Curslack. Sascha Bernhardt hat ab Sommer das sportliche Sagen am Gramkowweg. Warum der Sportliche Leiter Torsten Henke ihn unbedingt wollte.

Genau an der Ecke von der Schurzallee-Nord und der Hammer Landstraße befindet sich die Filiale einer Restaurantkette, die damit wirbt, sich mit „viel Liebe und Leidenschaft“ gutbürgerlicher Hausmannskost zu widmen. Renner im Sortiment des Speiselokals sind nach eigener Aussage „kreative Schnitzelkreationen“. Vor einigen Wochen trafen sich in diesem Gasthaus in Hamm zwei Männer, die nicht schnabulieren, sondern sprechen wollten.

Der eine, Torsten Henke, war fast zwei Dekaden lang sehr erfolgreich Trainer beim SV Curslack-Neuengamme und ist nun Sportlicher Leiter beim Fußball-Oberligisten. Der andere, Sascha Bernhardt, war im vergangenen Sommer einige Wochen Assistenzcoach beim Hamburger Meister TuS Dassendorf und betreut derzeit die U17 des Rahlstedter SC. Henke, 56 Jahre alt, könnte der Vater des 30-jährigen Bernhardt sein. Es war also nicht selbstverständlich, dass beide unbeschwert zu plaudern begannen und dabei die Zeit vergaßen.

Nachricht von der Verpflichtung Bernhardts kam sehr überraschend

„Wir haben über Gott und die Welt geredet. Es hat sofort gefunkt“, berichtet Bernhardt vom ersten persönlichen Treffen mit Henke. Der junge Coach muss die SVCN-Trainerlegende schwer beeindruckt haben. Denn kurz darauf vermeldeten die akut abstiegsbedrohten Vierländer, dass Bernhardt zu kommenden Serie neuer Übungsleiter am Gramkowweg wird. Diese Nachricht kam sehr überraschend.

Als Top-Kandidat auf die Nachfolge von Spieler-Trainer Marcello Meyer war zuvor Olaf Poschmann (derzeit Coach des Barsbütteler SV) gehandelt worden. Auch der Name des früheren Angreifers Matthias Reincke hielt sich hartnäckig in der Gerüchteküche. Stattdessen zauberten die Curslacker Verantwortlichen dann einen Mann aus dem Hut, der im Herrenbereich noch nicht als Cheftrainer tätig war.

Bernhardt über den SVCN: „Hier ist alles stimmig“

„Ich glaube, ich habe einfach in das Profil gepasst. Ich bin jung, modern und behaupte, dass ich ein großes Fachwissen habe“, sagt der A-Lizenz-Inhaber. Auf dem in Osdorf wohnenden und in Stapelfeld als kaufmännischer Geschäftsführer arbeitenden Coach ruhen ab dem Sommer die Hoffnungen, den SVCN nach einer turbulenten Saison wieder in erfolgreichere Zeiten zu führen. „Hier kann man etwas aufbauen. Der Verein hat eine super Struktur, hier ist alles stimmig“, frohlockt der 30-Jährige.

„Hat durch sportliche Kompetenz und auch menschlich vollends überzeugt“: Sascha Bernhardt (30).
„Hat durch sportliche Kompetenz und auch menschlich vollends überzeugt“: Sascha Bernhardt (30). © Hanno Bode | Hanno Bode

Dass es dem Meyer-Nachfolger noch an Erfahrung als Chefcoach im Herrenbereich mangelt, sieht Henke nicht als Problem. „Sascha ist bereit, den neuen Curslacker Weg gemeinsam mit uns zu bestreiten und hat uns nicht nur durch seine sportliche Kompetenz, sondern auch menschlich vollends überzeugt“, erklärt der Sportliche Leiter. Der neue Trainer bringe alles mit, „was wir uns gewünscht haben“, ergänzt der 56-Jährige.

Dassendorfs Sportchef Jan Schönteich gab den entscheidenden Tipp

Den Tipp, sich mit Bernhardt als möglichen neuen Übungsleiter zu befassen, erhielt Henke von Jan Schönteich. Der Dassendorfer Sportchef schätzt den 30-Jährigen sehr, obwohl sich die Wege von der TuS und Bernhardt im vergangenen Sommer nach nur wenigen Wochen trennten. Nachdem der Meister überraschend Jean-Pierre Richter den Laufpass gegeben hatte, verließ auch der gerade von seinem Freund („Wir kennen uns seit 15 Jahren, haben die B-Lizenz zusammen gemacht“) geholte Co-Trainer den Wendelweg wieder. „Das lief aber alles im Guten ab, da gibt es überhaupt keinen Groll“, erklärt Bernhardt.

