Hamburg. In „Vitamin Pe“ bringt die Songpoetin erstmals Musik auf die Bühne, die sie für andere geschrieben. Warum sie manche Aufträge ablehnt.

Auch nach 35 Jahren singt sie noch gern vom Kribbeln im Bauch. Was Pe Werner zwischen Kopf- und Bauchstimme noch alles drauf hat, präsentiert die Songpoetin bei ihrem Konzert am Sonnabend, 19. Oktober, im Lichtwark-Theater im Körberhaus in Bergedorf.

Mit „Vitamin Pe“ bringt die vielfach ausgezeichnete Künstlerin erstmals Musik auf die Bühne, die sie für andere geschrieben hat, etwa für Mary Roos, Stefan Gwildis, Barbara Schöneberger, Katja Ebstein, Bernd Stelter. 13 Lieblingssongs von ihr enthält das neue Album, die sie nun selbst interpretiert.

Pe Werner kommt mit „Vitamin Pe“ ins Lichtwark-Theater nach Bergedorf

Das „Plauschkonzert“ im Lichtwark-Theater an der Holzhude 1 beginnt um 19.30 Uhr. Karten gibt es unter Telefon 040/72570265 (Di.-Fr., 14-18 Uhr) oder per E-Mail an abo-service@theater-bergedorf.de, Restkarten an der Abendkasse. Die bz sprach mit ihr über das Jubiläumsprogramm.

Anfang Oktober startete die Tour zum 35-jährigen Plattenjubiläum. Erst mal herzlichen Glückwunsch! In welcher Besetzung feiern Sie auf der Bühne?

Pe Werner: Wir sind zu viert unterwegs. Pianist, Tonmeister, Lichtdesigner und ich. Unser Tonmeister ist zugleich ein fantastischer Musiker und Sänger. Den hole ich mir immer wieder mit auf die Bühne. Wir singen dann dreistimmige Chorsätze. Das klingt nach großem Besteck, auch wenn wir nur zu dritt sind.

Wenn man´s kann…

Genau. Wir können das.

„Vitamin Pe“ vereint Sahnestücke aus dem eigenen Repertoire, die sie ursprünglich für andere geschrieben haben?

Stimmt. Ich habe über die letzten Jahrzehnte viel für andere komponiert und getextet. Ich dachte, es wäre schön, einige Lieder, die ich einst zur Adaption freigegeben habe, mal selbst zu singen. Für Auftragsproduktionen komponiere und texte ich mit Gitarre und nehme nur das als Demoversion auf. Arrangiert wird das Stück dann von einem anderen. Zum Beispiel der Song „Liebe geht bekanntlich durch den Magen“. Den habe ich für Bernd Stelter geschrieben. Er hat eine entzückende Countrynummer mit Fiddle und Gitarre daraus gemacht. Ich hatte den Song aber immer eher als Salsa im Kopf. Also gibt es in meinem Programm jetzt die Latin-Version.

Sie kündigen „Vitamin Pe“ als Plauschkonzert an. Sie erzählen also auch über die Genese der Songs?

Ich erzähle ziemlich viel. Zum Beispiel, warum ich für Annett Louisian und Barbara Schöneberger geschrieben habe. Was mir Mary Roos so geflüstert hat. Und wie es überhaupt mit mir losgegangen ist. Über den ersten TV-Auftritt bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin, das erste Mal Vollplayback-Singen, ein paar Geschichten von vor und hinter der Bühne.

Wie spontan ist Pe Werner beim Plauschen?

Sehr spontan. Ich habe bei den ersten beiden Auftritten schon gemerkt, dass ich aufpassen muss, mich nicht zu verplappern. Aber keine Angst, es wird auch viel gesungen. Die Premiere war toll. Das Publikum hat uns so gefeiert, das war sehr berührend.

17 Alben haben sie seit 1989 veröffentlicht. Die Bandbreite geht von Chanson über Pop bis Klassik. Was hat sich in 35 Jahren im Musikbusiness geändert, welche Umbrüche haben sie miterlebt?

