Hamburg. 57-Jähriger soll in Moorfleet einen Bekannten mit einem Messer angegriffen haben. Er schilderte nun vor Gericht seine Sichtweise.

Vor der Unterkunft für Flüchtlinge und Wohnungslose an der Sandwisch in Moorfleet kam es in diesem Jahr an einem Februarabend zu einem blutigen Streit zwischen zwei Männern: Der eine erlitt Verletzungen an den Händen und wohl auch am Kinn und der andere sitzt seit März in Untersuchungshaft und muss sich wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Doch warum die Männer überhaupt in Streit geraten waren und wie die Verletzungen zustande kamen, da gehen die Meinungen der beiden Beteiligten weit auseinander.

Laut des mutmaßlichen Opfers, Mojtaba R., soll der Angeklagte Amir R. ihn auf dem Heimweg zur Unterkunft mit einem Butterflymesser angegriffen und verletzt haben. Außerdem habe der Angeklagte ihm Geld geschuldet, nachdem er ihn ein paar Monate in seinem Zimmer in der Unterkunft bei sich wohnen ließ. Mojtaba R. tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf.

Angeklagter wollte sich nach eigener Aussage nur verteidigen

Beim zweiten Verhandlungstermin im Hamburger Landgericht am Montag war nun der Angeklagte an der Reihe auszusagen. Und der schilderte den Vorfall aus einer ganz anderen Perspektive. Am Abend des Vorfalls hatte ihn ein anderer Freund in die Unterkunft eingeladen. Er habe Hähnchen und Reis mitgebracht, doch zu dem gemeinsamen Abendessen kam es nicht mehr.

Denn auf der schmalen Zufahrt zur Unterkunft begegnete er am Steuer des Transporters eines Paketdienstes Mojtaba R., der ihn zum Stehenbleiben aufforderte. Einem Wortgefecht folgte ein Handgemenge, bei dem Amir R. mehrere Schläge einsteckte, seine Brille runterfiel und auch er selbst zu Boden ging. Dort liegend habe Mojtaba R. ihm auch noch heftig gegen die Schulter getreten.

Beide Männer hatten einige Monate gemeinsam in der Unterkunft gewohnt

Allein um sich selbst zu verteidigen habe er daher ein Klappmesser, das er in einer kleinen Tasche seiner Arbeitshose stets dabei habe, gezogen und sei aufgestanden. Weil es schon dunkel war, hätte Mojtaba R. aber wohl nicht erkannt, dass das ein Messer sei, sondern vermutet, er halte nur einen Stock in der Hand, meint Amir R. In jedem Fall habe er dann in das Messer gefasst und sich dabei verletzt, erklärt der Angeklagte.

Einsatzkräfte am Abend des Vorfalls an der Sandwisch.
Einsatzkräfte am Abend des Vorfalls an der Sandwisch. © Michael Arning | Michael Arning

Auch der Vorwurf, er habe mit dem Messer in Höhe des Kopfes seines Kontrahenten gezielt, sei nicht wahr, betont der 57-Jährige. Doch wieso war die Stimmung zwischen den beiden Männern übehaupt so aufgeladen? Schließlich hatten sie sich vor einigen Jahren als Arbeitskollegen kennengelernt, waren befreundet gewesen und hatten sogar ein paar Monate gemeinsam in einem Zimmer in der Unterkunft in Moorfleet gewohnt.

Wollte der eine nicht alleine sein? Oder brauchte der andere einen Schlafplatz?

Und eben da gehen die Meinungen der beiden Männer auseinander: Während der Angeklagte angibt, nach Aufforderung von Mojtaba R. zu ihm gezogen zu sein, weil dieser einsam war und nicht allein sein konnte, hatte der bei der Polizei wiederum ausgesagt, dass Amir R. sonst keinen Platz zum Schlafen gehabt hätte. Das wies der Angeklagte vor Gericht weit von sich, er habe nicht nur eine eigene Wohnung, sondern auch jederzeit die Möglichkeit, bei seiner Nichte oder anderen Verwandten unterzukommen.

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Zur Eskalation sei es laut Mojtaba R. gekommen, als er seinem „Untermieter“ letztlich den Schlüssel abnahm. Außerdem stehen Schulden im Raum: Während Mojtaba R. meint, noch Geld von Amir R. zu bekommen, will dieser wiederum seinem Widersacher 500 Euro quasi als Freundschaftsdienst geliehen haben, um ihm bei der Finanzierung einer bevorstehenden Reise in den Iran zu unterstützen.

Nicht genug Zeit, um alle Fragen zu stellen

Kein Wunder, dass die vorsitzende Richterin noch eine Menge Fragen an den Angeklagten hatte. Einzig um diese zu stellen, blieb am Montag keine Zeit mehr, weil der Termin nur auf eine Stunde angesetzt war. Daher soll die Befragung des Angeklagten beim nächsten Termin fortgeführt werden. Dann soll auch das mutmaßliche Opfer aussagen. Die Verhandlung wird am 7. Oktober fortgesetzt.