Hamburg. Den Bahnhofsvorplatz nach der bekannten Holocaust-Überlebenden zu benennen, war zunächst von vielen begrüßt worden. Alles vergessen?

Mit der Benennung des Bergedorfer Bahnhofsvorplatzes am CCB in Esther-Bejarano-Platz hätte der Bezirk ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus, Hass, Ausgrenzung und den Rechtsruck setzen können. Einen Ort zum Erinnern an eine außergewöhnliche Person, die auch im hohen Alter klare Kante gegen Feinde der Demokratie zeigte. Die Holocaust-Überlebende, am 10. Juli 2021 in Hamburg verstorben, wäre am Sonntag, 15. Dezember 2024, 100 Jahre alt geworden. Aber der Vorschlag , sie in Bergedorf zu ehren, ist bisher nicht über den Status einer Idee hinausgekommen.

Dabei waren Bernhard Nette, Stefan Thomsen und ihre Mitstreiter Bergedorfer Rathausbündnis gegen rechts optimistisch. Bei der Großdemonstration gegen Faschisten, Nationalisten und rechte Strömungen am 24. März in Bergedorf hatte sie viel Rückhalt für ihre Idee gespürt. Fast alle demokratischen Parteien sagten an jenem Tag ihre Unterstützung zu, den bisher namenlosen Platz nach Esther Bejarano zu benennen. Auch Nettes Vorschlag, an einer geeigneten Stelle einen „Baum der Demokratie“ zu pflanzen, fand Anklang.

Bergedorf: Bahnhofsvorplatz könnte Esther-Bejarano-Platz heißen

Das hätte gut zum 100. Geburtstag der ständigen Mahnerin gegen antisemitische Tendenzen am 15. Dezember 2024 gepasst. Doch der Prozess ins Stocken geraten. Oder gar in Vergessenheit, wie Nette und Thomsen zwischenzeitlich dachten? „Wir haben eigentlich gleich im Anschluss alle Fraktionen noch einmal zu dem Thema angeschrieben. Passiert ist aber nichts“, sagt Stefan Thomsen. Es folgte eine Bürgereingabe an die Bergedorfer Verwaltung und auch zu Händen von Verwaltungschefin Cornelia Schmidt-Hoffmann am 15. August 2024. Auch darauf gab es zunächst keine Resonanz.

Bis zum 9. Dezember 2024: Dann wenigstens kam eine knappe Rückmeldung aus dem Bergedorfer Rathaus, dass die Eingabe „weitergeleitet“ worden sei. Bernhard Nette sieht das Arbeitsaufkommen durch die Bezirkswahlen im vergangenen Sommer als einen Grund dafür, dass die Esther-Bejarano-Idee ins Hintertreffen geriet. Auch die nun anstehenden Bundestagswahlen am 23. Februar 2025 sowie die Bürgerschaftswahl eine Woche später könnte das Anliegen wieder aus dem Fokus rücken.

Esther-Bejarano-Platz: Das letzte Wort bei der Benennung hat der Hamburger Senat

Dass Bergedorfs Bezirkssammlung über die erstmalige Namensvergabe für den Platz in der letzten Sitzung des Jahres am 19. Dezember beraten wird, ist eher unrealistisch. Der Weg zum Esther-Bejarano-Platz ist ohnehin länger. Wenn Bergedorfs Politik mehrheitlich entsprechend entscheiden sollte, müsste das Bezirksamt einen Benennungsantrag bei den Hamburger Stellen einreichen, der dann umfangreich geprüft wird. Ist auch das erfolgt, wird aus den Eingaben aller sieben Bezirke eine Senatsvorlage geschrieben – denn dem Senat obliegt die endgültige Entscheidung über die Benennung von Straßen und Plätzen.

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Folgen für die Anlieger hätte die Namensgebung nicht. Da es einzig und allein um den Platznamen und die reine Fläche geht, könnten sie ihre Bestandsadressen (Weidenbaumsweg) behalten. Und es gibt ja im Jahr 2025 durchaus passende Tage für die Benennung, wenn es schon zum 100. Geburtstag nichts wird. Nette und Thomsen nennen zum Beispiel den 27. Januar 2025, den 80. Jahrestag der Befreiung der Häftlinge aus dem KZ Ausschwitz. Wohl realistischer wäre der 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 2025, also „die Befreiung vom Faschismus“, wie es Bernhard Nette nennt: „Wir wollten jetzt zum 100. Geburtstag von Frau Bejarano noch eimal heftig daran erinnern.“