Ein riesiger Umbruch ist die Digitalisierung. Wenn Menschen Musik nur noch streamen, dann bekommen sie Songs ausschließlich in komprimierter Form zu hören. Als Künstlerin habe ich gleichzeitig das Gefühl, ich werde meines Gesamtwerkes beraubt. Eine LP oder eine CD sind ja für sich genommen schon ein Werk. Da überlege ich mir sehr genau, welchen Titel ich wo positioniere. In der heutigen Zeit streamt man aber wie im Supermarkt. Da nehme ich mal das und mal das und das obendrauf. Wie ich Songs unter künstlerischen Gesichtspunkten zusammenstelle, das zählt nicht mehr. Hand in Hand geht diese Entwicklung mit der Social-Media-Manie. Wenn du da als Künstlerin nicht mitmachst und auf allen Kanälen präsent bist, segelst du schnell unterm Radar. Als ich anfing, wurde Musik analog produziert und vermarktet und hatte dadurch einen anderen Verbreitungsgrad. Alles fühlte sich wertschätzender an. Das hat sich extrem gewandelt. Nur von Musik kann heute auch kaum noch einer leben. Da muss man schon in einer TV-Jury sitzen. Aber ich will nicht jammern. Das Schönste an dem Beruf sind für mich die Live-Auftritte, und die sind heute wichtiger denn je.

Haben sie auch schon mal Auftragsproduktionen abgelehnt?

Ja. Ich bin für den deutschen Schlager nicht gemacht. Meine Sprache hat ein gerütteltes Maß an Niveau, und da möchte ich auch nicht von runter. Das Publikum versteht mich ja. Auch wenn Plattenfirmen versucht haben, Pe Werner in der Hitparade oder bei Florian Silbereisen unterzubringen. Das funktioniert nicht. Da hieß es immer, die ist für uns zu anspruchsvoll. Ich habe aber auch keine Lust, Schlager von der Stange zu machen. Mich freut es sehr, dass es heute viele junge Künstlerinnen und Künstler gibt, die die deutsche Sprache wiederentdeckt haben und die ihre eigenen Worte finden.

Sie haben sich das Komponieren, Texten und Singen selbst beigebracht. Welche musikalischen Vorbilder gab es auf dem Weg zu ihren eigenen Worten?

Auf jeden Fall die amerikanische Singer/Songwriter-Szene. James Taylor, Carole King, Joni Mitchell. Kings Tapestry-Album war ein Meilenstein für mich. Sie sang, was ich fühlte.

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Das geht vielen Menschen mit ihren Songs nicht anders, oder?

Ja, das stimmt. Wir sind uns schon sehr vertraut. Ich stehe nach jedem Konzert am CD-Stand. Viele kommen dann und sagen, sie hätten gelacht und geweint. Das ist dann schon so, als säße man gemeinsam im Wohnzimmer. Es geht auf jeden Fall über das reine Selfie machen hinaus. Und es ist berührend, weil ich die Songs ja alle allein schreibe. Während des Schreibens gibt es nie den Hintergedanken, das muss jetzt Frau Müller oder Herrn Schmidt gefallen. Wenn dir dann trotzdem Menschen sagen, dass du genau ihre Geschichte erzählst, das ist schon toll. Gleichzeitig macht es klar, was Musik abseits von Worten kann. Musik erreicht die Gefühlsebene des anderen. Deshalb kann man zu Musik ja auch so schön flennen.

Letzten Herbst sind Sie mit einer Hommage an Bert Kaempfert in Hamburg aufgetreten. Hat es eine Komposition des Barmbeker Komponisten auch ins neue Programm geschafft?

Na klar. Bert Kaempfert ist wieder dabei. Allerdings mit einem für ihn eher untypischem Stück. Im Englischen heißt es „I go on loving you“, bei mir wird daraus „Schon so lang lieb ich dir hinterher“. Ich werde dabei von Mandoline und Flügel begleitet und spiele selbst Gitarre. Übrigens auch eine Reminiszenz an früher. Ich spiele erstmals nach 20 Jahren wieder Gitarre. Allein das ist es doch wert – oder?