Hamburg. Kirchengemeinde wirbt nicht nur mit einer großen Wohnung um einen neuen Pastor. Auch das Dorf selbst hat einiges zu bieten.
Im Dorf machen Gerüchte die Runde: Es heißt, dass das Pastorat am Alten Kirchdeich 8 entwidmet und dann auf dem freien Wohnungsmarkt vermietet werden soll. „Das stimmt nicht“, sagt Werner Sannmann, Vorsitzender des Kirchengemeinderats (KGR) in Ochsenwerder. Eine Entwidmung des Pastorats sei derzeit nicht geplant. Dafür gibt es gute Gründe.
Zuletzt wurde das Pastorat von Andreas Meyer-Träger bewohnt. Doch der Pastor war im Herbst 2022 erkrankt und verließ Anfang 2023 die Gemeinde. Das war vor zwei Jahren. Seitdem steht die schöne Dreieinhalbzimmerwohnung im Obergeschoss leer. Pastor Jörg Pegelow, der seit Januar 2023 als Pastor im Vertretungsamt in Ochsenwerder wirkt, wohnt in der Hamburger Innenstadt. Zudem hat er nur eine halbe Stelle als Vertretungspastor.
Kirchengemeinde Ochsenwerder sucht dringend neuen Pastor
„Uns steht inzwischen nur noch eine halbe Pastorenstelle zu“, sagt Simone Vollstädt aus dem Kirchengemeinderat. Meyer-Träger hatte noch eine dreiviertel Stelle. Die Gemeinde finanzierte das vierte Viertel, sodass er in Vollzeit für das Dorf da sein konnte. „Die Größe der Stelle hängt von der Größe der Kirchengemeinde ab – und die schrumpft“, sagt die 58-Jährige.
Aktuell zählt die Gemeinde Ochsenwerder, die auch Tatenberg, Spadenland und Moorwerder umfasst, rund 1700 Mitglieder, weiß Sannmann. Eine Aufstockung der Pastorenstelle durch die Gemeinde werde inzwischen von der Kirchenverwaltung verboten, berichtet Simone Vollstädt. „Sonst könnten sich reiche Gemeinden Vollzeit-Pastoren leisten und arme nicht.“
Egal, ob Voll- oder Teilzeit: Die Menschen in Ochsenwerder wollen einen „festen“ Pastor oder Pastorin haben, berichten die Vertreter des Kirchengemeinderates. Pegelow, der auch Beauftragter der Nordkirche für Weltanschauungsfragen ist und sich mit sogenannten Sekten beschäftigt, ist von vornherein nur als Vertretung vorgesehen. „Er arbeitet da, wo es brennt“, sagt Sannmann. Die Stelle war vor wenigen Monaten ausgeschrieben worden – ohne Resonanz.
„Es gibt insgesamt viel zu wenig Pastoren. Das macht die Sache schwierig“, sagt Simone Vollstädt. Der Kirchenkreis werde zum Jahresbeginn eine weitere Ausschreibung starten – „für eine ganze Stelle“, betont Sannmann. Denn auch die neue Pastorin oder der neue Pastor wird zwei Arbeitsbereiche haben: Neben der Tätigkeit als Gemeindepastor müssen Aufgaben in den gesamten Marschlanden betreut werden.
In Zeiten der Wohnungsnot erhöhe die Wohnung die Chance auf Bewerbungen
„Unser Pfund ist das Pastorat mit dieser besonders schönen Wohnung, in der auch eine Familie genug Platz hat“, sagt Simone Vollstädt. Gerade in Zeiten der Wohnungsnot erhöhe sie die Chance auf Bewerber um die Pastorenstelle. Frei vermietet werden darf sie allerdings nicht, denn dafür müsste sie entwidmet werden – und das soll in jedem Fall vermieden werden, zumindest vorerst. Denn natürlich könne ein neuer Pastor auch wie Pegelow woanders wohnen. Er hat die Wahl, betont die 58-Jährige.
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Für Meyer-Träger galt sogar Residenzpflicht. Er musste in der Pastorenwohnung leben. Doch bei einer 50-Prozent-Stelle als Gemeindepastor gelte diese Pflicht nicht. Was mit der Wohnung passiert, wenn der neue Pastor sie nicht in Beschlag nimmt, werde man dann sehen, meint Sannmann.
Pastoren verbringen inzwischen sehr viel Zeit mit Verwaltungsaufgaben
„Wir wünschen uns auf jeden Fall einen Pastor, der sich in das Dorf integriert, der sich beispielsweise auch bei Jubiläen von Feuerwehr und Chören blicken lässt, am Leben im Dorf teilnimmt und sich langfristig integriert“, sagt Sannmann. Das gelinge vor allem, wenn der Arbeitsweg nicht lang ist, also sollte der Pastor oder die Pastorin optimalerweise am Alten Kirchdeich 8 wohnen. Denn um im Dorf präsent zu sein, benötigt ein Pastor Zeit, betonen die KGR-Vertreter.
Und die sei knapp, wenn plötzlich mehrere Beerdigungen oder auch andere Amtshandlungen anstehen. „Zumal der Verwaltungsaufwand auch in der Kirche höher geworden ist“, sagt der 74-Jährige. „Früher war der Pastor sehr präsent in der Gemeinde. Heute hat er dafür aufgrund der vielen Verwaltungsaufgaben weniger Zeit.“ Insofern sei eines klar: „Es wird nie wieder so wie früher sein.“