Hamburg. 45 Zentimeter hoch stand die stinkende Brühe. Jetzt bemängeln die Bewohner fehlende Unterstützung durch die Bergedorf-Bille.

Am 22. September, einem Sonntag, öffnet Patrick Eichentopf morgens die Haustür und erlebt eine böse Überraschung. „Es hat schon im Treppenhaus stark gerochen“, erzählt der Bewohner des Mehrfamilienhauses in der Habermannstraße 27 im Bergedorfer Stadtteil Lohbrügge. Eichentopf blickt die Kellertreppe herunter und sieht die Bescherung: Bis zur ersten Stufe ist der Keller überflutet. Nicht nur mit Wasser. Eine stinkende Fäkalienbrühe ist in die Kellerräume gedrückt worden.

Der Grund für die unappetitliche Überschwemmung ist ein Rückstau in einem Siel auf der Straße. Während die ebenfalls betroffenen Nachbarn von Patrick Eichentopf alarmiert werden und vom Ostsee-Trip anreisen, kümmern sich Feuerwehr und ein Störungsdienst um die vollgelaufenen Kellerräume. „45 Zentimeter hoch“ habe das Abwasser gestanden, so der Anwohner. Doch was Eichentopf auf Zinne bringt, ist das anschließende Verhalten der zuständigen Genossenschaft Bergedorf-Bille. Aus Sicht der betroffenen Anwohner hakt es in den kommenden Wochen gehörig, wenn es darum geht, die Folgen des versagenden Siels zu beseitigen.

Keller in Lohbrügge läuft mit Fäkalien voll

Für alle Nachbarn und Passanten sichtbar ist der Müllberg, der sich wochenlang im Garten vor der Häuserreihe auftürmt. Fast alles, was die Bewohner in den vier am stärksten betroffenen Kellern gelagert hatten, ist ein Fall für die Müllkippe. Die Baugenossenschaft versichert zwar, dass der Sperrmüll abgeholt wird. Doch ein erster Versuch sei laut Eichentopf gescheitert. „Der Firma wurde anscheinend gesagt, es handle sich um 20 Kubikmeter normalen Sperrmüll. Die sind mit einem normalen Sprinter gekommen.“

Als der Fahrer das Volumen des Müllbergs gesehen und zudem von der Verschmutzung durch Fäkalien erfahren habe, sei er verständlicherweise unverrichteter Dinge abgefahren. Der Müllberg bleibt liegen. „Wir müssen immer wieder Leute verscheuchen, die den Müll durchwühlen. Kinder haben versucht, dort zu spielen“, ärgert sich Eichentopf. Erst am Montag, 14. Oktober, beginnt der Abtransport des verschmutzten Kellerinhalts.

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Bis zur Kellertreppe stand die schmutzige Brühe am 22. September in der Habermannstraße. © privat | Privat

Die Kellerräume wurden seit dem 22. September mehrmals geputzt. Doch Patrick Eichentopf und sein Nachbar Tobias Steffen finden immer noch Schmutzreste in den Winkeln der Räume. „Gereinigt wurde nur mit dem Wischmopp“, ärgert sich Steffen. Die Bewohner haben nicht das Gefühl, dass die Bergedorf-Bille angemessen auf die Gefahr durch Keime in den menschlichen Fäkalien reagiert hat. Der Putz sei außerdem noch immer nicht trocken, betont der Bewohner und zeigt auf die Salzausblühungen an den Kellerwänden, ein Zeichen für Feuchtigkeit im Mauerwerk.

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In den Kellern der Habermannstraße 27 sammelten sich Fäkalien. © privat | Privat

Bewohner fühlen sich von der Genossenschaft allein gelassen

Mit ihren Sorgen um die Hygiene fühlen sich Eichentopf und Steffen von der Genossenschaft allein gelassen. „Wir haben für das Ausräumen keine Schutzkleidung gestellt bekommen“, sagt Patrick Eichentopf. Die beiden Bewohner betonen, dass sie der Hausverwaltung immer wieder hinterhertelefonieren müssen. Vergeblich habe man sich bemüht, mit Verantwortlichen in der Zentrale der Baugenossenschaft zu sprechen. Die Enttäuschung ist groß, schließlich sind Steffen und Eichentopf schon „seit Kindesbeinen“ Mitglieder bei der Genossenschaft.

Rolf Below, Sprecher der Bergedorf-Bille, bedauert, dass der Müllhaufen vor den Häusern nicht schneller abgeholt wurde: „Das ist unschön.“ Der erste Abholversuch habe auf einer Einschätzung eines Hausverwalters beruht, zu diesem Zeitpunkt befanden sich die verschmutzten Gegenstände aber noch in den Kellern, das Volumen war schwer zu schätzen. „Wir brauchen jetzt einen Container, für die Abholung muss die Straße gesperrt werden“, erklärt Below. Die Organisation habe daher länger gedauert.

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Salzausblühungen an den Kellerwänden sind für die Bewohner ein Zeichen, dass die Räume noch immer nicht trocken sind. © Bergedorfer Zeitung | Julian Willuhn

Bergedorf-Bille weist Vorwürfe weitgehend zurück

Bei der Reinigung der Kellerräume sieht er jedoch keine Versäumnisse der Bergedorf-Bille. Die Genossenschaft habe angemessen auf die Verschmutzung mit Fäkalien reagiert. „Die Räume werden in einem solchen Fall natürlich sofort gereinigt und desinfiziert.“ Der Vorflur und ein Kellerraum sollen auch noch ein weiteres Mal gesäubert werden. Rolf Below betont, dass es rein mietrechtlich eigentlich in der Verantwortung der Bewohner liege, die privaten Kellerräume zu reinigen und leerzuräumen. „Das ist den Menschen natürlich nicht zuzumuten“, so der Genossenschaftssprecher. Daher übernehme die Bergedorf-Bille diese Aufgaben, ohne es den Bewohnern in Rechnung zu stellen.

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Grundsätzlich bestehe auch kein Anspruch auf absolut trockene Kellerräume. Deshalb schreiben die Nutzungsverträge auch vor, dass keine Gegenstände im Keller auf dem Boden gelagert werden dürfen. Für die Überschwemmung sei nach den Untersuchungen der Genossenschaft eine Schwachstelle an den Revisionsklappen verantwortlich, das Wasser aus dem überlaufenden Siel habe das System überwältigt. „Wir haben ansonsten die Schächte und Abwasserleitungen bei uns im Haus mit Kameras überprüfen lassen – es ist alles intakt“, erklärt Below.

Zuletzt hatten sich auf Bewohner von Häusern der Bergedorf-Bille am Dünenweg über Wasser und Fäkalien im Keller beschwert. Die Genossenschaft verwies damals darauf, dass es unwahrscheinlich sei, dass derart verunreinigtes Wasser eindringen könne. In Lohbrügge trenne schließlich ein entsprechendes Siel Schmutz- und Regenwasser. Für die Habermannstraße bestätigt Rolf Below jedoch, dass tatsächlich Exkremente in den Keller gelangt sind. Eine Erklärung dafür gibt es derzeit noch nicht.