Hamburg. Lange konnte Britta Gerlach-Bogumil aus Bergedorf nicht arbeiten: Ihre Praxis war vollgelaufen. Doch es gibt weitere Probleme.

Drei der fünf Mauerblöcke, parallel zur Fahrbahn der Bergedorfer Straße (B5) gesetzt, sind bunt bemalt und mit Blumen verziert. Angefertigt hat diese kleinen Kunstwerke ein Bekannter von der Schule für Soziale Arbeit, erklärt Britta Gerlach-Bogumil: „Damit mir da niemand das Wappen eines Fußballvereins draufmacht, das mir nicht zusagt.“ Der Hintergrund der Mauersetzung ist weniger trivial: Die Hausbesitzerin aus dem Heckkatenweg will sich besser vor Starkregen schützen, den es zuletzt am 7. August 2024 gab.

Damals liefen viele Häuser, Garagen und Keller an der Einmündung der B5 voll Wasser. Auch die in einer Kellerwohnung untergebrachte Praxis der Ernährungsberaterin Gerlach-Bogumil wurde zu einem teuren Sanierungsfall. Sie erinnert sich an jenen schicksalsträchtigen Sommertag: „Ich habe mich in den See auf der Straße vor unserem Haus gestellt und versucht, etwas gegen die Druckwelle zu unternehmen, die vorbeifahrende Autos in Richtung unseres Hauses erzeugt haben“, so Gerlach-Bogumil – mit wenig Erfolg.

Extremwetter-Opfer am Heckkatenweg verbarrikadiert sich – mit einer Steinmauer

Die Familie Gerlach-Bogumil litt wie viele Nachbarn an jenem 7. August zum zweiten Mal unter den extremen Regenfällen. Als Konsequenz aus dem Starkregenereignis im Frühjahr 2018, inklusive einer dramatischen Rettungsaktion der damals noch in der Kellerwohnung lebenden Tochter und ihrem Freund, ließ die Familie ein Rückstauventil montieren.

Kellerfenster wurden rund ums Haus mit höheren Mauersteinen und Sandsäcken abgedichtet, am Abgang des jetzigen Praxiseingangs eine hohe Stufe gesetzt – alles wirkungslos an jenem Regen-Mittwoch im vergangenen August. Innerhalb von drei Stunden fielen im Bereich Bergedorf bis zu 80 Liter Regen pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Im gesamten Monat Juli waren es insgesamt 83 Liter.

Verwaltung ist mit Umbau der Anwohnerstraße zufrieden

Sprech- und Therapiezimmer in der Praxis, die die 57-Jährige erst im Jahr 2022 bezogen hatte, wurden überflutet. Das Wasser stand dort knöchelhoch, ebenso in den privaten Kellerräumen. Weil auch andere Nachbarn, die 2018 noch nicht vom Extremwetterereignis betroffen waren, jetzt mit vollgelaufenen Kellern zu kämpfen hatten, fragt sich nicht nur die Gesundheitsexpertin: „Wie kann das sein? Ist der Heckkatenweg nach der spürbaren Umgestaltung wirklich weniger starkregenanfällig?“

Zur Erinnerung: Die Anwohnerstraße Heckkatenweg wurde zum Frühjahr 2020 mit mehr Verschwenkungen und Verengungen umgebaut, um die Fließgeschwindigkeit des Wassers abzumildern und es auch umzulenken. „Außerdem wurde die Ausfahrt zur B5 um 15 Zentimeter angehoben, um den Zustrom von Wasser aus der Bundesstraße einzuschränken“, weiß Lennart Hellmessen, Sprecher der Bergedorfer Verwaltung.

Die sieht erste Erfolge: Bis zum Starkregenereignis aus dem vergangenen August – da habe es erstmals seit sechs Jahren wieder „Meldungen aus der Bevölkerung“ gegeben. Jedoch: „Im Vergleich zum Ereignis von 2018 stellt das eine deutlich verringerte Beschwerdelage dar. Gleichwohl nehmen wir entsprechende Hinweise der Anwohner weiterhin dankbar auf“, sagt Hellmessen.

Starkregen
Britta Gerlach-Bogumil in ihrem Sprechzimmer: Sie möchte keine Wassermassen mehr durch das hinten zu sehende Fenster in ihre Praxisräume hineinlaufen sehen.        © BGDZ | Jan Schubert

Es wurde immer auch an die Eigenverantwortlichkeit der Anwohner von den Behörden appelliert – und Familie Bogumil hat sich vorerst gegen Regenwasser verbarrikadiert. 80 Kilogramm schwere Mauersteine wurden in den Gartenzaun eingearbeitet, das Mauerwerk zu den Kellerfenstern noch mal erhöht, eine weitere Notfallpumpe am Praxiseingang installiert. Reicht das?

„Die Bilder des reißenden Flusses vor unserer Haustür“, gesteht die Gesundheitsspezialistin, „machen Angst“. Und dazu verstärken die Berichte über die verheerende Unwetterkatastrophe um die spanische Großstadt Valencia herum die Verunsicherung.

Wer zweimal überflutet wurde, wird aus der Elementarversicherung geworfen

Weitere Fragen bleiben offen: Wann wird die B5 am tiefsten Bereich vor ihrer Haustür endlich so verändert, dass keiner der Anwohner sich mehr vor Überschwemmungen fürchten muss? Wann wird das viel zu kleine Rohrsystem unter der Straße vergrößert, sodass Wassermassen auch ablaufen können? In welcher Regelmäßigkeit werden die Rohre sauber gemacht?

Zu Letztgenanntem bereitet die Bergedorfer CDU ein Auskunftsersuchen an Hamburg Wasser vor. Zuletzt gab es auch frische Ideen zum B5-Umbau bei einem Wahlkampfabend des Nettelnburger Bürgerschaftsmitglieds Alexander Mohrenberg (SPD) im Körberhaus. Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) überplant demnach die Bundesstraße an besagter Stelle zusammen mit dem Bezirk. Weil das unterirdische Sielsystem aber keinen Platz für einen Umbau zulässt, wird nun nach Retentionsflächen im Bereich der Sportanlage Sander Tannen gesucht. Dorthin soll Regenwasser über Trummen und Gefälle hin umgeleitet werden, berichtete im Körberhaus Bezirksamtschefin Cornelia Schmidt-Hoffmann: „Das ist in der Prüfung. Wie lange das dauert, ist noch unklar.“

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Seit dem 6. November kann die Lohbrügger Gesundheits- und Ernährungsberaterin Gerlach-Bogumil wieder Klienten in ihrer Praxis begrüßen, weil der Boden in zwei Räumen komplett saniert wurde. Den Schaden zu beheben, kostete sie bisher 25.000 Euro, die zwar noch einmal von der Elementarversicherung bezahlt werden. Das war es aber. Wie viele andere, die zum zweiten Mal Opfer von Starkregen wurden, ist Britta Gerlach-Bogumil nun aus der Versicherung geflogen.