Hamburg. Der Mann verletzte sein Opfer mit Messer am Hals. Nun muss er sich wegen versuchten Mordes verantworten. Prozessauftakt im Landgericht.

Vor der Unterkunft von fördern & wohnen für Flüchtlinge und Wohnungslose an der Sandwisch in Moorfleet haben sich am Freitag, 23. Februar, gegen 19.15 Uhr dramatische Szenen abgespielt: Amir R. hatte versucht, Mojtaba R. mit einem Mercedes Sprinter, mit dem er sonst für den Paketdienst GLS unterwegs war, anzufahren. Mojtaba R., der zu Fuß auf dem Rückweg zur Unterkunft war, konnte sich nur durch eine schnelle Seitwärtsbewegung retten. Doch Amir R., der drei Tage zuvor 57 Jahre alt geworden war, stieg aus und griff den Bewohner der Unterkunft nun mit einem sogenannten Butterflymesser an, drückte es ihm an den Hals.

Als der 57-Jährige dem Mann drohte, ihn zu töten, wehrte Mojtaba R. sich. Dabei erlitt das Opfer Schnittverletzungen am Hals, an der rechten Hand und am Daumen. Außenstehende bemerkten die Gewalttat und riefen die Polizei, die mit fünf Streifenwagen anrückte. Seitdem sitzt Amir R. an der Holstenglacis in Hamburg in Untersuchungshaft. Nun wird ihm der Prozess gemacht. Er muss sich unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten.

Prozess in Hamburg: Paketbote wollte Flüchtling überfahren und töten – aus Rache?

Amir R. muss sich vor dem Schwurgericht nicht nur wegen versuchten Mordes aus niedrigen Beweggründen verantworten, sondern auch wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung. Der 57-Jährige soll von Mojtaba R. die Herausgabe von Bargeld gefordert haben, als er ihm das Messer an den Hals drückte. Das Opfer gab an, nur 40 Euro zu haben, die es selbst benötigt. Daraufhin habe der Täter mit der Ermordung seines Opfers gedroht.

Die beiden Männer kannten sich: Mojtaba R. hatte Amir R. für mehrere Monate eine unentgeltliche Übernachtungsmöglichkeit in seinem Zimmer in der Unterkunft zur Verfügung gestellt. Einige Wochen vor der Tat soll er ihn aber zum Auszug aufgefordert haben. Dies habe Amir R. ihm verübelt.

Das Archivbild zeigt den GLS-Transporter, mit dem der Angeklagte den Geschädigten überfahren wollte, und einen Rettungswagen vor der Flüchtlingsunterkunft an der Straße Sandwisch in Moorfleet kurz nach der brutalen Tat.
Das Archivbild zeigt den GLS-Transporter, mit dem der Angeklagte den Geschädigten überfahren wollte, und einen Rettungswagen vor der Flüchtlingsunterkunft an der Straße Sandwisch in Moorfleet kurz nach der brutalen Tat. © Michael Arning | Michael Arning

Am ersten von insgesamt sechs Verhandlungstagen im Landgericht Hamburg wurde der Tathergang geschildert. Der Angeklagte, ein eher kleiner, schlanker Mann mit Brille und grauem Vollbart, ist afghanischer Staatsangehöriger. Ein Dolmetscher übersetzte für ihn ins Persische.

Der Angeklagte habe dem Geschädigten eine Zehn-Zentimeter-Klinge in den Kinnbereich gedrückt und ihn geschlagen, sagte die vorsitzende Richterin. Weil das Opfer schützend seine Hand vor den Kopf hielt, habe es auch Verletzungen an der Hand und am Daumen erlitten. Das Butterflymesser des Angreifers sei einen Zentimeter tief in die rechte Hand des Opfers eingedrungen und zwei Zentimeter tief in den Hals.

Töchter des Angeklagten mussten den Besucherraum im Landgericht Hamburg verlassen

Diese blutigen Schilderungen konnten zwei Töchter des Angeklagten, die sich zu Beginn der Verhandlung im Besucherraum eingefunden hatten, nicht hören. Die Richterin bat sie, den Raum zu verlassen, weil sie möglicherweise als Zeuginnen im weiteren Prozessverlauf aussagen sollen.

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Neben dem Rechtsanwalt des Opfers vertritt auch eine Staatsanwältin die Anklage. Neben drei Berufsrichtern entscheiden auch zwei Schöffen über das Urteil. Der nächste Verhandlungstermin ist für den 23. September angesetzt. Dann will der Ageklagte nach Auskunft seines Rechtsanwalts eine umfassende Aussage machen.

Am ersten Prozesstag äußerte der 57-Jährige sich nicht. Für den dritten Verhandlungstag (7. Oktober) wird der Geschädigte als Zeuge im Gerichtssaal erwartet. Der letzte Verhandlungstermin ist für den 22. Oktober angesetzt. Dann soll das Urteil verkündet werden.