum, die Menschen für Sport zu interessieren, die keine Vereinsmitglieder sind“, sagt Bergedorfs Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann. Ihre Verwaltung und die TSG Bergedorf sind Betreiber der Box, die Vorbeikommende zum Sport animieren soll, die in keinem Verein organisiert sind.
Warum der Deutsche Olympische Sportbund auf die Boxen setzt
Denn davon gibt es genug. Was sich ändern möge: „Nur 25 Prozent der Deutschen sind Mitglied im Sportverein“, sagt der TSG-Vorsitzende, Boris Schmidt. Er glaube, dass solch leicht verfügbare Angebote wie die Sportbox die richtige Richtung vorgeben. Der Sportverein plant, wöchentlich angeleitetes Training anzubieten, denn nur so könne laut Schmidt „eine Verbindung“ von Nicht- zu Vereinssportlern funktionieren: „Wir zeigen hiermit ja auch, dass Sport nicht nur Leistungssport ist, sondern es eben auch um Bewegung und Gesundheit geht.“ Genau wegen der Nähe zur Anlage am Henriette-Herz-Ring und somit den Vereinssportlern hat Bergedorfs Sportstättenmanagement den Standort ausgewählt, um Synergien unter den Trainierenden zu schaffen.
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Gekostet hat Hamburgs erste Sportbox – weitere werden in Harburg und Wandsbek aufgestellt – insgesamt 22.000 Euro finanziert aus der Kampagne #Restart des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) mit Finanzmitteln aus dem Bundesinnenministerium. 150 Boxen sollen bis Jahresende bundesweit aufgestellt werden, die Gerätebestückung kann dabei je nach Standort und Wünschen der Nutzer variieren.
Wer etwas mitnimmt, kann den Betreibern nicht entwischen
Auch das „Sicherheitssystem“ der Sportbox des Herstellers „app and move GmbH“ ist ausgeklügelt: Denn eine Kamera in der Box überwacht ständig den Inhalt und ob die ausgeliehenen Geräte dann auch wieder ordnungsgemäß zurückgelegt werden „Sonst wird das Ganze an die Betreiber gemeldet, die denjenigen dann entsprechend ansprechen können. Das Teil ist diebstahlsicher“, weiß Phil Szczesny. Der Rugby-Nationalspieler war als Testkandidat vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) engagiert worden und mit nach Neuallermöhe gereist, um das Angebot zu testen. Sein Urteil trotz Sturzbächen aus den Wolken: „Ich bin ja ohnehin als Rugbyspieler Freund von Freiluftsport, bei dem man sich ruhig mal dreckig machen darf. Insofern ist dieses Angebot mitten in der Natur klasse.“
Kleiner Gag am Rande: Leider konnte bei der Präsentation das Öffnen der Box „aus technischen Gründen“ nicht demonstriert werden, wie Moderator Nguyen bemerkte – zu wenig Sonnenlicht für den Solarbetrieb unter dem Regenschutz für die Laudatoren. Das soll aber dann beispielsweise auch im Winter kein Problem mehr sein, wenn die aufgeladene Solarbatterie voll funktionsfähig ist.
Bezirkssportstätte bekommt nun auch Diskuswurf und 3000-Meter-Hindernis-Strecke
Neue Sportbox und bald dann auch frische Möglichkeiten auf dem Sportplatz nebenan: Der Hauptausschuss nahm nun eine erweiterte Fassung der Generalsanierung der Wettkampfstätte mit zwei Fußballfeldern und Leichtathletikanlagen sowie Neubaus eines Streetball-Feldes plus drei Garagen für den Angelverein Bergedorf-West/Allermöhe wohlwollend zur Kenntnis. Die erweiterte Variante sieht vor, dass nach Eingaben von Vereinssportlern und Politikern nun für nur geringfügige Zusatzkosten noch eine Diskuswurfanlage und der Wassergraben für 3000-Meter-Hindernisläufer eingerichtet werden. Ein nahezu allumfassendes Leichtathletik-Paket, das Verwaltungschefin Schmidt-Hoffmann so bewertet: „Alle Wünsche sind damit erfüllt.“ Wie teuer die Sanierung der Sportstätte Henriette-Herz-Ring wird, bleibt vorerst unklar. Dafür sollen die Arbeiten noch in diesem Jahr starten.