Hamburg. Behörde möchte keinen Welterbe-Koordinator für Bergedorfs Observatorium, lieber ein Konzept: FDP-Denkmalexperte Geerd Dahms schäumt.

Jedem Hausbesitzer wäre es wohl hochnotpeinlich gewesen: Da kommt eine Expertenkommission, schaut sich das Eigentum an und befindet es als zu verwahrlost, um es genauer zu betrachten. Genau das ist aber der Bergedorfer Sternwarte 2023 passiert, als Vertreter der Kultusministerkonferenz das 112 Jahre alte Observatorium durchfallen ließen. Für eine Weltkulturerbe-Bewerbung sei es zu ungepflegt, so das Urteil.

Bergedorfs Bezirkspolitiker wollten das den zuständigen Hamburger Behörden nicht durchgehen lassen, forderten im April in einem Antrag den Einsatz eines Weltkulturerbe-Koordinators sowie eine zügige Sanierung des Geländes. Doch die Stellungnahme der Wissenschaftsbehörde und der zuständigen Uni Hamburg ist nun einmal mehr dazu angetan, das Blut hochkochen zu lassen. Der FDP-Denkmalexperte Dr. Geerd Dahms sieht darin einen „Abgesang dritter Klasse“ auf die Weltkulturerbe-Bewerbung Bergedorfs.

Denkmalexperte sieht Abgesang für Weltkulturerbe-Bewerbung der Sternwarte

Dabei klingt die Stellungnahme der Universität Hamburg zunächst nach Eingeständnis und Sanierungswillen. „Kontinuierlich“ gebe es Instandhaltungsmaßnahmen, heißt es. „Hierfür werden Mittel der Liegenschaftsabteilung der UHH eingesetzt.“ So sei das Lippert Teleskop bis 2022 saniert worden, ebenso der Große Refraktor. Letzterer weise aber „bauteilbedingt erneut Feuchtigkeitsschäden auf, so dass derzeit ein ergänzendes Sanierungskonzept erstellt wird.“ Für die Jahre 2024 bis 2026 sei eine aufwendige Wege- und Siel-Sanierung in Vorbereitung, die aus UHH-Bauunterhaltsmitteln finanziert wird. „Weitere Maßnahmen zur laufenden Instandhaltung finden unterjährig statt.“

Sternwarte
Schön geht anders: Die Gebäude der Bergedorfer Sternwarte sind teils in keinem guten Zustand. © Christina Rückert | Christina Rückert

Auch habe es am 24. Juni einen Vor-Ort-Termin gegeben, allerdings aus Termingründen ohne die Kulturbehörde. „Als Ergebnis des Termins soll eine auf zwei Jahre befristete Projektstelle an der UHH zur Erarbeitung eines Konzepts zur Sternwarte geschaffen werden“, heißt es. „Das Konzept soll verschiedene Aspekte beleuchten, also u.a. Einbindung in die Forschung (u.a. Cluster Quantum Universe), Nutzung als Lehrort, Möglichkeiten des Transfers in Schule und Öffentlichkeit sowie Beziehung zum Standort Bergedorf.“

Mit Koordinator zielgerichtet zum Bewerbungstermin sanieren

Doch das seien alles Selbstverständlichkeiten, ein solches Konzept sei überflüssig, ärgert sich Geerd Dahms: „Einbindung der Forschung? Es ist als Sternwarte sowieso eine Forschungsstätte, was soll das?“, sagt er. Dasselbe betreffe die „Nutzung als Lernort“, denn die Montessori-Schule hat schon lange ihren Sitz auf dem Gelände. So ein Konzept sei zu gar nichts gut, bräuchte schon gar nicht zwei Jahre Arbeitszeit und ersetze nicht einen Weltkulturerbe-Koordinator, der sich mit Expertise, Elan und Persönlichkeit für die Bewerbung einsetze.

Mit Koordinator könnten auch alle Sanierungsmaßnahmen „zielgerichtet auf ein Bewerbungsdatum“ ausgerichtet werden, so Dahms. Die bisher geleisteten Sanierungen kritisiert er als unzureichend oder gar fehlerhaft, auch weil kein Denkmalsachverständiger sie begleitet habe. „Die Stadt macht hier einfach ihre Hausaufgaben nicht. Eine Sanierung des Geländes ist eine absolute Selbstverständlichkeit und auch gesetzliche Pflicht.“ Auch dass die Kulturbehörde nicht beim Vor-Ort-Termin dabei war, sei einfach unprofessionell.

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Insgesamt liest Dahms aus der behördlichen Stellungnahme einen Abschied Hamburgs aus dem Thema Weltkulturerbe-Bewerbung. Tatsächlich heißt es dort, dass die erneute Bewerbung zum gegenwärtigen Zeitpunkt „nur einer der möglichen Wege“ sei, „der nach Ausarbeitung des Konzepts durch die Projektstelle weiterverfolgt werden könnte“. Dahms meint: „Eine Beerdigung dritter Klasse.“