Eigentlich hatte er an der Seite von Richter Titel bei der TuS sammeln und sich so für ein Engagement bei einem Oberligisten als Chefcoach empfehlen wollen. Stattdessen stand Bernhardt, der bereits drei Jahre beim Landesligisten SV Halstenbek-Rellingen Co-Trainer war, ohne Engagement da. Dann wurde er vom früheren Dassendorfer Torwart-Coach Jan Dreßler, nun Torwart-Trainer-Koordinator des Rahlstedter SC, gefragt, ob er nicht die U17 des Clubs übernehmen könne. „Ich habe zugesagt, es war aber relativ schnell klar, dass es nur übergangsweise ist. Der Jugendfußball ist nicht mein Metier, ich habe dort einfach kein Netzwerk“, sagt Bernhardt.

Fast die Hälfte der Spieler werden den SVCN verlassen

Er machte gegenüber den RSC-Verantwortlichen kein Geheimnis daraus, dass es ihn in den Herrenfußball zurückziehen würde. Anfragen aus der Oberliga gab es bereits im Winter, aber Bernhardt wollte seine U17 nicht im Stich lassen und sagte ab. Im Sommer wird er seine Zelte an der Scharbeutzer Straße dann jedoch abbrechen und an den Alten Bahnhof wechseln.

„Das ist ein guter nächster Schritt für mich“, erklärt der 30-Jährige. In die Planungen für die neue Saison beim SVCN ist er natürlich bereits involviert. „Es ist Wahnsinn, wie viele Gespräche wir derzeit führen“, sagt Bernhardt. Der Kader wird unter ihm und seinem neuen Co-Trainer Jan Krey, der vom Büchen-Siebeneichener SV zu den Vierländern wechselt, ein anderes Gesicht bekommen.

Bei Oliver Franz, Till Witmütz und Tim Schmidt bissen die Vierländer auf Granit

„Es wird schon einen Umbruch geben. Ich denke, so 40 Prozent der jetzigen Spieler werden wahrscheinlich gehen“, berichtet Bernhardt. Unabhängig davon, ob der SVCN noch die Klasse halten wird oder den bitteren Gang in die Landesliga antreten muss, soll die Zeit der Spieler, die nur des Geldes wegen an den Gramkowweg kamen, vorbei sein.

„Wir legen viel Wert darauf, dass die Mannschaft auch vom Charakter her homogen zusammengestellt ist. Wir wollen Jungs holen, die sich mit dem Verein identifizieren“, erklärt Bernhardt. In Marvin Schalitz vom FC Voran Ohe konnte bereits ein früherer Leistungsträger zur Rückkehr bewegt werden. Bei Oliver Franz, Till Witmütz und Tim Schmidt, die der SVCN ebenfalls gerne von den Reinbekern an den Gramkowweg zurückgeholt hätten, bissen die Verantwortlichen hingegen auf Granit.

Sieben Punkte fehlen dem SVCN zum Klassenerhalt

Es wartet also noch viel Arbeit auf Bernhardt und Henke, bis ein schlagkräftiges Aufgebot für die neue Saison zusammengestellt ist. Dass derzeit vieles auf einen Curslacker Neubeginn in der Landesliga hindeutet, ist dem künftigen Coach bewusst: „Man muss es realistisch sehen. Die Spiele werden immer weniger.“ Tatsächlich bleiben dem SVCN, der in der wegen Spielausfällen verzerrten Tabelle sieben Zähler Rückstand auf das rettende Ufer hat, nur noch neun Partien, um den Abstieg zu verhindern.

Bei einer Pleite am Sonnabend im Duell mit Titelanwärter Eimsbütteler TV (15 Uhr, Gramkowweg) würden die Chancen auf den Klassenerhalt weiter schwinden. Aber selbst wenn die Vierländer am Saisonende in den sauren Apfel beißen müssten, kann Bernhardt eines versichern: „Wir würden dann nächste Saison nicht um die goldene Ananas spielen, sondern schon oben angreifen wollen.“