Curslack. Wehmut  Nach 16 Jahren verabschiedet sich Torsten Henke am Freitagabend als Coach des SV Curslack-Neuengamme

    „Der reinste Schatz, den uns das Leben bietet, ist ein fleckenloser Ruf“, hat William Shakespeare einmal gesagt. Wenn Torsten Henke am Freitagabend nach dem Oberliga-Spiel gegen den TSV Buchholz 08 (19 Uhr, Gramkowweg) nach 16 Jahren seine Trainertätigkeit beim SV Curslack-Neuengamme beendet, kann er besagten Schatz für sich beanspruchen. Kein einziger noch so kleiner Skandal pflastert seinen langen Weg als Coach. Nie hat der 52-Jährige den Pfad der Tugend verlassen und einen seiner Spieler oder Funktionäre öffentlich unsachlich kritisiert. „,Henko‘ hat immer sehr auf Kameradschaft geachtet und dies hat häufig den Unterschied ausgemacht“, sagt sein früherer Angreifer Sören Deutsch. Als stets „sehr, sehr korrekt“ und „immer menschlich“ beschreibt SVCN-Assistenzcoach Matthias Wulff den Mann, in dessen riesige Fußstapfen er treten wird. Kurzum: Ein Gentleman-Trainer verlässt die Hamburger Amateurfußball-Bühne.

    Sie werden ihm am Freitagabend am Alten Bahnhof einen großen Bahnhof bereiten. Viele ehemalige Weggefährten und Freunde haben sich angekündigt, um Henke in den Trainer-Ruhestand zu verabschieden. Vielleicht werden sie ihm auch ein Ständchen singen. Ein Lied seiner Lieblingssängerin Andrea Berg beispielsweise. Ihr Song „Das kann kein Zufall sein“ wäre mit Blick auf die erfolgreiche Henke-Ära gewiss passend.

    Denn ohne den kaufmännischen Angestellten eines Energiekonzerns wäre der SVCN heute wohl kein etablierter Oberligist. Als der passionierte Angler 2002 auf Bitten des früheren Liga-Obmanns Ferdi Clausen das Curslacker Traineramt antrat, darbte der Klub in der Bezirksliga dahin und kickte noch auf einem Schlackeplatz. Die Mannschaft aber hatte durchaus Potenzial und in Henke nun einen Trainer, der es herauskitzelte. Sein Rezept: harte Arbeit. „Am Anfang war er der Typ Felix Magath. Jedes Training ging los mit fünf Runden einlaufen. Das war für mich ein Graus“, erzählt Wulff, der seinerzeit in der Abwehr der Vierländer gemeinsam mit Libero-Legende Lars Franke spielte.

    Henke überzeugte nicht nur Wulff, der damals noch Figge hieß, ein wenig in die Puschen zu kommen. Auch zu als schwierig geltenden Charakteren wie Dennis Gothmann oder Marco Theetz fand er einen Zugang. Der Trainer machte rasch Spieler besser. „Er wusste immer, wie er die Spieler anzupacken hatte, um das Maximale aus ihnen herauszuholen“, lobt Deutsch. „Außerdem hat er für jeden ein offenes Ohr“, ergänzt der ehemalige SVCN-Kicker Matthias Voß.

    Der Trainer mit dem „unbändigen Ehrgeiz und Willen“ (Wulff) führte die Vierländer gleich in seinem ersten Jahr zur Meisterschaft und hatte ein paar Wochen später ein Problem: Das erste Curslacker Landesligaspiel fiel auf denselben Tag wie die Taufe seiner Tochter Laura. „Was tun?“, fragte sich der Übungsleiter und kam zu der Lösung, den kirchlichen Familientermin zu verschieben. „Das kam natürlich zu Hause nicht so gut an“, verriet er jüngst schmunzelnd.

    Die Anekdote zeigt, mit welcher Hingabe und Leidenschaft sich der Schlagerliebhaber und HSV-Fan seiner Aufgabe widmete. Der SVCN war für ihn viel mehr als ein Hobby. Ein Lebensinhalt. „Nach Niederlagen kann ich sehr schlecht schlafen“, gab er vor Kurzem zu. Es überwogen in seiner Zeit jedoch die Nächte, in denen er selig schlummern konnte. Seit zwölf Jahren kickt der Klub nun schon in der Oberliga. Und das nicht mehr auf Schlacke, sondern einem feinen Kunstrasen vor einer tollen Tribüne.

    Der SVCN hat sich vom Aschenputtel zu einer strahlenden Prinzessin gewandelt. „Da haben ganz viele Leute Anteil dran“, betont der Vater des sportlichen Erfolgs. Sich in seinem fraglos vorhandenen Ruhm zu sonnen, ist der Curslacker Institution fremd. Und zwar nicht nur öffentlich. „Egal, wie gut oder schlecht wir gespielt haben: ‚Henko‘ reflektiert immer als Erstes sich. Das ist eine Eigenschaft, die einigen Trainern und Spielern häufig fehlt“, sagte SVCN-Kapitän Patrik Papke.

    Am Freitag werden er und seine Mitspieler versuchen, ihrem Trainer einen Sieg zum Abschied zu schenken. Weil es sich Henke so wünscht. Und er dann besser schlafen kann. Doch selbst bei einer Pleite würde das Curslacker Denkmal nicht bröckeln. Wie sagte Shakespeare noch: „Was getan ist, ist getan und bleibt’s.“