Hamburg. Sie hatte große Pläne, wollte in die USA, als sie die Diagnose erhielt. Nun startet die Bobergerin einen Podcast und will helfen.

Jenen Tag in Paris im Oktober 2023 wird Tanja Dietz wohl nie vergessen. Es war am Morgen, die 54-Jährige hatte geduscht und wickelte die Haare auf dem Kopf zu einem Handtuchturban. Doch als sie die Arme hob, sah sie, dass die Haut der einen Brust seltsam aussah. „Sie fiel so rüber“, versucht sie es zu beschreiben. Untersuchungen, die wenig später folgen, werden die schlimmsten Befürchtungen bestätigen: Tanja Dietz hat Brustkrebs.

Was die Bobergerin danach erleiden muss, das erleiden jedes Jahr auch Zehntausende andere Frauen in Deutschland. Denn rund 70.000 Frauen erhalten hierzulande jährlich die Diagnose Brustkrebs. Und oft sind die Patientinnen mit vielen Fragen allein. Ihnen allen praktische Hilfe und einen „Safe Space“ zu bieten: Das möchte die gelernte Marketingkommunikationswirtin nun mit ihrem Podcast „RED“ tun. Sechs Folgen hat sie bereits aufgenommen. Und hofft, dass auch nicht betroffene Frauen reinhören: „Wenn ich nur einer helfen kann, sich für die Vorsorge zu entscheiden, dann ist es schon ein voller Erfolg.“ Auch wenn die Prävention in ihrem Fall versagte.

Tanja Dietz: Bobergerin startet Podcast zum Thema Brustkrebs

Tanja Dietz hatte die Vorsorge immer wahrgenommen: „Im Mai 2023 hatte ich die Mammografie, danach noch den Ultraschall“, berichtet sie. Alles schien in Ordnung. Dann fünf Monate später der Schock für die Bobergerin, ihren Mann und die vier gemeinsamen Kinder: Der diagnostizierte Tumor ist 6,5 Zentimeter groß, bösartig und sehr aggressiv. Wie konnte er übersehen werden? Tanja Dietz vermutet, dass es an ihrem dichten Brustgewebe lag und auch an der großen Anzahl an Untersuchungen, die durch die betreffende Praxis laufen und die wenig genaue Blicke ermöglichen.

Für die Bobergerin folgt auf die Diagnose das volle Programm: Zunächst wird ein MRT gemacht, dann eine Biopsie, die ergibt, dass der Tumor bösartig ist. Doch obwohl nun jeder Tag zählt, muss sie auch immer wieder warten – auf den Termin beim Diagnostiker und auf eine OP. Dass sie nur Kassenpatientin ist und als Privatpatientin wohl Vorteile gehabt hätte, findet die 54-Jährige heute noch schlimm. Sagt aber auch: „Vieles ist dann noch gut gelaufen, und ich habe Glück gehabt.“

Nach der OP fliegt sie für vier Wochen mit in die USA

Denn die Mutter, die zwei erwachsene Kinder hat und zudem zwei jüngere (13 und 15 Jahre), hatte mit ihrem Mann eigentlich einen mehrmonatigen Auslandsaufenthalt geplant. Das Ehepaar ist selbstständig, vertreibt weltweit sehr erfolgreich ein Supplement für Pferde und wollte in den USA die Vermarktung etwas ankurbeln. Alles ist damals vorbereitet für einen viermonatigen Auslandstrip mit den jüngeren Kindern nach Florida: „Visum, Flüge gebucht, Haus gesucht, das komplette Leben war organisiert“, sagt Tanja Dietz. Die Diagnose stellt erst mal alles auf den Kopf. Doch als es am 4. Dezember mit der OP klappt und die Ärzte ihr Okay geben, entscheidet sich die 54-Jährige, für vier Wochen in die USA mitzugehen.

„Das war ein Traum“, sagt sie rückblickend. „Ich konnte einmal von dem ganzen Stress abschalten.“ Im Januar fliegt sie schließlich ohne Mann und Kinder zurück und startet – unterstützt von den älteren Kindern – in die Chemotherapie. „Die ersten vier Einheiten waren heftig“, stellt sie fest. Sie ist heute noch froh, dass die jüngeren Kinder das nicht miterleben mussten. Doch sie sammelt Kraft, fliegt im März noch einmal in die USA, um dort mit ihrem Mann das Auslandsprojekt aufzulösen und kehrt mit der ganzen Familie zurück. Bis Juli muss sie weitere Chemo-Einheiten verkraften, anschließend eine Bestrahlung vornehmen lassen. Im August kann sie die Behandlung abschließen.

Im Sommer hat Tanja Dietz die Idee zu einem Podcast

Doch schon im Sommer stellt die Marketingexpertin fest: „Ich glaube, ich muss darüber reden“, und hat die Idee für ihren Podcast. Schnell findet sie Unterstützer, darunter einige ihrer behandelnden Ärzte. Es gibt so viel zu erzählen, meint die Bobergerin. „Zum Beispiel musste ich erst lernen, dass es bei der Brust verschiedene Dichtigkeitsgrade gibt“, sagt sie. Manch eine Frau hat schon mal gehört, dass ihr Brustgewebe dicht ist, „aber wer kennt denn seinen Grad?“ Gerade dieser kann bei der Vorsorge aber den Unterschied machen.

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Sechs Folgen hat sie bereits aufgenommen, der siebte und achte Teil folgen diese Woche. Mit ihrem Diagnostiker spricht sie beispielsweise über Brustdichte und Diagnostik. Sie führt Gespräche mit einer Online-Ernährungscoachin und mit einer Frauenärztin über Vorsorge und Früherkennung. Im Gespräch mit einem Chefarzt der Frauenheilkunde geht es um die Herausforderung, schlechte Nachrichten so zu übermitteln, dass sie für die Betroffenen verständlich sind. Sie betont die Bedeutung einer Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Ärzten, Patientinnen und deren Angehörigen. Die Folgen sind jeweils zwischen 30 und 50 Minuten lang und über Spotify und Co. ab dem 1. Oktober einmal wöchentlich abrufbar.

Ihrem Podcast hat sie den Namen „RED“ gegeben. Was es damit auf sich hat, mag sie aber noch nicht verraten. Das wird in der ersten Folge am 1. Oktober Thema sein. Der Oktober passt gut, meint sie, denn der „Pinktober“ ist eine Kampagne, die es jedes Jahr im Oktober gibt, um das Bewusstsein für Brustkrebs zu schärfen. Der Begriff setzt sich aus „Pink“ (die Farbe, die symbolisch für Brustkrebs steht) und „October“ (dem Monat der Brustkrebsaufklärung) zusammen. Während des Pinktobers werden weltweit Veranstaltungen organisiert, um Aufmerksamkeit auf Früherkennung, Prävention und Unterstützung für Brustkrebspatientinnen zu lenken.