Hamburg. Stephanie Pelch ist neue Präsidentin im Rathaus Bergedorf. Die CDU-Frau erwartet turbulente Jahre mit kontroversen Debatten.

Premiere in Bezirksversammlung: Zum ersten Mal seit ihrer Gründung vor fast 75 Jahren haben Bergedorfs Politiker eine Frau an die Spitze ihres Gremiums gewählt. Seit Donnerstag, 18.25 Uhr, ist Stephanie Pelch Präsidentin der Bezirksversammlung, die zwar kein Stadtparlament ist, aber das Handeln der Bergedorfer Verwaltung überwacht, unterstützt und möglichst bürgernah machen soll. Die 45 Mitglieder der Bezirksversammlung, vor fünf Wochen selbst neu gewählt, votierten bei nur einer Gegenstimme in geheimer Wahl für die 46-jährige IT-Managerin aus Kirchwerder.

Die Christdemokratin übernimmt einen Posten, der zuvor traditionell an besonders verdiente und damit oft eher ältere Bezirksabgeordnete der jeweils stärksten Fraktion vergeben wurde. So folgt Stephanie Pelch auf Peter Gabriel (85, SPD), der wiederum namhafte Vorgänger hatte, wie etwa Norbert Reichelt, Dr. Detlef Daur (beide CDU) oder Egon Boldt (SPD). Doch im Vergleich zu deren Zeiten wartet auf Stephanie Pelch jetzt eine unruhige Legislaturperiode. Denn stabile Mehrheiten sind kaum abzusehen – und nie war eine Partei vom rechten Rand in Bergedorf so stark wie jetzt die AfD mit sieben Abgeordneten.

Bergedorf: Erstmals eine Frau Chefin der Bezirksversammlung

„Die Debatten dürften kontroverser werden. Aber das kann bei manchen Themen ja durchaus angemessen sein, sofern sich niemand im Ton vergreift und alle kompromissbereit bleiben“, sagt die neue Bezirksversammlungspräsidentin über ihre Ansprüche, bei deren Durchsetzung sie auch auf ihre Stellvertreter zählt. „Ich glaube, wir sind ein gutes Team“, sagt Pelch mit Blick auf den Juristen Heinz Jarchow (SPD) und Jan Vlamynck von den Grünen, der kaufmännischer Angestellter ist. Sie wurden als Vertreter der zweit- und drittstärksten Fraktion der Bezirksversammlung am Donnerstag sogar ohne Gegenstimme ins Präsidium gewählt.

Bezirksversammlung
Blumen für Stephanie Pelch, neue Präsidentin der Bezirksversammlung (2. v. re.): CDU-Fraktionschef Julian Emrich (l.), Lutz Jobs (Linke), der als ältestes Mitglied der neuen Bezirksversammlung die erste Sitzung eröffnete und Pelchs Wahl leitete sowie Erika Garbers (CDU). © bgz | Linn Könnecke

Zu formal will die neue Präsidentin indes nicht agieren: „Für mich ist die Auseinandersetzung um lokale Themen in der Bezirksversammlung die spannendste Form der Politik, weil es hier direkt um die Anliegen der Bürger geht. Genau deshalb habe ich mich vor fünf Jahren als Kandidatin aufstellen lassen, nachdem ich auch zuvor schon für die CDU im Wirtschafts- und im Regionalausschuss Vier- und Marschlande gesessen hatte.“ Dass sie als Christdemokratin Politik macht, ist für Stephanie Pelch dabei zweitrangig. „In erster Linie engagiere ich mich für Bergedorf und seine Bürger.“

Stephanie Pelch: „Politik ist ein edler Wettstreit unter Freunden“

Wie der Politikstil in den kommenden fünf Jahren bis 2029 im Großen Sitzungssaal des Bergedorfer Rathauses sein soll, beschrieb sie in ihrer Antrittsrede mit den Worten ihres Latein-Lehrers: „Certamen amicorum non inimicorum lis – ein edler Wettstreit unter Freunden, nicht ein Kampf unter Feinden.“ Von den Mitgliedern aller fünf Fraktionen und den beiden fraktionslosen FDP-Abgeordneten erwarte sie „einen respektvollen Austausch und die Bereitschaft, Kompromisse zu finden“.

Das gelte neben der Bezirksversammlung selbst auch für ihre elf Ausschüsse. Die treten mit Ausnahme des schon am 15. August tagenden Hauptausschusses zwar erst nach den Sommerferien erstmals zusammen, aber die Zugriffe auf die Posten der Vorsitzenden und ihrer Stellvertreter wurden schon jetzt unter den Fraktionen aufgeteilt. So wird die CDU, mit 13 Bezirksabgeordneten stärkste Gruppe, den Zugriff auf den Regionalausschuss Vier- und Marschlande, den Ausschuss Wirtschaft, Handel und Tourismus sowie den Kulturausschuss haben. Hinzu kommt bei ihr der Hauptausschuss, den Stephanie Pelch als Präsidentin der Bezirksversammlung selbst leitet.

Mehr zum Thema

Die SPD-Fraktion (12 Mitglieder) sicherte sich den Stadtentwicklungs-, Bau- sowie Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz. Die Grünen übernehmen künftig den Vorsitz im Verkehrsausschuss, die AfD im Ausschuss für Sport und Bildung. Beide haben jetzt sieben Sitze in der Bezirksversammlung. Den Linken, mit vier Sitzen kleinste Fraktion, fällt der Vorsitz im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration zu. Die FDP geht leer aus, weil sie nur zwei Bezirksabgeordnete stellt und damit keinen Fraktionsstatus besitzt. Deshalb haben die Liberalen in den Ausschüssen auch kein Stimmrecht mehr, sondern nur noch in der Bezirksversammlung.

Als Vierländerin gab die neue Präsidentin das Motto für die neue Legislaturperiode auch auf Plattdeutsch aus – indem sie den Spruch vom Gebälk des Fachwerkhaus der Bergedorfer Kaffeerösterei Timm zitierte: „Nich mulen un nich klöhnen, nich schimpen un nich dröhnen. Veel Snack un Wöör helpt di en quark – spee in de Hand un ran ant wark.“