Hamburg. Nächtliche Partys sorgen für Ärger. Dennoch will ein Schulleiter Jugendliche nicht vertreiben und ist gegen bestimmte Maßnahmen.
Jugendliche, die abends und nachts Partys auf dem Schulhof feiern, bei denen auch reichlich Alkohol fließt, sind ein Problem, von dem viele Schulleiter ein Lied singen können – auch Dr. Niko Gärtner (48). Der Leiter der Stadtteilschule Kirchwerder möchte aber Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Aufenthalt auf dem Schulgelände nicht grundsätzlich verbieten.
Auch von Zäunen und Überwachungskameras, die Schulen laut Gärtner stets als Allheilmittel angeboten werden, hält er nichts. Diese Maßnahmen würden die Probleme nur verlagern: „Jugendliche brauchen Orte der Zusammenkunft. Wenn die Schulen wegfallen, dann suchen sie sich diese auf Spielplätzen oder Supermarktparkplätzen“, sagt der Schulleiter.
Schule Kirchwerder: nächtliche Partys mit bis zu 30 Jugendlichen
Er möchte, „dass dies als Herausforderung für den Bezirk und nicht als Problem der Schulen gesehen wird“. Deshalb hat Gärtner Vertreter von Schulen, Bezirksamt, Jugendarbeit und Polizei an einen runden Tisch gebeten. Dort wurden nun erste Gespräche geführt.
Schon seit Monaten treffen sich an den beiden Standorten der Stadtteilschule Kirchwerder am Kirchwerder Hausdeich 341 und am Gramkowweg 5 in Curslack junge Menschen, um gemeinsam zu feiern. Durch die Pandemie und in Ermangelung anderer, für Jugendliche geeignete Aufenthaltsorte in Vierlanden hätten sich die nächtlichen Partys verfestigt. „Häufig finden Zusammenkünfte von bis zu 30 Jugendlichen bis nachts um 1 Uhr statt“, sagt Gärtner.
Bezirksweit bekannter Marihuana-Umschlagplatz
Dass sie Müll und Scherben hinterlassen und mit ihrem Lärm die Nachbarn nerven, seien noch nicht alle Ärgernisse, berichtet der Schulleiter: „Unsere Schulgelände sind, wie leider andere auch, bezirksweit bekannte Umschlagplätze für Marihuana geworden, die von Dealern nachweislich und häufig genutzt werden.“ Und: Die Vandalismusschäden an Ausstattung und Gebäuden seien „im Rahmen der regulären Bewirtschaftung nicht mehr zu stemmen“.
Gärtner und seine Kollegen wollen dem Problem jedoch nicht mit einer „Festung Kirchwerder“ begegnen: „Wir streben eine Lösung an, in der die Jugendsozialarbeit dort stattfindet, wo die Jugendlichen auch sind.“ Grundsätzlich sei es nämlich erfreulich, wenn der Schulhof von jungen Menschen auch in deren Freizeit aufgesucht wird. Nur käme es darauf an, was sie in dieser Zeit anfangen. Viele Kinder und Jugendliche würden das Gelände mit seinen Spiel- und Sportanlagen eifrig, zuverlässig und friedlich nutzen ohne andere Menschen zu stören. Ihnen solle der Zutritt nicht verwehrt werden.
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Ein Hausverbot würde die Probleme nur verlagern
An einem runden Tisch wurde Ende September erstmals über Lösungsmöglichkeiten gesprochen. Die Teilnehmer seien sich laut Gärtner einig, dass es nicht zielführend sei, Schulgelände grundsätzlich als Aufenthaltsort zu verbieten. „Ein Hausverbot würde die Probleme nur verlagern“, sagt Gärtner. Auch sei man sich am runden Tisch einig, dass es eine Form der abendlichen Betreuung geben sollte, „damit vernünftige Jugendliche, die für produktive Freizeitangebote erreichbar sind, nicht zu Mitläufern einer destruktiven Minderheit werden“.
Doch feste Jugendeinrichtungen wie etwa das Jugendzentrum Vierlanden könnten diese Aufgabe nicht leisten. Gärtner: „Deshalb wäre eine mobiles Angebot wie etwa eine altersangemessene Variante des erfolgreichen Lohbrügger Mobilo-Spielmobils besser. Die zuständigen Träger und Finanzgeber diskutieren dazu jetzt Möglichkeiten.“
Störenfriede müssen mit Sofortmaßnahmen rechnen
Die Institutionen am runden Tisch wollen weiterhin im Gespräch bleiben, um die Probleme gemeinsam zu lösen, berichtet der Schulleiter. Die Störenfriede müssen allerdings auch mit Sofortmaßnahmen rechnen: „Die nächtlichen Streifen der Polizei sind angehalten, auf Ruhestörungen, Alkoholkonsum Minderjähriger, Vandalismus und ähnliches direkt und konsequent zu reagieren“, sagt der Schulleiter. Die Polizei werde das Hausrecht der Schulen durch Räumung des Geländes durchsetzen und gegebenenfalls die Personalien aller Verdächtigen notieren.
Jörg Froh (CDU) sitzt mit am runden Tisch. Er sieht in neuen Angeboten für die Jugend ebenfalls den richtigen Weg. Froh erinnert daran, dass dringend ein geeigneter Standort für eine Skaterbahn benötigt werde. „Das ist etwas, was sich die Jugend schon lange wünscht“, sagt er. Sollten sich die Probleme trotz neuer Angebote nicht einstellen, plädiert der Ex-Polizist allerdings für ein „konsequentes Durchgreifen“.