Dassendorf. Fußball-Oberligist TuS Dassendorf patzt überraschend gegen den FC Türkiye aus Wilhelmsburg. Die Gründe und wie es zur Heimniederlage kam.

„Was für ein geiles Tor!“, rief ein direkt hinter dem Gehäuse des FC Türkiye aus der Fußball-Oberliga stehender Zuschauer, nachdem Martin Harnik für die Fußballer der TuS Dassendorf im Duell mit den Wilhelmsburgern in der Nachspielzeit einen Treffer erzielt hatte. Mit der Hacke hatte der langjährige Bundesliga-Profi das kurz zuvor nach einer Flanke praktisch vom Himmel fallende Spielgerät in die Maschen befördert (90.+1).

Erinnerungen wurden am Wendelweg wach. Fast genau so hatte der 68-fache österreichische Nationalspieler seine erste „Bude“ für die TuS Dassendorf nach seiner Reamateurisierung am 24. Oktober 2020 in der Partie gegen den WTSV Concordia erzielt. Seinerzeit leitete „Hanno“, wie Harnik in Dassendorf gerufen wird, den 4:0-Erfolg der Seinen ein. Diesmal war der Geniestreich des 36-Jährigen jedoch ein Muster ohne Wert, denn es war lediglich der Ehrentreffer zum 1:2-Endstand. Mit diesem Ergebnis unterlag der Meisterschafts-Topfavorit völlig überraschend dem FC Türkiye.

Martin Harnik trifft traumhaft mit der Hacke, doch es ist zu spät

Es war die erste Pleite der TuS unter dem neuen Coach Thomas Seeliger. Das „Warum“ beschäftigte Kicker und Verantwortliche der Dassendorfer auch noch lange nach dem Schlusspfiff, als der Einstandsabend der Neuzugänge im Hamburger Portugiesenviertel auf dem Programm stand. „Manchmal kann man sich das einfach nicht erklären. Es gibt so Tage, wo man das Gefühl hat, man macht heute nie ein Tor“, analysierte Seeliger. „Mir hat die letzte Überzeugung im letzten Drittel gefehlt. Und in der letzten Konsequenz waren wir einfach zu ungenau.“

Unermüdlich angerannt: Dassendorfs Oliver Doege (r., hier gegen Mou-Inzou Bachir) hatte kurz vor Schluss noch die Riesenchance zum Ausgleich, vergab sie jedoch.
Unermüdlich angerannt: Dassendorfs Oliver Doege (r., hier gegen Mou-Inzou Bachir) hatte kurz vor Schluss noch die Riesenchance zum Ausgleich, vergab sie jedoch. © Hanno Bode | Hanno Bode

Über die vollen 90 Minuten war sein Team unermüdlich angerannt, hatte gegen taktisch sehr disziplinierte Gäste aber die nötige Entschlossenheit im Torabschluss vermissen lassen. „Ich will den Jungs nicht absprechen, dass sie nicht gewollt haben, aber wir haben nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen“, resümierte Seeliger, der über die Erfahrung von 86 Bundesliga-Spielen für Fortuna Düsseldorf, den TSV 1860 München und den SC Freiburg verfügt.

Türkiyes Führungstor kurz nach der Pause stürzt TuS Dassendorf in Probleme

Mit dieser Einschätzung lag der 56-Jährige fraglos richtig. Die TuS machte und tat, spielte gegen sehr defensiv ausgerichtete Wilhelmsburger über die Flügel und versuchte ab und an, auch durchs Zentrum zügig das Abwehrbollwerk des FC Türkiye zu überspielen. An Chancen mangelte es auch nicht, wohl aber an der Präzision im Abschluss. Was bereits im ersten Durchgang auffiel und im zweiten Abschnitt signifikant ins Gewicht fiel: Bei den wenigen Gegenstößen der Gästen zeigten die Hausherren erhebliche Defizite im Rückzugsverhalten.

Türkiyes Führungstor war dafür beispielhaft. Nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung wurde Mou-Inzou Bachir auf die Reise geschickt, der nur noch Keeper Christian Gruhne vor sich hatte und die Kugel an dem herausstürmenden Schlussmann vorbei zum 1:0 ins lange Eck spitzelte (47.). Was zunächst wie ein „Betriebsunfall“ wirkte, der rasch zu reparieren sein würde, erwies sich für die Dassendorfer mit zunehmender Spielzeit mehr und mehr als sehr knifflige Aufgabe.

FC Türkiye erkämpft sich einen verdienten Auswärtssieg

Denn die Gäste brachen trotz der für sie kräfteraubenden Abwehrschlacht nicht ein. Lücken im Wilhelmsburger Defensivverbund waren für die TuS nur selten zu finden. Und wenn die Seeliger-Elf sich dann doch einmal durchkombiniert hatte, scheiterte sie im Torabschluss entweder an ihren eigenen Nerven, dem Aluminium oder an Gäste-Keeper Tobias Braun, der Mitte des zweiten Abschnitts im Disput mit einem TuS-Fan schon den richtigen Riecher hatte: „Für euch reicht es heute.“

Das tat es auch deshalb, weil Albin Bektesi kurz vor Schluss Dassendorfs Abwehrchef Maximilian Ahlschwede nach einem langen Zuspiel aussteigen ließ und zum 2:0 vollendete (88.). Es folgten noch das Traumtor von Harnik sowie eine Ausgleichschance durch Oliver Doege (90+3.). Am Ende blieb es jedoch bei der ersten Dassendorfer Pflichtspiel-Pleite in der neuen Saison.

TuS-Coach Thomas Seeliger: „Der letzte Wille hat gefehlt.“

Noch vor zehn Monaten hatten die Dassendorfer den FC Türkiye mit einer 1:7-Klatsche nach Hause geschickt, darunter drei Harnik-Treffer. Dieses Mal war alles anders. „Mir hat heute der letzte Wille und die Entschlossenheit gefehlt, denn Chancen hatten wir ja genug“, haderte Coach Seeliger mit dem Auftritt seiner Mannen. „Heute sind wir alle enttäuscht.“

TuS Dassendorf: Gruhne (3) – Kleine (4) ab 58. Brown (3), Ahlschwede (4), Doege (3), R. Carolus (3) – Dettmann (2-3), Möller (3-4) ab 58. Lam (3), Strömer (3) ab 70. Kurczynski (-), Götz (5), Maggio (4) ab 79. Dittich (-) – Harnik (3)