Hamburg. Der Wald in Bergdorf ist mehr als 500 Jahre alt und wird sich wegen Hitze und Trockenheit sichtlich die nächsten Jahrzehnte verändern.
Ein heimliches Rendezvous im Wald? Das geht schon immer noch, aber etwas vorsichtiger: „Unser Wald ist heller geworden, die Bäume verlieren reichlich Blätter“, sagt Bergedorfer Revierförster Tim Laumanns. Besonders auffallend sei dabei die Buche, die derzeit noch 26,3 Prozent des Forstgebietes beherrscht: „Sie fällt sukzessive aus, weil sie kontinuierlich Wasser braucht und somit im Klimawandel erheblich schwächelt.“
Habe der gewohnt schattenspendende Baum früher bloß ein Prozent Restlicht auf den Boden gelassen, seien es inzwischen schon 25 Prozent: „Die Kronendichte ist geringer geworden, durch die Hitzeeinwirkung hat sich die Blattmasse arg reduziert“, so der Fachmann.
Wald in Bergedorf: Dichte mal Fläche ergibt den Baumbestand pro Hektar
Bergedorfs Försterei betreut insgesamt 350 Hektar Wald mit etwa 3,1 Millionen Bäumen, 40 Prozent davon sind Nadelbäume wie Lerche, Fichte und Douglasie. Sie stehen in den Sander Tannen, am Bethesda-Krankenhaus, dazu gibt es Flächen in Geesthacht und Großensee sowie in Sachsenwaldau mit allein 84 Hektar. Den größten Teil mit 114 Hektar macht das Bergedorfer Gehölz aus: Hier stehen 1,02 Millionen Bäume, die mindestens zehn Meter hoch sind. Und allen macht der Klimawandel zu schaffen.
An einem lauen Maientag genießen über 500 Bergedorfer den Bergedorfer Wald. „Ist es ein verregneter Dienstag, sind aber auch mindestens 100 Jogger, Schulkinder, Hundehalter und Radler im Gehölz unterwegs, die sich übrigens meist sehr gut benehmen, also selten Müll wegwerfen oder rauchen“, lobt der Forstwirt.
Alle zehn Jahr macht er eine Inventur und bemisst den sogenannten Bestockungsgrad: Dichte mal Fläche lautet die Formel etwa für die Buche. Auf einem Hektar finden sich demnach 5000 Buchen, die gerade mal 31 Jahre alt sind, dazu kommen 730 Buchen, die schon seit 80 Jahren wachsen. Genau 150 Buchen sind sogar 180 Jahre alt, belegt die Statistik.
Ältesten Wälder Hamburgs gibt es in Volksdorf und Bergedorf
„Unser Gehölz ist nachweislich älter als 500 Jahre, sowas findet man in Hamburg sonst nur noch in Volksdorf“, freut sich der 58-Jährige über seine klugen Vorgänger: „Die haben hier während des Krieges gut aufgepasst, während indes der Geesthang zum Beispiel komplett weg war, die Leute das Holz zum Überleben nutzten.“
Im Fokus steht nun der Kimawandel, der das Bild verändert, auch bei der Eiche, die aktuell 22 Prozent des Bestandes ausmacht – und schwächelt: Früher habe sie eine kugelige Krone gehabt, heute seien es nur noch belaubte Finger. „Auch die Fichte zuckt, die Kiefer und die Esche sterben aus. Ebenso fängt die Erle an“, beschreibt Laumanns den Ausfall alter Arten.
Natürlich werde kein Altbestand abgehackt, kein Totholz weggeräumt. Aber es müsse – derzeit zu drei Prozent – sorgsam und reichhaltiger nachgepflanzt werden, etwa mit der klimaflexiblen Hainbuche, mit Esskastanie und Schwarznuss, Kirsche und Haselnuss. Ein Beispiel: „Der Bergahorn ist nicht so klimaflexibel wie der Spitzahorn, also werden wir ihn langsam rauspflegen“, sagt der Förster, der mindestens 50 Jahre nach vorne denken will.
Bergedorfer Forstgebiet: Jährlich wachsen 2700 Kubikmeter Holz nach
Ungern denkt er zurück an den großen Sturm im Jahr 2018, als allein das Bergedorfer Gehölz 1000 Quadratmeter an Eichen und Buchen verloren hat. Zum Glück aber habe sich ein Drittel schon natürlich verjüngt, wächst der Wald also nach. „Es gibt im Bergedorfer Forstgebiet einen jährlichen Zuwachs von 2700 Kubikmetern Holz, das macht etwa 3000 Tonnen CO2 aus“, errechnete Tim Laumanns und ergänzt: „Nur 20 Prozent des Zuwachses in Hamburg wird für Bauholz genutzt, also für Bretter und Spanplatten.“
Er sei froh, wenn mit Holz statt mit Stahl oder Beton gebaut werde: „So lässt sich Kohlenstoffdioxid vermeiden.“ Und Holz ist zum Glück ein nachwachsender Rohstoff: Aktuell schaffen es alle Bergedorfer Bäume auf 100.000 Kubikmeter Holz, das entspreche einem CO2-Speicher von 3,5 Millionen Tonnen.
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Der Wald kühlt im Sommer die Stadt
Aber nicht allein deshalb sei der Wald so wichtig, auch diene er im hitzigen Sommer der Kühlung: Die bis zu zehn Grad kühlere Waldluft wirke in die Stadt hinein, mindestens bis zum Bergedorfer Bahnhof samt CCB. Laumanns: „Die Kühlleistung eines einzelnen Baumes beträgt 20 bis 30 Kilowatt Im Vergleich dazu hat eine Klimaanlage, die einen Raum kühlt, um die zwei Kilowatt.“
Und wenn, wie beim heimlichen Rendezvous, die Luft möglichst rein sein soll, ist ein Treffen im Wald gerade richtig: Der Staubfilter betrage immerhin 21.000 Tonnen im Jahr. „Das entspricht 835 Lastwagen oder auch einer Lkw-Schlange von 20 Kilometern, errechnete der Revierförster, der selbst übrigens gar nicht so oft im Bergedorfer Gehölz unterwegs ist: „Zu 80 Prozent meiner Arbeit sitze ich tatsächlich am Schreibtisch.“