Hamburg. Allein in Deutschland gibt es etwa 40.000 neue Fälle von Endometriose pro Jahr. Neuengammer Fotografin gibt der Krankheit ein Gesicht.

Unerfüllter Kinderwunsch, das Herausnehmen der Gebärmutter, künstlicher Darmausgang und Schwerbehindertenausweis: Das sind nur einige der Stichwörter, die auf Betroffene von Endometriose zutreffen. „Jede 10. Frau ist davon betroffen und dennoch ist die Krankheit kaum bekannt“, weiß Andrea Lang. Die Fotografin aus Neuengamme leidet selbst unter der chronischen Krankheit. Doch bis das festgestellt wurde, vergingen sieben lange Jahre.

Wie bei so vielen anderen Betroffenen auch: „Über viele Jahre hinweg wird den Betroffenen Gesundheit attestiert, weil die Ärzte nichts finden können. Während die Betroffenen leiden, Schmerzen haben, verunsichert sind, an sich selbst zweifeln und der Selbstwert darunter leidet“, erklärt Andrea Lang. Daher möchte sie auf das Thema Endometriose und die Unwissenheit über die Erkrankung innerhalb des Gesundheitssystems und vor allem der Gesellschaft aufmerksam machen.

Jede 10. Frau leidet unter Endometriose, doch Krankheit ist kaum erforscht

In einer Ausstellung gibt sie der Krankheit ein Gesicht: Für das Fotoprojekt „Endoschwestern“ hat sie in verschiedenen deutschen Städten 45 Betroffene fotografiert, je ein Porträt und ein anonymes Close-up vom Bauch. Denn jeden Bauch zeichnen mindestens drei Narben, die bei der Bauchspiegelung entstehen, wodurch die Krankheit diagnostiziert werden kann. Dabei soll aber keine klassische Darstellung von Schmerzen und der Verletzlichkeit Betroffener im Vordergrund stehen, sondern viel mehr die Stärke, der Mut, die Geduld, das Immer-wieder-Aufstehen, das Aushalten, das Leben, die Heilung, die Narben, die Anmut, erklärt Andrea Lang.

Andrea Lang
Fotografin Andrea Lang aus Neuengamme. © Lena Diekmann | Lena Diekmann

„Kurz gesagt: Ich möchte die unendliche Kraft von uns Endowarriors sichtbar machen“, sagt sie. Deutschlandweit soll es etwa zwei Millionen Menschen geben, die unter Endometriose leiden, jährlich kommen etwa 40.000 Neuerkrankungen hinzu. Weltweit schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zahl der Betroffenen sogar auf etwa 190 Millionen Betroffene. Sie leiden unter gutartigen, meist schmerzhafte Wucherungen aus gebärmutterschleimhautartigem Gewebe, das außerhalb der Gebärmutterhöhle meist in benachbarten Organen und Geweben wächst.

Gewebe aus der Gebärmutter gelangt an verschiedene Stellen im Körper

Wie das Gewebe aus der Gebärmutter an die verschiedenen Stellen im Körper gelangt, ist bis heute nicht wirklich erforscht. Doch warum weiß man so wenig über eine Krankheit, die Millionen von Frauen betrifft? Genau darin liegt eine Erklärung begründet: im Geschlecht. Denn die Medizin und die Behandlung von Krankheiten orientierte sich lange Zeit am Mann, sodass auch klinische Studien hauptsächlich mit Männern durchgeführt und das daraus gewonnene Wissen schlicht auf Frauen transferiert wurde.

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Endometriose bekam somit keine Aufmerksamkeit. Zudem handele es sich dabei um keine lebensbedrohliche Krankheit, wie zum Beispiel Brustkrebs, weshalb vonseiten der Pharmaindustrie und der öffentlichen Forschungsförderung nur wenig investiert worden ist, lautet eine weitere Erklärung.

Fotoprojekt „Endoschwestern“ wird an der Grindelallee ausgestellt

Das möchte Andrea Lang ändern: Ihre Ausstellung ist zu sehen von Sonnabend, 28. Dezember (Vernissage ab 15 Uhr), bis Sonnabend, 4. Januar, im Pop-Up Raum Grindel an der Grindelallee 129 nahe der Hamburger Universität. Der Eintritt ist frei. Es gibt ein Programm mit Fachvorträgen, Lesung und Podiumsdiskussion. Etwa am 29. Dezember, 15.30 Uhr, berichten Teilnehmerinnen des Fotoprojekts als Betroffene über ihre Geschichten und Erfahrungen. Weitere Infos im Internet unter https://fotografiehamburg.de/