Bergedorf. „Müssen fragen, wer in Hamburg kein Kulturerbe für Bergedorf will“: Bezirkspolitik richtet deutliche Forderung an Senatorin Fegebank.

Der Schock über das erneute Scheitern der Sternwarte als Weltkulturerbe-Kandidat im Dezember 2023 schlägt in Wut um. Vier Monate nachdem die Experten der Kultusministerkonferenz das 112 Jahre alte Observatorium wegen „ungepflegtem Park“ und mangelhafter Bauunterhaltung durchfallen ließen, findet Bergedorfs Politik jetzt deutliche Worte: „Was hier passiert – oder besser gesagt nicht passiert –, ist ein Schlag ins Gesicht jedes Privateigentümers eines Denkmals“, sagt Bergedorfs Kulturausschussvorsitzender Geerd Dahms (FDP). „Statt der vom Denkmalschutzgesetz geforderten Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude übernimmt für die Sternwarte keine der eigentlich zuständigen Behörden Verantwortung.“

Fast zwei Stunden diskutierte das Gremium am Montag bei einem Ortstermin in der Bibliothek der Sternwarte über das Drama, das schon vier Tage zuvor in der Bezirksversammlung für reichlich Emotionen gesorgt hatte. Dort wurde die Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) aufgefordert, das Thema Weltkulturerbe Sternwarte endlich zur Chefsache zu machen und einen Koordinator einzusetzen und mit so viel Macht wie auch Finanzkraft für die ausgebliebenen Sanierungen auszustatten, dass ein drittes Bewerbungsverfahren Sinn macht.

Projekt Weltkulturerbe Sternwarte steckt heute tief im Zuständigkeitsdickicht der Behörden

„Was wir uns nach dem Scheitern in 2014 und jetzt wieder Ende 2023 fragen müssen, ist, ob überhaupt jemand in Hamburg ein Interesse an der Sternwarte hat“, sagte Susette Schreiter, die für die Grünen im Kulturausschuss sitzt. Und Rudi Walter (Linke) ergänzte: „Vielleicht macht es Sinn, dort nicht um Unterstützung zu bitten, sondern klar nachzufragen, wer es nicht will, dass Bergedorf ein Weltkulturerbe bekommt.“

Hier nagt der Zahn der Zeit unübersehbar: der Eingangsbereich des Meridiankreises auf dem Gelände der Sternwarte.
Hier nagt der Zahn der Zeit unübersehbar: der Eingangsbereich des Meridiankreises auf dem Gelände der Sternwarte. © Christina Rückert | Christina Rückert

Wie tief die Sternwarte gerade in dieser Hinsicht im Dickicht der Hamburger Behörden steckt, wurde in den Ausführungen ihres Direktors deutlich: „Wir sind ein Institut der Universität Hamburg, die vor allem der Forschung und Lehre verpflichtet ist, aber eben nicht der Unterhaltung historischer Gebäude nach den Maßstäben eines Weltkulturerbes. Auch wenn viele unserer Mitarbeiter dieses Projekt gut finden und etwa an den Tagen der offenen Tür nach Kräften ehrenamtlich unterstützen“, sagte Prof. Robi Banerjee. Alles Weitere liege außerhalb der Möglichkeiten der Universität, etwa in der Verantwortung der Wissenschafts- oder auch der Kulturbehörde.

„Universität endlich Zuständigkeit für bauliche Unterhaltung der Sternwarte wegnehmen“

„Abseits in Bergedorf gelegen, fristen wir hier ein randständiges Dasein“, so Banerjee im Kulturausschuss. „Was wir brauchen, ist Unterstützung von außen, insbesondere von den Hamburger Behörden, die uns ein professionelles Management an die Seite stellen, um die nächste Weltkulturerbe-Bewerbung zum Erfolg zu führen. Doch dafür müssen wir die Sichtbarkeit der Sternwarte in Hamburg steigern“, verwies der Direktor nebenbei auch darauf, dass nach dem Zusammenbruch des einzigen Seminarraums 2012 auf dem Gelände noch immer kein Nachfolger entstanden ist. „Der Antrag, ihn zumindest als Teil des ebenfalls überfälligen Neubaus vom Laborgebäudes zu verwirklichen, liegt seit Jahren bei der Liegenschaftsabteilung der Uni.“

Abgängig: die Tragekonstruktion der Spiegel, die einst die Sonnenstrahlen zur Erforschung in den sogenannten Sonnenbau trugen.
Abgängig: die Tragekonstruktion der Spiegel, die einst die Sonnenstrahlen zur Erforschung in den sogenannten Sonnenbau trugen. © Christina Rückert | Christina Rückert

Zustände, die Mathias Zaum (CDU) im Kulturausschuss an eine radikale Lösung denken ließen: „Es wird Zeit, der Universität die bauliche Verantwortung für die Sternwarte wegzunehmen und endlich in kompetente Hände zu geben.“ Er denke dabei an die Wissenschaftsbehörde, die als übergeordnete Institution aller Hochschulen ohnehin der bessere Aufgabenträger eines Weltkulturerbe-Projektes sei. Dass ausgerechnet eine Vertreterin oder ein Vertreter aus diesem Haus der Sitzung des Bergedorfer Kulturausschusses fernblieb, werteten viele Mitglieder als unübersehbares Zeichen mangelnden Interesses.

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„Es gibt viel zu tun, aber unser Ziel bleibt ein drittes Bewerbungsverfahren mit der Sternwarte um den Welterbetitel der Unesco“, fasste Ausschussvorsitzender Dahms zusammen. Beschlossen wurde, den Vorstoß der Bezirksversammlung für einen Koordinator Weltkulturerbe Sternwarte fest in die Tagesordnung des Gremiums aufzunehmen, also bei jeder Sitzung über den Fortgang des Projektes unterrichtet zu werden.

Zudem waren sich alle Mitglieder einig, dass ein Beschluss des Hamburger Senats erforderlich sei, in dem er sich klar zur Sternwarte bekennt. Auch um einen Weltkulturerbe-Koordinator mit der nötigen Macht zu versehen, das Projekt durchzusetzen. Darauf soll nun jeweils parteiintern gedrungen werden. Tatsächlich gab es den beim zweiten Bewerbungsverfahren nie, weshalb das am Ende mit einer Blamage endete. Vorbild ist eine Willenserklärung von 2012, als die Bürgerschaft zum Finale des ersten Bewerbungsverfahrens beschlossen hatte, einen Management- und Finanzierungsplan für das Projekt Weltkulturerbe Sternwarte aufzustellen. Dass es damals dennoch scheiterte, lag an der Kultusministerkonferenz: Sie hatte damals keinen Fachmann für Technikdenkmäler in ihrer Expertenkommission, die deshalb das Bergedorfer Observatorium durchfallen ließ, ohne es sich überhaupt jemals angeschaut zu haben.