Hamburg. Besondere Fenster zieren das Haus von Achim Sperber in Kirchwerder. Der Eigentümer erkennt in ihnen Davidsterne. Aber stimmt das?

Das Haus am Kirchwerder Elbdeich, in dem Achim Sperber mit seiner Frau Hilke Veth lebt, wurde 1900 gebaut. Das Ehepaar zog dort vor fünf Jahren ein, nachdem das Haus von Grund auf renoviert worden war. Als Sperber eines Tages auf dem Dachboden war, wunderte er sich über die runden Fenster: Sie sind beide mit einem übereinandergelegten Dreieck verziert. „Das war mir anfangs gar nicht aufgefallen. Ich gehe davon aus, dass es sich um den Davidstern handelt“, sagt der 72-Jährige, der sich wundert, dass die Fenster den Nationalsozialismus unbeschädigt überstanden haben.

Davidstern im Dachbodenfenster während der Nazi-Zeit mit Holz verkleidet

„Die Fenster sind so alt wie das Haus“, sagt Sperber, der viel zu dem Haus und zu den Fenstern recherchiert hat. Der Profi-Fotograf hat sogar ein Foto-Buch über sein Zuhause im Eigenverlag gestaltet, in kleiner Auflage, „nur für Freunde und für die vormaligen Besitzer“, sagt er. In „Metamorphose eines Hauses“ zeigt er zahlreiche Bilder, die das Gebäude, laut Sperber ein „typisches Vierländer Handwerkerhaus“, vor und nach der jüngsten Renovierung zeigen.

Achim Sperber vor seinem Haus am Kirchwerder Elbdeich. Das obere Fenster ziert vermutlich ein Davidstern.
Achim Sperber vor seinem Haus am Kirchwerder Elbdeich. Das obere Fenster ziert vermutlich ein Davidstern. © Heyen

Auf Fotos aus der Zeit, als das Haus noch jung war, sind die beiden Dachbodenfenster mit Holz verkleidet. „Vielleicht ist das der Grund, warum sie von den Nazis nicht zerstört worden sind, weil sie über Jahrzehnte nicht zu sehen waren.“ Denn an jedem Haus an der Deichstraße musste damals, wie anderswo auch, im sogenannten Dritten Reich die Flagge der Nationalsozialisten hängen. Wann die Verkleidung abkam, weiß Sperber nicht. Möglicherweise erst in den 1960er-Jahren: „Damals wurde das Haus schon einmal gründlich renoviert und der Dachboden ausgebaut.“

„Ich habe den Stern bisher an keinem anderen Haus in den Vierlanden gesehen“, sagt Sperber, der deshalb auch „viel rumgefragt“ habe. Die Dachbodenfenster anderer Häuser, auch in der direkten Nachbarschaft, sind zwar ebenfalls mit Metallstreben verarbeitet, doch sie bilden andere, schmuckvolle Formen.

Erster Eigentümer des Hauses war Freimaurer

Das Dachgeschossfenster eines Hauses aus der Nachbarschaft. Die Metallstreben sind anders geformt, zeigen ein Fadenkreuz mit Blumen.
Das Dachgeschossfenster eines Hauses aus der Nachbarschaft. Die Metallstreben sind anders geformt, zeigen ein Fadenkreuz mit Blumen. © Heyen

Der erste Besitzer von Sperbers Haus, Schneidermeister Gustav Kaehne, sei vermutlich kein Jude gewesen, „sondern Freimaurer“, weiß Sperber. „Doch das Freimaurer-Symbol, ebenfalls ein Stern, sieht anders aus als das Symbol in unseren Fenstern.“ Sperber ist froh, dass die Fenster überlebt haben: „In vielen Köpfen befindet sich ja leider nach wie vor rechtes Gedankengut. Auch Judenfeindlichkeit ist traurigerweise noch immer weit verbreitet.“

Die alte Aufnahme zeigt den ersten Eigentümer des Hauses, Schneidermeister Gustav Kaehne, mit seiner Frau Bertha (r.) und einer weiteren, unbekannten Frau.
Die alte Aufnahme zeigt den ersten Eigentümer des Hauses, Schneidermeister Gustav Kaehne, mit seiner Frau Bertha (r.) und einer weiteren, unbekannten Frau. © Archiv Cziesso

Sperber, geboren in Geesthacht und aufgewachsen in Börnsen, war schon als Kind oft in den Vierlanden: „Ich war oft mit meinem Vater mit, der als Landarzt auch viele Patienten in den Vierlanden besuchte.“ Der Senior würde gern mehr zur Geschichte seiner Dachbodenfenster erfahren und freut sich deshalb über Hilfestellung. Wer ihm Informationen liefern kann, erreicht Sperber telefonisch unter der Nummer 040/723 90 70.