Allermöhe. In Allermöhe trat ein führendes Mitglied des radikalen Netzwerkes „Muslim Interaktiv“ auf. Was Mitarbeiter und Verfassungsschutz sagen.
Der Hamburger Verfassungsschutz hat zum Ende des Ramadan, des Fastenmonats der Muslime, diverse Veranstaltungen in Hamburg registriert, die von radikalen Islamisten missbraucht worden sind – darunter zwei im Elite Eventhouse im Gewerbegebiet Allermöhe. Die Islamisten nutzen nach Einschätzung der Verfassungsschützer friedliche Zusammentreffen von Muslimen, um vor dem Hintergrund des aktuellen Nahost-Konfliktes ihre verfassungsfeindliche Ideologie zu verbreiten, Hass und Hetze gegen Israel zu schüren und Mitstreiter zu rekrutieren.
Auch die demokratische Gesellschaft in Deutschland werde von den Islamisten zum Feindbild erklärt. „Die Islamisten wollen dann beispielsweise die Scharia einführen, sie akzeptieren unsere Gesellschaftsordnung nicht und wollen diese überwinden“, sagte Verfassungsschutz-Chef Torsten Voß in einem Gespräch mit dem NDR.
Islamisten bringen Elite Eventhouse in die Schlagzeilen
Im Elite Eventhouse am Wilhelm-Iwan-Ring, wo sonst Hochzeiten und andere große Familienfeiern ausgerichtet werden, feierten Muslime das Fastenbrechen Iftar. Wenige Tage später wurden die Räume erneut für ein Zusammentreffen von Muslimen genutzt. In beiden Fällen habe es sich um denselben Veranstalter gehandelt, der die Räume gebucht hatte, heißt es aus dem Elite Eventhouse.
Einer der Redner in dem Veranstaltungsort in Allermöhe war laut Verfassungsschutz Joe Adade Boateng, ein nach Einschätzung des Landesamtes führendes Mitglied des radikalen islamistischen Netzwerkes „Muslim Interaktiv“, das der seit 2003 in Deutschland verbotenen Gruppe „Hizb ut-Tahrir“ (HuT) ideologisch nahesteht.
Islamisten nutzen emotionalisierende Themen wie die Situation im Nahen Osten
„Generell versuchen die HuT und ihr nahestehende Gruppierungen seit Jahren, für die islamische Community anschlussfähig zu werden. Die Islamisten nutzen dazu insbesondere emotionalisierende Themen wie die Situation im Nahen Osten“, teilt der Verfassungsschutz mit.
„Die HuT will ein Kalifat auf Basis der Scharia errichten, was mit unserer Demokratie absolut unvereinbar ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg beobachtet die Szene sehr intensiv und passt seine Maßnahmen und Instrumente immer wieder an“, sagt ein Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV).
Dennis Gladiator: „Solchen Verfassungsfeinden darf man keinen Raum bieten“
Dennis Gladiator (42), innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, kritisiert: „Meines Wissens wussten die Betreiber der Eventlocation bereits vor der ersten Veranstaltung, wem sie die Räume zur Verfügung stellen – und das ist nicht in Ordnung. Wer solchen Gruppierungen einen Raum bietet, macht sich mitverantwortlich für deren verfassungsfeindliches Agieren. Solchen Verfassungsfeinden darf man keinen Raum bieten.“ Der LfV-Sprecher bestätigt, dass die Betreiber des Elite Eventhouse vor dem Treffen zum Fastenbrechen von den Sicherheitsbehörden alarmiert worden seien.
Hamburgs Innensenator Andy Grote betonte gegenüber dem NDR, dass es in der Vergangenheit häufiger gelungen sei, extremistische Veranstaltungen zu verhindern – eine rechtliche Handhabe gebe es aber nicht: „Extremistisches Auftreten ist nicht verboten.“ Er würde sich wünschen, dass dafür keine Räume zur Verfügung gestellt werden, so Grote.
