Bergedorf. Aus den Fehlern von damals für das Leben heute lernen: Wie das Kultur- & Geschichtskontor seinen neuen Schauraum am Reetwerder 8 feiert.

Diese Premiere fußt auf einer ebenso zweifelhaften wie beeindruckenden Sammlung: „Eine kleine Stadt unter dem Hakenkreuz“ hat das Kultur- & Geschichtskontor die Ausstellung genannt, mit der sein neuer Schauraum am Reetwerder 8 jetzt offiziell eröffnet wurde. Grundlage ist die gleichnamige Sammlung des Bergedorfers Rudolf Schwabe, die der mittlerweile Verstorbene dem Kontor vor 30 Jahren übergeben hat – und auf der auch Teile des Buches „Bergedorf im Gleichschritt“ basieren, das nach 1995/96 als deutlich ergänzte dritte Auflage gerade neu auf den Markt gekommen ist (24,90 in allen Buchhandlungen und am Reetwerder 8).

„Die Faszination, die das Dritte Reich auf seine Bewohner ausübte, spiegelt sich in den Bildern der bei uns als ‚Schwabe Album‘ benannten Sammlung“, sagte Geschichtskontor-Chefin Dr. Caroline Bergen zur Eröffnung vor rund 50 Gästen. „Diese Faszination der Nazis spiegelt sich auch in der umfangreichen, sorgfältig angelegten Sammlung von Kriegsberichten, Broschüren und Zeitungsausschnitten, durch einen Bergedorfer Jungen, der sich 1943, kaum volljährig geworden, mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg an die Front machte. Einfach nur deshalb, weil er ‚dabei sein‘ wollte.“

Aufforderung an alles Besucher: Teilen Sie uns ihre Gedanken mit!

Eindrucksvolle, aus heutiger Sicht unglaubliche Geschichten bietet das 320 Seite starke Buch reichlich. Aber auch die immer montags und freitags von 10 bis 16 Uhr sowie mittwochs bis 18 Uhr geöffnete Ausstellung eignet sich, um einen Einstieg zu finden in die Gedanken und Erlebnisse der Bergedorfer zwischen 1933 und 1945. Sie umfasst Schautafeln unter anderem zur Sternwarte als kriegswichtigem Institut, zum jüdischen Leben in Bergedorf, zur Gleichschaltung und nicht zuletzt auch mit der Aufforderung: „Nie wieder ist jetzt: Teilen Sie uns ihre Gedanken mit!“

Großes Lob gab es dafür zur Vernissage von Ulf von Krenski: Buch und Ausstellung seien ein „großartiges Stück“ verantwortungsvoll aufgearbeiteter Lokalgeschichte, sagte der stellvertretende Bezirksamtsleiter. „Beide kommen ohne den ständig erhobenen Zeigefinger aus, sie überzeugen vielmehr durch ihre Inhalte“, lobte von Krenski die mittlerweile schon 35-jährige Arbeit der Historiker vom Kontor. „Da passt es gut, dass Bergedorfs Politik jetzt den Weg frei gemacht hat, dass das Geschichtskontor den neuen Schauraum dauerhaft anmieten kann.“

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Was die bis Mitte Februar laufende Ausstellung und das Buch erreichen wollen, zitierte Caroline Bergen aus dem Vorwort der ersten Auflage: „Geschichte wiederholt sich nicht. Aber Problematiken wie die Verführbarkeit der Menschen durch Demagogen und die Unterdrückung durch Machthaber, sind zeitlich und jederzeit reproduzierbar“, schrieben Geerd Dahms und Uta Rosenfeld schon 1995.

Wären wir der großen Gruppe der Mitläufer zuzurechnen gewesen?

Und weiter: „Wir haben uns oft die Frage gestellt, wie wir damals reagiert hätten. Wären wir der kleinen Gruppe des Widerstands oder der großen Gruppe der Mitläufer zuzurechnen gewesen, vielleicht sogar den Tätern?“

Weil die Folgen der Naziherrschaft den damals lebenden Menschen vielleicht nur schwer erkennbar waren, mochten die Autoren sie nicht einfach verurteilen. „Wir wollen zum Erkennen von Parallelitäten der Machtstrukturen und Unterdrückungsmechanismen damaliger und heutiger Zeit beitragen, damit diese heute verstanden und verändert werden können. Diese Möglichkeiten haben wir jetzt. Nutzen wir sie.“