Hamburg. Bauernverband Hamburg lädt zu „Fairbrauchertouren“ auf verschiedene Höfe ein. Was es auf dem Milchhof Reitbrook zu entdecken gibt.

Rund 300 Kühe stehen auf dem Milchhof Reitbrook, schwarz-bunte, rote oder auch braun-weiße. Etwa 1,4 Millionen Liter Milch geben die Tiere pro Jahr. Wie genau die Milchproduktion auf einem Bauernhof aussieht, konnten Verbraucherinnen und Verbraucher am Freitag auf einer Fairbrauchertour erfahren. Der Bauernverband Hamburg hat in Zusammenarbeit mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) in diesem Jahr das Projekt Fairbrauchertouren gestartet.

Ziel ist, Hamburger Verbraucherinnen und Verbrauchern die Herkunft ihrer Lebensmittel direkt bei den regionalen Produzentinnen und Produzenten erleben zu lassen. Dies ermöglicht hautnahe Einblicke in landwirtschaftliche Prozesse. Ob Milchvieh, Mutterkühe, Geflügelhaltung und Obst- oder Gartenbau. Eine letzte Tour ist für den 28. September auf dem Hof Schmoldt in Altengamme geplant, Anmeldungen sind im Internet unter www.fairbrauchertouren.de möglich.

Fairbrauchertouren des Bauernverbandes geben direkten Einblick in Landwirtschaft

15 Besucherinnen und Besucher haben die Gelegenheit genutzt, beim Milchhof Reitbrook einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Eine Bergedorferin erklärt: „Ich bin auf dem Land groß geworden, habe aber lange nichts mehr mit Tieren zu tun gehabt“, sagt sie. Nun freue sie sich auf den Rundgang. Ein Mann aus Hamburg liebt Kühe. „Ich finde es spannend, inen Einblick beim Erzeuger zu bekommen“, sagt er.

Und ein Senior aus Hamburg hat früher sein Taschengeld in der Landwirtschaft verdient. Nun möchte er wissen, wie Landwirtschaft heute abläuft. Das erklärt Jan-Hendrik Langeloh, der den Hof von seinen Eltern übernommen hat, leidenschaftlich mit überzeugender Kompetenz. Begleitet wurde er von zwei Agrarscouts, die sich auf die Kommunikation von Erzeuger und Verbraucher spezialisiert haben, sowie der Geschäftsführerin des Hamburger Bauernverbandes Sybille Meier.

Schon zehneinhalb Jahre alt: Rosamunde ist die älteste Kuh im Stall

Zusammen mit dem benachbarten Landwirt Rainer Kohrs gründete Langeloh eine Gesellschaft und spezialisierte sich auf Selbstvermarktung. 1,2 Millionen Liter der produzierten Menge werden hier verarbeitet, das sind rund 85 Prozent. Der Rest geht an Molkereien. Den Grundstein hat sein Vater Gerd gelegt. „Mein Vater war Lehrer, bevor er der Liebe wegen in die Vier- und Marschlande kam. Er hat die Direktvermarktung vorangetrieben“, sagt er.

Milchhof Reitbrook
Jan-Hendrik Langeloh zeigt Teilnehmerinnen der Fairbrauchertour seinen Hof. © Imke Kuhlmann | Imke Kuhlmann

Rund sechs Jahre alt wird eine Kuh, doch Rosamunde, das älteste Tier im Reitbrooker Stall, ist bereits zehneinhalb und hat gerade erst wieder gekalbt. Auf dem Hof steht das Wohl der Kühe im Mittelpunkt. Die Tiere haben Liegeplätze mit speziellen Matten, damit es ihnen bequem ist. Tagsüber sind sie auf der Weide, und wenn es ihnen zu warm wird oder sie Hunger haben, kehren manche Kühe von allein in den Stall zurück.

Hofchef kennt jede seiner 130 Kühen beim Namen

Jede Kuh trägt ein Halsband mit einem Signalgeber und Mikrofon, um ihre Aktivität zu überwachen. „Wir können so erkennen, ob eine Kuh vielleicht krank ist“, erklärt Langeloh. Er kennt jede Kuh beim Namen und kann ihr Verhalten gut einschätzen. Der geregelte Tagesablauf sei für die Tiere besonders wichtig, sagt er weiter. Selbst die Zeitumstellung wird auf zwei Tage aufgeteilt, um den Kühen die Umstellung zu erleichtern.

Milchhof Reitbrook
Hofeigene Produkte wie Milch und Joghurt. © Imke Kuhlmann | Imke Kuhlmann

220 Hektar Land gehören zum Hof. Dort werden Mais und Getreide angebaut, aber auch das Grünland zähle dazu. Eine Kuh gebe rund 9500 Liter Milch pro Jahr. Dafür ist gutes Futter wichtig, das der Landwirt selbst zusammenstellt. Dazu kommen 100 bis 120 Liter Wasser, die eine Kuh durchschnittlich am Tag trinkt. Was mit der Gülle passiert, will ein Teilnehmer wissen.

Es dauert etwa 15 Minuten, um 18 Kühe gleichzeitig zu melken

Langeloh versichert, die werde auf dem eigenen Land verteilt. 18 Kühe können gleichzeitig gemolken werden, der Vorgang dauert etwa 15 Minuten. 85 Prozent der Milch wird in der eigenen Molkerei zu Joghurt und anderen Produkten verarbeitet und kann direkt auf dem Hof gekauft oder im Abo nach Hause geliefert werden. Dabei setzt der Betrieb auf Mehrwegverpackungen, was jedoch auch einen hohen Reinigungs- und Wasseraufwand bedeutet.

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Wer die Besamung kontrolliere, will ein anderer Besucher wissen. Die Fortpflanzung der Tiere erfolgt ebenfalls kontrolliert. Einmal im Jahr kommt ein Anzuchtberater, um die Vor- und Nachteile der Besamung zu besprechen, erklärt Langeloh. Aus einem Katalog wird dann die passende Besamung für den zukünftigen Nachwuchs ausgewählt. Der Hof zählt zu den sechs von 49.452 Betrieben in Deutschland, die Vorzugsmilch produzieren – Milch, die nach dem Melken nur gekühlt, aber nicht weiter behandelt wird. „Wir wurden vom Bundesministerium gebeten, dazu eine Expertise abzugeben“, erzählt der Landwirt.

Zum Abschluss gab es Kostproben im Hofcafé

„Ich war vor 25 Jahren schon einmal hier, es ist spannend zu sehen, was sich seitdem verändert hat“, sagt eine Teilnehmerin nach dem Rundgang. Am Ende gab es noch Kostproben im Hofcafé, das freitags von 14 bis 17 Uhr und Sonnabend und Sonntag von 13 bis 17 Uhr geöffnet hat und auch selbstgebackenen Kuchen anbietet.