Ochsenwerder. Der Verein Solidarische Landwirtschaft Vierlande plant, den gesamten Betrieb dorthin zu verlegen. Doch erst erfolgt eine Bodenprüfung.
Die Solidarische Landwirtschaft (SoLawi) Vierlande beackert neue Flächen: In Ochsenwerder hat der Verein knapp drei Hektar Land hinter Kirche und Friedhof von einem Landwirt gepachtet – Flächen, die zuvor von der Bio-Gärtnerei Sannmann bewirtschaftet worden sind und sich somit bestens für den Anbau von Bio-Gemüse eignen.
Die SoLawi überlegt, dort noch weitere Hektar Land zu pachten und ausschließlich in Ochsenwerder Gemüse anzubauen und zu ernten. Doch bevor dieser Schritt vollzogen wird und die beiden weiteren Anbauflächen in Neuengamme und Kirchwerder aufgegeben werden, soll geprüft werden, ob sich der Boden in Ochsenwerder für alle Obst- und Gemüsesorten eignet, die der Verein pflanzen möchte, etwa auch Kohl und Kürbisse.
SoLawi Vierlande: Bio-Gärtner testen Kartoffelanbau in Ochsenwerder
Der Start in die neue Saison war nicht optimal, berichten Caroline Schulze (37) und Jakob Steinert (31), zwei von insgesamt vier fest angestellten SoLawi-Gärtnern, die derzeit von vier Saisonkräften verstärkt werden. So viele bezahlte Arbeitskräfte packen bei der SoLawi nur in der Hauptsaison an – im Frühjahr/Sommer und im Herbst bei der Ernte des Gemüses, das für den Winter eingelagert wird.
Durch das schwüle Wetter im Frühjahr hatten die Gärtner verstärkt mit Schnecken und Pilzen in den Jungpflanzen zu kämpfen. In Kürbispflanzen saßen besonders viele Schnecken. Sie wurden von den Gärtnern mit für den Bio-Anbau zugelassenem Schneckenkorn (Eisen- und Phosphathaltige Körner) bekämpft. Pilzkrankheiten hatten sich im Wurzelwerk etwa von Gurken ausgebreitet, bereiteten den Gemüsegärtnern ebenfalls zusätzliche Arbeit.
Kartoffeln auf der Testfläche wachsen ohne Probleme
„Durch den kalten Juni sind die Pflanzen dann nur langsam gewachsen“, sagt die Diplom-Biologin Caroline Schulze. Nun wachse alles gut, weil der Mix aus Sonne und Regen dem Gemüse gut bekommt. Die Gärtner seien allerdings stets wachsam: So lassen sie immer wieder viel Luft in die Folientunnel, schneiden sie Blätter von den Tomatenpflanzen, damit sie von der zirkulierenden Luft profitieren können.
Caroline Schulze, Jakob Steinert und ihre Kollegen freuen sich, dass immerhin die Kartoffeln, die von der SoLawi auf einer Testfläche angebaut werden, ohne Probleme wachsen: „Woanders, vor allem in Süddeutschland, haben die Bauern damit große Probleme aufgrund von Nässe“, sagt Steinert. Die SoLawi baut Kartoffeln zum ersten Mal an: „Wir haben hier in Ochsenwerder mit sandigem Lehmboden dafür optimale Bedingungen“, sagt Caroline Schulze.
Die größte zusammenhängende Fläche, die bisher von der SoLawi beackert worden ist
Die knapp drei Hektar in Ochsenwerder sind die größte zusammenhängende Fläche, die bisher von der SoLawi beackert worden ist. An seinem Standort in Kirchwerder, auf Pachtflächen, die zum Bio-Hof Eggers in der Ohe gehören, soll bald wieder Kleegras geerntet werden. Sobald es ein paar Tage am Stück trocken ist, soll ein Lohnunternehmer die knapp zwei Hektar große Fläche mähen und Heulage-Ballen aus dem Kleegras produzieren. „Wir verwenden die Heulage, also mitteltrockenes Gras, dann als Mulch“, sagt Steinert, gelernter Gärtner.
