Aumühle. 200 Zuschauer, Halle proppenvoll: Riesen-Euphorie beim TuS Aumühle-Wohltorf um Handball-Derby in der Schleswig-Holstein-Liga.
Nichts ging mehr auf der Ernst-Anton-Straße. Dicht an dicht parkten die Autos auf dem Weg zur Heinrich-Willers-Halle und verengten die Fahrbahn dabei so sehr, dass, wer einmal den Fehler machte, hier hineinzufahren, nie wieder hinausfand. Ein ganzes Dorf war auf den Beinen. Gut 200 Zuschauer drängten zum Derby in der Schleswig-Holstein-Liga der Frauen zwischen dem TuS Aumühle-Wohltorf und der Lauenburger SV. Kein Sitzplatz blieb frei, viele verfolgten die gesamte Partie stehend auf dem Gang.
Die Euphorie war riesengroß. Doch egal, mit wem man es hielt, alle sollten beim klaren 35:26-Auswärtssieg der LSV auf ihre Kosten kommen. Denn es war ein überdurchschnittlich gutes Handballspiel, das beiden Mannschaften einen Schub für den Rest der Saison geben sollte. „Wir haben uns hier 40 Minuten lang als starker Aufsteiger präsentiert“, resümierte TuS-Coach Tim Aldenhövel zufrieden, während sein Pendant Daniel Schwarz froh war, dass sein Team nach anfänglichen Schwierigkeiten noch die Kurve bekommen hatte.
Lauenburger SV triumphiert im Handball-Spektakel von Aumühle
„Ich habe sie in der Halbzeitpause bei der Ehre gepackt“, verriet er hinterher. „Wir hatten die erste Hälfte komplett verschlafen. Es fehlte die Lockerheit, weil sich die Spielerinnen die ganze Woche über Druck gemacht haben.“ So war es anfangs ein Duell auf Augenhöhe mit dem kessen Aufsteiger. Nach 20 Minuten reckte TuS-Trainer Aldenhövel gar schon kurz triumphierend die Faust in die Luft. Was war passiert? Die Gäste aus der Elbestadt hatten beim Stand von 10:10 die erste Auszeit des Spiels genommen. Aldenhövel nahm das als Zeichen, dass die TuS-Damen ihr erstes psychologisches Ziel erreicht hatten: Sie waren drin in den Köpfen der Elbdiven!
Doch es zeigt die Klasse der Lauenburgerinnen, dass sie sich nicht verrückt machen ließen. Nicht von der Stimmung in der Halle, wo sich Aumühles Tröten und Lauenburgs Trommeln über 60 Minuten ein Lärmduell lieferten. Nicht von der zupackenden TuS-Verteidigung. Sechs Zeitstrafen kassierten die Gastgeberinnen – so viele wie noch nie in der Geschichte dieses Teams. Dabei war es nie ein unfaires Spiel, auch von Aumühler Seite nicht. Ganz im Gegenteil: Beide Mannschaften gingen höchst anständig miteinander um, die Zeitstrafen – die LSV hatte drei – waren lediglich der Intensität der Begegnung geschuldet.
Lauenburgs Kreisläuferin Lena Bahde warf sechs Tore mit gebrochenem Finger
Je länger die Partie dauerte, desto mehr stachen die Trümpfe der Elbdiven. Da war Kreisläuferin Lena Bahde, die mit gebrochenem Finger sechs Tore warf. Die Verletzung hatte die 27-Jährige nicht davon abhalten können, in diesem besonderen Spiel aufzulaufen. Da war Rückraum-Riesin Lena Hadeler, die kalt wie eine Hundeschnauze acht von neun Siebenmetern verwandelte und damit großen Anteil daran hatte, dass es für die LSV nie wirklich kritisch wurde. „Ich werfe jede Woche im Training mindestens 30 Siebenmeter, um die nötige Sicherheit zu haben“, erzählte sie.
Und da war die flinke Tempogegenstoß-Spezialistin Sabrina Reimers, vor der sie in Aumühle besondere Manschetten hatten. Tatsächlich waren es dann auch Bahde und Reimers, die im entscheidenden Augenblick dem Derby ihren Stempel aufdrückten. Unmittelbar nach der Pause verwandelte das Duo ein 15:15 in eine 19:16-Führung und sorgte so für die Vorentscheidung zugunsten der Elbdiven.
Auch bei einer klaren Führung bleiben die Elbdiven fokussiert bis zum Schluss
Die Ballsicherheit war der große Unterschied. Es ist einfach unfassbar, was für Pässe Lauenburgs Spielmacherin Joelle Gümüsdere selbst unter Druck noch anbringt und was für Zuspiele ihre Mitspielerinnen noch fangen können. Als dann doch einmal eine schläft und den Ball verpasst, schimpft Gümüsdere wie ein Rohrspatz. Dass ihr Team zu diesem Zeitpunkt schon bequem mit fünf Toren führt, interessiert sie dabei zu keiner Sekunde.
Vielleicht ist es das, was die junge Aumühler Mannschaft von ihren Gegnerinnen noch lernen kann: Diese Mentalität, einfach nur Handball zu spielen, egal wie es steht. „In der Schlussphase haben wir nachgelassen nach dem Motto: Das Spiel ist eh entschieden. Das hat mich geärgert“, kritisierte TuS-Coach Aldenhövel sein Team.
Dem Team des TuS Aumühle-Wohltorf gehört die Zukunft
Doch es war auch die fehlende Kraft, die sich nun auswirkte, am deutlichsten bei Anna Beckmann, der besten Spielerin in der Halle. In der ersten Hälfte traf sie noch, wie sie wollte, nach der Pause war sie kaum noch zu sehen. Dass Abwehrchefin Merle Winkler zudem verletzt raus musste, war eine Schwächung, die der TuS nicht kompensieren konnte. Zu viel ist bei den Aumühlerinnen von einigen wenigen Spielerinnen abhängig. Das wissen sie, und das ist nichts, was man über Nacht ändern könnte. Aber wenn dieses junge Team zusammen bleibt, dann wird es gewaltig werden.
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So aber tanzten am Ende vollkommen verdient die Lauenburgerinnen im Jubelkreis und skandierten „Derbysieger, Derbysieger, hey, hey!“ Dass es nach der Schlusssirene gefühlt nur eine Millisekunde gedauert hatte, bis sie sich in den Armen lagen, mag ein Indiz dafür sein, wie groß die Erleichterung bei den Elbdiven über diesen ganz besonderen Derby-Erfolg war.
Bereits am Sonntag geht es für die Aumühlerinnen gegen Nortorf
Für den TuS Aumühle-Wohltorf geht es bereits am kommenden Sonntag mit dem Heimspiel gegen Mitaufsteiger HSG 91 Nortorf weiter (16 Uhr, Ernst-Anton-Straße). Für die Lauenburger SV wird es erst nach den schleswig-holsteinischen Herbstferien mit dem Auswärtsspiel bei der HSG Holstein Kiel/TSV Kronhagen (29. Oktober) wieder ernst.
Die Torschützinnen, TuS Aumühle-Wohltorf: Anna Beckmann (7), Merle Winkler (7/4), Myrkka Voß (4), Catharina Kafke, Lilly Petersen, Sina Baumgarten (je 2), Clara Rainho, Louise Fabian (je 1). Lauenburger SV: Lena Hadeler (10/8), Sabrina Reimers, Lena Bahde (je 6), Luisa Rott, Talia Gümüsdere (je 3), Svea Böge, Anouk Wohltorf, Sarie Stapelfeldt (je 2), Joelle Gümüsdere (1)