Mitarbeiter der Eventlocation bekommen Hass-Anrufe und Drohungen
Es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, „dass die Räumlichkeiten von sogenannten Islamisten oder einer bestimmten radikalen Gruppierung wie etwa ‚Muslim Interaktiv‘ besucht werden würden oder von diesen angemietet worden seien“, teilt ein führender Mitarbeiter des Elite Eventhouse auf Anfrage unserer Redaktion mit. Der Mitarbeiter will aus Gründen des Eigenschutzes nicht namentlich genannt werden: „Wir bekommen Hass-Anrufe und Drohungen.“ Auf der Google-Seite des Unternehmens habe es „viele Hassbewertungen“ gegeben.
Das Team der Eventlocation habe „mit der Polizei vollumfänglich kooperiert“ und „mehrmals aus Eigeninitiative die Behörden kontaktiert“, teilt der Mitarbeiter mit. Es habe – auch aus Sicht der anwesenden Polizeibeamten – keinen Grund dafür gegeben, die Veranstaltung zum Fastenbrechen abzusagen.
Internet-Spezialeinheit nimmt Islamisten in sozialen Netzwerken unter die Lupe
Den Mitarbeitern des Hauses seien keine Hass-Reden zu Ohr gekommen. Alles sei friedlich abgelaufen und der Veranstalter habe mit dem Vermieter der Räumlichkeiten ebenso kooperiert wie mit den Behörden, betont der Mitarbeiter.
In der Bürgerschaft habe man das Netzwerk „Muslim Interaktiv“ im Blick, betont Gladiator. Bei einer der nächsten Sitzungen werde die CDU beantragen, dass Hamburg sich beim Bund dafür einsetzt, dass das Bundesinnenministerium prüft, ob ein Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolg hat. Die Gruppe „Muslim Interaktiv“ agiert deutschlandweit und ist bereits Thema im Bund.
Seit Herbst 2022 ist eine Internet-Spezialeinheit beim Landesverfassungschutz im Einsatz, die insbesondere in sozialen Netzwerken Islamisten unter die Lupe nimmt. „Als erstes Bundesland sprach Hamburg bereits 2016 ein Verbot gegen islamistische Koran-Infostände aus und sorgte auch dafür, dass sich ein Fußballverein, der der Hizb ut-Tahrir-Bewegung nahe stand, 2019 wieder auflöste. Der stellvertretende Leiter der Blauen Moschee wurde bereits Ende 2022 ausgewiesen und kürzlich wurde das Islamische Zentrum Hamburg durchsucht, das als verlängerter Arm Teherans gilt“, sagt der Sprecher des LfV.
Eventlocation bezeichnet Berichterstattung als „nicht wahrheitsgemäß“ und will klagen
Das Team vom Elite Eventhouse sieht den guten Ruf der Eventlocation in den Schmutz gezogen und will gegen Medien, die aus Sicht der Eventmanager fehlerhaft berichtet haben („rechtswidrige Verdachtsberichterstattung“), juristisch vorgehen.
Ein Fastenbrechen dürfte so schnell nicht wieder in den Räumen am Wilhelm-Iwan-Ring zelebriert werden: Aufgrund der „sehr unglücklichen, nicht wahrheitsgemäßen Berichterstattung“ in den Medien wolle man davon absehen, „die Räumlichkeiten zu solchen Zwecken erneut zu vermieten“, sagt der Mitarbeiter.
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Der Mann betont, dass die Mitarbeiter „jeden Glauben und jede Herkunft respektieren und tolerieren“. Seit vielen Jahren würden in den Räumen „Hochzeiten von Menschen aus verschiedenen Orten der Erde gefeiert“, dadurch seien den Mitarbeitern „viele verschiedene kulturelle Bräuche“ bekannt. „Bei uns sind alle friedlich lebenden Menschen willkommen.“ Von jeglichen radikalen Gruppierungen nehme man ausdrücklich Abstand. „Wir haben mit diesen nichts am Hut. Wir wünschen uns Toleranz und Frieden für alle.“