Bergedorf. Deichschau zieht positives Fazit. Doch, was wird aus dem denkmalgeschützten Haus im Deichfuß? Jetzt greift das Fernsehen das Thema auf.

Der mehr als 30 Kilometer lange Hauptdeich zwischen Elbe und den Vier- und Marschlanden ist in einem guten Zustand und für die Sturmflutsaison gewappnet. Dies ergab die Herbstausgabe der Deichschau, an der sich rund 40 Vertreter von Politik, Deichverband und den zuständigen Behörden beteiligt hatten. Besonders im Blick hatte die Kommission die fast 400 Jahre alte, denkmalgeschützte Kate am Altengammer Hauptdeich 130. Sie ragt in den Deichfuß hinein und stellt somit eine Gefahr für den Schutz vor Hochwasser dar. Zudem steht sie der geplanten Erhöhung (und damit auch Verbreiterung) des Deiches im Weg. Deshalb wollen der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG, unterstellt der Verkehrsbehörde) und die Umweltbehörde, zuständig für Deichsicherheit und Hochwasserschutz, die Kate entfernen. Doch dies stößt bei der Bergedorfer Lokalpolitik auf Widerstand.

Das der Kulturbehörde zugeordnete Denkmalschutzamt wiederum will, dass das Haus nicht angetastet wird. Es stoppte im vergangenen Jahr sogar die Pläne für eine Versetzung des Gebäudes um einige Meter (Translozierung) – einem Kompromiss, dem Politik und Deichschützer zugestimmt hatten. „Eine Baugenehmigung liegt bereits vor und auch die Finanzierung ist geklärt“, sagt Jörg Froh (CDU). Doch das Denkmalschutzamt erkennt in einer Translozierung eine erhebliche Schmälerung des Denkmalwertes. Neben einem unvermeidbaren Substanzverlust würde durch eine Versetzung weiter ins Landesinnere auch die ortsbildprägende Funktion und Authentizität des Denkmals verloren gehen. Die Kate gehört der Stadt Hamburg und steht leer.

Was wird aus der alten Kate am Altengammer Hauptdeich?

Froh wurde während der Deichschau von einem Team des NDR-Fernsehens vor der Kate interviewt. Auch Clais von Mirbach (LSBG) und Morten Klöpper (Umweltbehörde) standen vor der Kamera. „Nur die Kulturbehörde ist heute leider nicht dabei“, sagte Froh. Klöpper betonte die Wichtigkeit der Deichsicherheit in Zeiten des Klimawandels: „Wir werden höhere Hochwassersituationen haben.“ Hamburgs Deiche werden deshalb bis 2050 deutlich erhöht. „Bis dahin wird der Meeresspiegel um 20 Zentimeter steigen“, sagte Klöpper. Doch weil der Meeresspiegel bis 2100 um weitere 80 Zentimeter ansteigen werde, also von heute an um einen Meter, werde es auch in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts Deicherhöhungen geben.

„Wir werden also neben den Deichen mehr freie Flächen brauchen. Das müssen wir schon heute berücksichtigen“, sagte der Mitarbeiter der Umweltbehörde. Falls es zum Bau einer wasserseitigen Flutschutzwand vor der Kate kommen sollte, müsse man auch bei deren Bau „über 2050 hinaus denken“, sagte Klöpper.

In Sachen Deichsicherheit müsse mit äußerster Sorgfalt vorgegangen werden

In jedem Fall könne das Haus nicht einfach so stehen bleiben, betonte Klöpper. Die dramatische Sturmflut von 1962 habe gezeigt, dass in Sachen Deichsicherheit mit äußerster Sorgfalt vorgegangen werden müsse.

Deich
Herbstdeichschau 2024: Clais von Mirbach (LSBG) informiert die Teilnehmer. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Die Behörden würden sich derzeitig gegenseitig blockieren, meinte Froh. Er wundere sich, dass sie sich in dieser Sache scheinbar nicht untereinander verständigen und gemeinsam nach Lösungsansätzen suchen würden. „Der Staat hat doch eine Vorbildfunktion“, empört sich Froh.

Behördenvertreter sollen sich im Regionalausschuss zur Zukunft der alten Kate äußern

Doch die Politik will Klarheit, will in der Sache vorankommen: In der nächsten Sitzung des Regionalausschusses (Dienstag, 8. Oktober, 18 Uhr, Schule Fünfhausen) sollen sich Referenten der zuständigen Behörden dazu äußern, welche Möglichkeiten sie für die alte Kate in Altengamme sehen.

Deich
Vor der in den Deichfuß ragenden Kate in Altengamme beantworten die CDU-Politiker Stephanie Pelch und Jörg Froh Fragen eines NDR-Teams. © Thomas Heyen | Thomas Heyen

Bereits bei der Deichschau vor vier Jahren wurde bekannt gegeben, dass die Kate möglicherweise abgebaut und im Freilichtmuseum am Kiekeberg eingelagert werden soll. Daraufhin gab es einen interfraktionellen Antrag im Regionalausschuss mit dem Ziel, die Kate an Ort und Stelle zu erhalten. Auch in der Bezirksversammlung war das alte Haus ein Thema.

Hohe Denkmalschutzauflagen auch anderswo im Landgebiet ein großes Problem

Der Deichschutz habe natürlich Vorrang gegenüber dem Denkmalschutz, betonte Hans-Hermann Mauer (SPD). Doch die hohen Auflagen des Denkmalschutzes seien in den Vier- und Marschlanden oftmals ein Problem, fügte der Sozialdemokrat hinzu: „Hier gibt es Dutzende denkmalgeschützte Häuser und Scheunen, die von den Eigentümern nicht instandgesetzt werden können, weil sie die Auflagen finanziell nicht umsetzen können.“

Auch interessant

Probleme gebe es auch häufiger mit der rund 800 Jahre alten, ebenfalls denkmalgeschützten St.-Severini-Kirche in Kirchwerder, berichtet Mauer, der Vorsitzender des Kirchengemeinderates ist: „Die hohen Kosten für Sanierungsmaßnahmen kann die Kirchengemeinde allein nicht stemmen. Da sie aber Teil des Kulturgutes Vier- und Marschlande ist, muss die öffentliche Hand sich an den Kosten beteiligen.“ In der Vergangenheit haben private Spender oder Stiftungen dringend notwendige Instandsetzungen ermöglicht, sagt Mauer. „Aber die Suche nach Geldgebern ist sehr aufwendig.“

Mäuse, Nutrias und Wildkräuter, aber keine größeren Probleme mit dem Zustand des Deiches

Nach der rund fünstündigen Schau war klar: Der Deich hat keine größeren Mängel, ist in einem sehr guten Zustand. Kleinere Probleme wie etwa Wühlmäusebefall, sich ausbreitende Ampferpflanzen und anderer Wildkräuterwuchs sowie Schäden durch Nutrias wurden zwar an vielen Stellen festgestellt, können aber ohne großen Aufwand gelöst werden.

Der NDR-Beitrag wird am Sonntag, 29. September, 19.30 Uhr, im „Hamburg Journal“ ausgestrahlt.