Bodenlebewesen wie Regenwürmer und Mikroorganismen kompostieren Teile des Mulchs, der von Hand um die Pflanzen herum verteilt wird. „Das schützt den Boden vor Wind, Regen und Sonne. Außerdem wächst dann auch weniger Beikraut“, sagt Caroline Schulze. Die Gärtner müssen weniger hacken. Geplant sei, das frisch gemähte Gras direkt nach der Ernte über die Kulturen zu streuen. So werde Plastikverpackung für die Lagerung der Heulage gespart.
In Neuengamme liegen die Flächen des Vereins nun größtenteils brach – für die Regeneration
In zwei Folientunneln in Ochsenwerder wachsen derzeit neben Tomaten auch Paprika und Auberginen. Kommendes Jahr wollen die Gärtner auch Gurken pflanzen. Ihnen stehen zwei weitere Tunnel zur Verfügung, auf denen allerdings erst noch Folie angebracht werden muss. „Das kostet Zeit und Geld. Wir schaffen das vermutlich erst 2025“, sagt der 31-Jährige. Unter freiem Himmel wachsen unter anderem verschiedene Möhren- und Rote-Bete-Sorten, Sellerie, Zwiebeln, Lauch, Porree und Kohl.
In Neuengamme wachsen in Gewächshäusern und auf Freiflächen auch Salate, Kräuter, Süßkartoffeln und Wassermelonen. „Dort hatten wir vergangenes Jahr die größten Anbauflächen. Sie liegen nun zum Großteil brach, damit sich der Boden regenerieren kann“, sagt Caroline Schulze. In der Regel folge auf einen dreijährigen Gemüseanbau eine ebenso lange Regenerationszeit, in der etwa Kleegras auf den Flächen wächst. Wurde bisher im Wechsel zwischen Neuengamme und Kirchwerder die Fruchtfolge berücksichtigt (Regeneration hier, Anbau dort), läuft es in Ochsenwerder anders: Dort erholt sich Boden, auf dem Kleegras wächst, direkt neben Gemüsefeldern.
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Fachberater des Labels Bioland schaut sich den Boden in Ochsenwerder genauer an
In wenigen Tagen bekommen die Bio-Gärtner Besuch von einem Fachberater des Labels Bioland. Er will sich den Boden in Ochsenwerder genau anschauen und mit den Gärtnern besprechen, für welche Kulturen er sich noch eignet – und für welche möglicherweise nicht. Die Gärtner hoffen, dass die Bodenqualität sie nicht zu sehr einschränkt: „Der Plan ist, nicht länger mit den Arbeitsgeräten zwischen verschiedenen Standorten hin- und herzufahren, sondern ausschließlich hier zu arbeiten“, sagt Steinert.
Derzeit wird hinter der Kirche von Ochsenwerder fleißig geerntet, unter anderem Tomaten, die in den Folientunneln sehr gut gedeihen.
Gemüse wird auf 13 Depots in Bergedorf, Wentorf und Hamburg verteilt
Das frisch geerntete Gemüse wird nach Neuengamme transportiert. Auf dem Gelände, auf dem die SoLawi mit ihrem Projekt vor einigen Jahren gestartet ist, wird es gewaschen, in großen Teilen in zwei großen Kühlanlagen gelagert und kommissioniert. Dann kommt das Gemüse in 13 Depots in Bergedorf, Wentorf und in der Hamburger Innenstadt. Die Mitglieder des Vereins holen sich ihren Ernteanteil dann jede Woche aus den Depots ab. „Derzeit versorgen wir rund 240 Haushalte“, sagt Caroline Schulze.
Es sind noch wenige Ernteanteile erhältlich. Ein ganzer Anteil kostet 130 Euro im Monat. Wesentlich beliebter sind halbe Anteile (65 Euro), die der durchschnittlichen Versorgung einer Familie (zwei Erwachsene mit Kind) entsprechen. Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten finden sich im Internet: solawi-vierlan.de.