Hamburg. Mehrere Bergedorfer Grundschulen setzen andere Schwerpunkte. Lokalpolitiker halten an der Sache fest, stellen aber die Sinnfrage.
Engagiert sich die Bergedorfer Politik für etwas, was gar nicht erwünscht ist? Dieser Eindruck könnte bei der Debatte um die Radfahrfähigkeit von Grundschülern entstehen, die im Bezirk verbessert werden soll, insbesondere bei Kindern aus sozial benachteiligten Familien, die nicht über ein eigenes Rad verfügen. Deshalb sollten nach einem Antrag der CDU bis zu 15 Fahrräder angeschafft werden, die von der Verkehrspolizei zu Unterrichtszwecken von Schule zu Schule gekarrt werden könnten.
Doch wie nun im Ausschuss für Sport und Bildung bekannt wurde, besitzt das Radfahrdefizit bei mindestens fünf Bergedorfer Grundschulen mit niedrigem KESS-Faktor – hierbei geht es um Kompetenzen und Einstellungen von Schülern und Schülerinnen – definitiv keine Priorität. Das zumindest ist aus den Ausführungen von Bergedorfs Sozialdezernentin Anke Jungblut herauszuhören. Jungblut hat am Telefon mit fünf Grundschulleitern gesprochen und dabei festgestellt: „Es ist nicht das Geld, sondern die Frage, wer sich um den Fuhrpark kümmert und wo dieser stehen könnte. Es fehlt also an Ressourcen und Räumen.“ Und an Budget, denn die Finanzierung der CDU-Idee bleibt auch ein Kernproblem.
Radfahrunterricht bei Grundschülern: Ausschuss lädt Experten ein
Nichtsdestotrotz wird grundsätzlich die Investition in einen mobilen Fahrradanhänger „nicht als Lösung des Problems“ betrachtet, so Jungblut weiter. Mit wem Bergedorfs Sozialdezernentin sprach, erwähnte sie nicht. Die angesprochenen Schulen haben andere Strategien entwickelt, um Kinder von Klasse 1 bis 4 verkehrssicher zu machen, etwa durch rollerartige Gefährte, die etwa durch das Engagement von Elternvereinen angeschafft werden konnten. Radfahrfähigkeiten seien den Schulen gewiss nicht unwichtig, doch werde die Vermittlung von fahrerischem Können offenbar von Lehrinstitut zu Lehrinstitut anders gehandhabt.
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Aus seiner Berufserfahrung weiß der pensionierte Lehrer Robert Gruber (Die Linke), dass die Entscheidung für ein solches, über den Schulunterricht hinausgehendes Angebot „nur beim Kollegium“ liege – und die Konkurrenz bei der Anschaffung von Lehrmitteln sei beispielsweise mit iPads um ein Vielfaches größer, prestigeträchtiger und teurer geworden. Gruber wiederholte deswegen seinen Ansatz mit den Fahrradrettern, die eine Vielzahl von Rädern aufbereitet haben und an Flüchtlinge weitergegeben haben, damit diese Radfahren lernen. Mitglieder dieser Initiative sollen in den Fachausschuss eingeladen werden. Schulen könnten bekunden, ob sie Interesse haben, mit den Fahrradrettern zusammenzuarbeiten.
„Wollen die Schulen unsere Hilfen überhaupt?“
Doch ist das allein zielführend? Hannah Arthur (SPD) stellte die Sinnfrage ob des Vortrags aus der Verwaltung: „Wollen die Schulen unsere Hilfen überhaupt? Wir diskutieren im Kreis.“ Und das geht womöglich so weiter, denn für die nächste Sitzung im Januar 2025 soll nun ein weiteres Experten-Trio eingeladen werden. Der Verkehrslehrer des PK 43, der Kreiselternrat sowie ein Vertreter der Fahrradretter – quasi die Geburtsstunde eines runden Tisches zur Radfahrfähigkeit von Grundschülern.