Hamburg. Bergedorfer Lokalpolitik beklagt schleppenden Umgang bei der Anschaffung von Defibrillatoren. Dabei gab es schon einige Ausschreibungen.
Seinen Ärger konnte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Sport und Bildung vorerst gut verbergen. Doch innerlich brodelte es beim Nettelnburger CDU-Politiker Lars Dietrich, wie er später zugab. Denn das von seiner Partei seit mindestens fünf Jahren vorangetriebene, lebensrettende Vorhaben, alle Sportplätze im Bezirk mit Automatisch Externen Defibrillatoren (AED) auszustatten, ist bisher ein fast unlösbarer bürokratischer Akt.
Nach eher ernüchternden Auskunftsersuchen und Nachfragen bei den Behörden sollte nun Fred Osterhage aus der Abteilung Sportangelegenheiten im Bergedorfer Rathaus zum Stand der Dinge sprechen. Das Ergebnis bleibt ernüchternd: Von den 16 Sportplätzen in Bergedorf sind gerade einmal drei mit einem „Defi“ versorgt. Das sind einzig und allein Sportstätten des SC Vier- und Marschlande, als da wären die Sportplätze Elversweg, Fünfhausen sowie der Spieker. Der SCVM soll zudem die Geräte aus eigenen Mitteln beschafft haben.
Defibrillatoren auf Bergedorfer Sportplätzen: Desaströse Zwischenbilanz nach fünf Jahren
Doch immerhin informiert Osterhage, dass die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz nach etlichen Versuchen endlich die Ausschreibung einigermaßen erfolgreich beendet hat. Damit steht zum Beispiel fest, was die AED-Ausstattung von 13 verbleibenden Anlagen wie Billtal-Stadion, Gammer Weg, Wilhelm-Lindermann-Sportplatz oder Henriette-Herz-Ring kosten würde. 33.644 Euro sollen es sein, pro Gerät des Herstellers Stryker sind das also 2588 Euro inklusive Montage und Wartung. Die Installation von Defibrillatoren ist im Freien (325 Euro) übrigens teurer als in Innenräumen (140 Euro), weil außen Zusatzkosten für Beleuchtung, Strom und Heizung dazukommen. Ausgelegt wäre das Ausschreibungsergebnis zunächst auf zehn Jahre, alle vier Jahre müssten die Akkus der technischen Lebensretter ausgetauscht werden.
Wie das finanziert werden soll, möchte Osterhage erst in der kommenden Runde der bezirklichen Sportreferenten sowie Management des bezirklichen Sportstättenbaus besprechen. Dort will Bergedorfs Sportoberer die Bereitschaft zu einer Teilfinanzierung nachfragen. Denn: „Wenn wir als Bezirksamt zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestellen, dann würden wir das auf eigene Rechnung machen“ – und somit auf den Kosten sitzen bleiben.
Schleppendes Verfahren ist „verantwortungslos“
Die Bergedorfer CDU hatte bereits in der November-Bezirksversammlung 2019 den Antrag auf die Ausstattung aller Sportanlagen mit AED erarbeitet. Zuvor waren allerdings bereits in den Jahren 2017 und 2018 zwei Ausschreibungen der Justizbehörde wegen „unzureichender Leistungsbeschreibungen“ für den Bezirk Bergedorf erfolglos verlaufen. Eine dritte wurde im Jahr 2020 abgebrochen, der darauffolgende vierte Versuch, eigentlich für Herbst 2022 vorgesehen, verzögerte sich erneut. Nun aber zumindest hier der Durchbruch – oder doch nicht? „Vor dem Hintergrund, dass jeder einzelne AED Leben retten kann, ist dieser schleppende Umgang mit der Ausschreibung verantwortungslos“, meinen Lars Dietrich und seine Parteifreunde.
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Die AEDs des nun ausgewählten Anbieters können im Unglücksfall Patientendaten an Rettungsleitstelle beziehungsweise Notärzte senden. Aber in der bisherigen Kostenrechnung ist kein Geld für die Schulung mit den Geräten inkludiert. Eine denkbare Vorgehensweise wäre, dass auf bezirklichen Anlagen sowohl städtisch angestellte Platzwarte als auch ein bestimmtes Kontingent an Trainern der dort Sport treibenden Vereine im Handling der Wiederbelebungsgeräte geschult werden. Bei Vereinsanlagen würden nur Vereinsvertreter geschult.
Zwischenberichte wären wünschenswert gewesen
„Ich finde es gut, dass die Ausschreibung vorgenommen wurde, bin aber insgesamt erbost“, gibt Dietrich nach der Sitzung zu. Er verlangt, wie die weiteren Ausschussmitglieder, Einblick in den langwierigen Vorgang, um den genauen Wortlaut der „Leistungsbeschreibungen“ zu kennen. Denn dass die Schulungskosten letzten Endes bei den Vereinen bleiben, könne schon mal nicht angehen. Doch Dietrichs Ärger rührt insbesondere daher, dass seiner Meinung nach die Justizbehörde viel eher über den Sachstand der Beschaffung hätte informieren können – und idealerweise aus eigenem Antrieb. Schließlich gehe es um die Rettung von Menschenleben.