Lohbrügge. Rechnungen kommen in den nächsten Tagen, mehr Transparenz und Beratung: Energieriese verspricht Verbesserungen, erntet aber Skepsis.

Der Energiekonzern E.on hat das Versenden der Abrechnungen an etwa 7500 Fernwärmekunden im Lohbrügger Norden nun für die nächsten Tage angekündigt. Das ist eines der Ergebnisse eines Gesprächs von Vertretern des Unternehmens sowie des Holzheizkraftwerks mit Bergedorfer SPD-Bürgerschaftsabgeordneten, die ihren Fraktionschef Dirk Kienscherf auf dessen Sommertour durch Bergedorf begleiteten, und Mitgliedern der Interessengruppe Wir (IG Wir). In den Abrechnungen enthalten sind auch die von E.on angekündigten Gutschriften in Höhe von insgesamt 4,5 Millionen Euro, die je nach Verbrauch auf die Haushalte individuell verteilt werden. Des Weiteren möchte sich E.on auch kommunikativ gegenüber den Kunden verbessern.

Zunächst bekommen die Eigentümer von Einzelhäusern wohl Ende August, spätestens aber Anfang September Post. Wie E.on-Referent Michael C. Behrends bei dem Treffen im SerrahnEins erklärte, folgen die Bewohner der Mietwohnungen etwas später, dann aber komplett bis Ende September. Behrends’ Versprechen: „Die Rechnungen inklusive Gutschriften gehen in den nächsten Tagen in den Druck.“ Begründet werden die generellen Verzögerungen nicht nur mit Softwareumstellungen oder Mieterschutzregularien: „Wir haben noch andere große Versorgungsgebiete, größer als Lohbrügge, die ebenfalls Beratungsbedarf haben“, sagt Michael C. Behrends.

Fernwärme: E.on will Abrechnungen demnächst versenden

Und nennt mit „Beratung“ eines der Schlüsselwörter: E.on brauchte im vergangenen Herbst offenbar erst die Protestwelle aus Lohbrügge-Nord, um Defizite bei Sichtbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Preise sowie im Kundenservice aufgedeckt zu bekommen. Damals erschraken die Fernwärmebezieher bei monatlichen Abschlägen von bis zu 850 Euro und Nachzahlungen von bis zu 2000 Euro.

Nun sieht sich der Energieriese in Sachen Beratungen und Kundenservice personell „anders aufgestellt“, legt großen Wert auf „Transparenz“ und Nachvollziehbarkeit der Wärmeabrechnungen. Beispielsweise sollen bei den zu erwartenden Briefen gleich konkrete Anlaufstellen für Beratungen mitgeschickt werden. Die 7500 Lohbrügger sollen etwa die Möglichkeit bekommen, einen Termin in ihrem Holzheizkraftwerk am Havighorster Weg zur Energieberatung zu vereinbaren.

Neue Fernwärme-Rechnungen werden wohl „moderater“ ausfallen

Das Thema der Netzverluste, ein gehöriger Kostenfaktor für die Lohbrügger in ihren 2022er-Abrechnungen, verursacht durch das teilweise veraltete Fernwärmenetz im Stadtteil, ist allerdings noch nicht final durchdekliniert. Der Bericht eines unabhängigen Ingenieurbüros liege vor, doch die Beteiligten – E.on und Saga als Eigentümer des Fernwärmenetzes – hätte noch Redebedarf, hieß es seitens der Politik. Für Stephan Pütz, einer der Vorreiter der Lohbrügger Protestbewegung, steht weiter unumstößlich fest, dass „wir keine 15 Prozent an Netzverlusten bezahlen können“.

Im vergangenen Herbst organisierte die Interessengemeinschaft unter anderem eine Demonstration vor dem Lohbrügger Holzheizkraftwerk am Havighorster Weg.
Im vergangenen Herbst organisierte die Interessengemeinschaft unter anderem eine Demonstration vor dem Lohbrügger Holzheizkraftwerk am Havighorster Weg. © BGDZ | Jan Schubert

Indes nannte Referent Behrends keine konkreten Summen, wie hoch denn die neuen Nachzahlungen und Abschläge sein werden. Die Gutschriften bedeuten höchstwahrscheinlich in den seltensten Fällen, dass E.on den Kunden Geld auszahlen wird. Viel eher, davon geht zumindest Ali Simsek (Lohbrügger SPD-Bürgerschaftsabgeordneter) aus, bewegen sich die Rechnungssummen im „moderaten Bereich“, wie er meint. Was aber zur Wahrheit gehört: Galt aufgrund niedriger Rohstoffpreise für die Wärmeerzeugung exemplarisch im Jahr 2020 der Wert von 3,8 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde, sind es nun 10,5 Cent. Was zeigt, dass die Preise für Fernwärme nicht auf die Zeit vor der Krise zurückfallen werden.

Warum Energierebellen von den Ankündigungen eher enttäuscht sind

Die SPD wiederum richtet den Blick auch auf die Zukunft und die kommunale Wärmeplanung für Randbezirke. Klar sei, dass Hamburgs innenstadtferne Bezirke wie Harburg, Wandsbek oder eben auch Bergedorf nicht an zentrale Energienetze angeschlossen werden können. Bei künftigen Ausschreibungen in Hamburger Randbezirken, so betont der Nettelnburger Sozialdemokrat Alexander Mohrenberg, müsse insofern nicht nur auf ökologische und technische, „sondern auch auf sozial verträgliche Aspekte“ bei der Vergabe an Energieunternehmen geachtet werden. Die SPD favorisiert wohl, dass beispielsweise für den Bereich Lohbrügge-Nord neu ausgeschrieben wird. Der Vertrag mit E.on und der das Holzheizkraftwerk betreibenden KWA Constructing GmbH läuft noch bis 2028, eine Verlängerung muss bis 2025 vereinbart sein.

Dennoch ist das Echo nicht nur positiv auf das erneute Gespräch. Christian Brannath (IG Wir) vermisst „Greifbares“ aus dem Vorgetragenen: „Ich gebe mich nicht mit Entschuldigungen und Versprechungen zufrieden, sondern möchte mit etwas in der Hand nach Hause gehen.“ Stephan Pütz wiederum glaubt, „dass die Tumulte nach der Rechnungsversendung“ wieder los gehen werden. Und Manuel Mrochem aus der Interessengruppe steht den Ankündigungen ebenfalls skeptisch gegenüber: „Aus meiner Erfahrung weiß ich: E.on hat sich bisher noch an keine Terminabsprache gehalten.“

Hamburgs SPD-Fraktionschef Kienscherf jedenfalls nimmt E.on in die Pflicht: „Ich gehe davon aus, dass Sie die Ankündigungen auch einhalten.“