Allermöhe. Nicht die einzige Kritik, die ein Experte an den Neubauplänen von Schulbau Hamburg in Allermöhe äußert. Was die Behörden sagen.

Am Kurfürstendeich in Allermöhe gibt es ein Bootshaus und ein Funktionshaus für die Bergedorfer Schulen, in dem Jugendliche das Rudern erlernen. Oberstufenschüler greifen dort regelmäßig zu den Skulls – doch es könnten viel mehr sein. Eigentlich. Bereits seit 19 Jahren gibt es einen behördlichen Auftrag, auf dem knapp 2000 Quadratmeter großen Grundstück verschiedene Wassersportarten auch für andere Klassenstufen zu ermöglichen. Doch erst jetzt wird die Planung konkret.

2005 wurde Walter Römmer als Regionalbeauftragter für den Schulsport in Bergedorf von der Schulbehörde damit betraut, das Projekt voranzutreiben. Er sollte den Weg frei machen für ein Wassersportzentrum für Rudern/Kanu/Drachenboot für alle Bergedorfer Schulen. Das Projekt wurde damals von allen Schulleitern im Bezirk unterstützt. Doch obwohl Ideen für eine Neugestaltung des Geländes mit einem ausführlichen Nutzungskonzept vorlagen, tat sich sechs Jahre lang nichts – bis 2019 überraschend 1,5 Millionen Euro für die Realisierung bereitgestellt wurden.

Wassersportzentrum der Bergedorfer Schulen: Kritik an Neubauplänen

Doch erst jetzt tauchte ein Vorentwurf des von Schulbau Hamburg (SBH) beauftragten Architekten auf. Der frühere Regionalbeauftragte, der sich seit 2013 in seiner Freizeit um das alte Bootshaus und um das Neubau-Projekt kümmerte, erkennt in dem jetzt geplanten Bau „keinen Mehrwert“, kritisiert unter anderem, dass das neue Funktionshaus kleiner sein wird als das jetzige – und ist als externer Berater nicht mehr erwünscht.

Der Entwurf weicht an mehreren Stellen entscheidend von den Wünschen der Nutzer, den Bergedorfer Schulen, ab, betont der Initiator des Projekts. Das neue Funktionshaus könne die Bedürfnisse der potenziellen Nutzer in fast allen Bereichen nicht erfüllen. „Warum sollen die neuen Gebäude schräg und nicht mehr parallel zur Wasserlinie auf dem Gelände stehen?“, fragt Walter Römmer. In dem neuen Funktionshaus finde nicht einmal eine Schulklasse Platz, denn der Gruppenraum sei für maximal 24 Schüler ausgelegt.

Schulbau Hamburg antwortet nur auf einige Fragen

Zudem sei der Raum nur über eine Außentreppe erreichbar. Dadurch würden beispielsweise Rollstuhlfahrer ausgeschlossen. Sie können aber problemlos in Drachenbooten mitfahren. Die beiden Umkleideräume seien mit jeweils elf Quadratmetern viel zu eng. Durch die geplante Schrägstellung der neuen Bootshalle entsteht eine neue Fläche, die nicht genutzt werden kann. Römmer: „Warum soll die Halle nicht gerade, parallel zum Wasser stehen? Geht es dabei nur um Ästhetik, um die Besonderheit des Baus?“

Während für alle privaten Neubauten Photovoltaikanlagen gesetzlich vorgeschrieben sind, sei die Nutzung von Solarenergie trotz mehr als 300 Quadratmetern Dachfläche bei dem Bootshaus-Projekt nicht vorgesehen. Die Dächer sollen stattdessen, wie auch die Fassaden der beiden Neubauten, „aus überlappenden Tonziegeln auf einer Metallunterkonstruktion“ gebildet werden, zitiert der 75-Jährige aus dem Vorentwurf. „Das hat im Vergleich zu Gebäuden im Holzrahmenbau keinen Mehrwert“, sagt er. Die Tonziegel-Konstruktion ist vermutlich teurer und wohl nicht ortstypisch für die Vier- und Marschlande.

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Neubau soll spätestens im kommenden Jahr fertig sein

Der Initiator fragt, ob das Projekt nicht für weniger Geld besser umgesetzt werden könne. Unsere Redaktion leitete diese und weitere Fragen an die Finanzbehörde/Schulbau Hamburg und an die Schulbehörde weiter. Beantwortet wurden nur einige Fragen. Bezüglich der vielen Nachteile, die eine Schrägstellung der neuen Gebäude laut dem pensionierte Sportlehrer aus Kirchwerder mit sich bringe, antwortet die Finanzbehörde, dass sich das Grundstück in einem Schutzgebiet befinde: „Eine Bebauung ist folglich nur mit hohen Auflagen und erheblichen Einschränkungen möglich, auf diese Auflagen gehen die Architekten mit dem jetzigen Entwurf ein“, sagt Sprecherin Imme Mäder. Der Abriss der alten Gebäude und der Bau der neuen Häuser sollen bis spätestens 2025 erfolgt sein, vielleicht schon in diesem Jahr. Das Projekt befinde sich „aktuell vor dem Zeitplan“.

Die Fragen nach der Ausgrenzung von Rollstuhlfahrern, einer fehlenden Photovoltaikanlage, der Gestaltung der Fassaden und einer preiswerteren Bauweise ließen die zuständigen Behörden gänzlich unbeantwortet. Das Bergedorfer Bezirksamt, dem unsere Redaktion ebenfalls einen Fragenkatalog gemailt hat, verweist meist an „die zuständige Prüfdienststelle“. Bei diesem Zustimmungsverfahren liege die Bearbeitung nicht beim Bezirksamt.

Rollstuhlfahrer müssen draußen bleiben – weil sie Sportler und keine „Besucher“ sind

Auf die Frage, ob es zutreffend sei, dass auf dem 1949 Quadratmeter großen Grundstück nicht mehr gebaut werden darf, als der jetzige Entwurf vorsieht (253 qm), also erheblich weniger Fläche als die bisherigen Gebäude an Nutzfläche in Anspruch nehmen, heißt es: „Es sind nur solche Einrichtungen in Wassernähe zulässig, für die die Lage am Wasser auch erforderlich ist. Dazu gehören die Bootslagerhalle und die für die Nutzung erforderlichen sanitären Nebenräume und Umkleiden. Dies führt in Summe im Vergleich zum Bestand zu einer positiven Flächenbilanz.“ Zur Art der Gestaltung der neuen Gebäude heißt es vom Bezirksamt: „Die Anforderung an Fassaden für eine Bebauung in einem naturschutzrechtlich sensiblen Bereich ist eine zurückhaltende Farbgebung. Dies ist mit der eingereichten Planung gegeben.“

Ob Menschen mit Handicap bewusst ausgeschlossen werden sollen? „Öffentlich zugängliche bauliche Anlagen, wie Einrichtungen des Bildungswesens oder Sportstätten, müssen in dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teilen barrierefrei erreicht werden können.“ Konfrontiert mit dieser Antwort des Bezirksamtes, antwortet die Finanzbehörden-Sprecherin, dass der Gruppenraum „nicht barrierefrei erschlossen werden“ kann, weil er zu klein dafür ist. „Er dient aber auch nicht dem Besucherverkehr.“