Curslack. Curslacks Kult-Fußballer hat nach seinem Abschied die Qual der Wahl. Doch ein Interessent ist eine echte Überraschung. Die Details.
Ein „bisschen wehmütig“ sei er schon, sagt Marvin Schalitz. Nach sieben Jahren beim Fußball-Oberligisten SV Curslack-Neuengamme nimmt der baumlange Kult-Verteidiger nun Abschied vom Gramkowweg, wird ab Sommer für einen neuen Club die Fußballschuhe schnüren. Nach einer Folge von Verletzungen hatte sich Schalitz wegen mangelnder Fitness in den vergangenen eineinhalb Jahren bei den Vierländern nicht mehr wie früher in Szene setzen können.
Seiner Verbundenheit mit dem Club hat das aber keinen Abbruch getan. „Jeder weiß, wie groß meine Liebe zu Curslack und dem Dorfleben ist und war“, betont der 24-Jährige. „Ich bin unglaublich dankbar für diese Zeit.“ 172 Oberliga-Spiele absolvierte der Zwei-Meter-Hüne für den SVCN. „Er ist ein Stück weit ,Mr. Curslack‘“, lobt Vereinschef Hartmut Helmke. „Als Typ ist er eine Bombe“, ergänzt Coach Christian Woike.
Marvin Schalitz wird von HSV-Club umworben
Wohin sein Weg nun führen wird, hat Marvin Schalitz noch nicht entschieden. „Ich will das alles erst einmal sacken lassen“, betont er. Klar ist: Es dürfte ein Verein werden, bei dem das Wir-Gefühl in der Mannschaft ähnlich stark ausgeprägt ist wie in Curslack. Heiße Kandidaten dürften die Landesligisten SV Altengamme und Voran Ohe sein, wo Schalitz unlängst als Stadionsprecher angeheuert hat. „Ich habe etwa ein Dutzend Angebote aus ganz Hamburg bekommen, von der Oberliga bis zur Bezirksliga. Darunter war sogar eines vom HFC Falke“, verrät der Innenverteidiger.
Der in Altona angesiedelte Verein HFC Falke wurde 2014 von HSV-Fans gegründet, die die Kommerzialisierung des Profi-Fußballs nicht mehr mitgehen wollten. Mittlerweile spielt er in der Bezirksliga vor Hunderten von Zuschauern und gilt im Amateurfußball als echter Kultclub. Das Problem: Schalitz ist glühender Anhänger des FC St. Pauli. „Schon seit meiner Geburt!“, bekräftigt er. Doch der Zusammenprall der Kulturen verlief überraschend harmonisch. „Die sind echt nett da beim HFC Falke“, lobt Schalitz, „Wir werden auf jeden Fall noch einmal intensiver miteinander sprechen.“
Spielerisch starker Temperatmentsbolzen
Als energiegeladener Innenverteidiger, der sein Herz auf der Zunge trägt, hat Schalitz Anhänger in ganz Hamburg gewonnen. Der frühere SVCN-Coach Torsten Henke, der den damals 18-Jährigen frischgebackenen Abiturienten des Gymnasiums Lohbrügge im Sommer 2014 aus Oststeinbek an den Gramkowweg lotste, kann sich noch gut an diese Temperamentsausbrüche erinnern. „In den Einzelgesprächen danach war er immer ganz einsichtig“, schildert Henke. „Doch einige Wochen später war das Ventil dann wieder geöffnet, und es brach erneut aus ihm heraus.“
Fußballerisch hingegen waren die Qualitäten des kopfballstarken Abwehrmanns von Beginn an erkennbar. „Es war immer klar, welches Potenzial er hat“, betont Henke. Dessen Nachfolger Matthias Wulff schwärmt ebenfalls von den Vorzügen des Linksfußes: „Marvin gehört zu dieser neuen Generation an Innenverteidigern: Er ist physisch stark, gut in der Spieleröffnung und hat ein exzellentes Timing beim Kopfball und Tackling.“ Hinzu kommt unbändiger Ehrgeiz. „Er will jedes Trainingsspiel unbedingt gewinnen, ist voller Ungeduld sowohl sich selbst als auch der Mannschaft gegenüber“, analysiert Wulff, der ab Sommer Coach in Ohe wird. Doch ein Wechsel von Schalitz zu seinem Ex-Coach ist kein Selbstgänger: „Matthias und ich hatten sportlich schon unsere Differenzen.“
Hat der SV Börnsen eine Chance?
Denn schon unter Wulff, erst recht aber unter dessen Nachfolger Woike verlor Schalitz seinen Stammplatz, kämpfte mit Gewichtsproblemen. Nun sucht er einen Neuanfang und ist dabei hin- und hergerissen. „Ich habe nie auf das Geld geguckt, kann mir auch einen Verein unterhalb der Oberliga vorstellen. Das Gesellige ich mir sehr wichtig“, betont er. „Doch andererseits sind die Jahre zwischen 24 und 28 die besten Fußballerjahre, und die liegen jetzt vor mir.“ Für seinen langjährigen Trainer und Förderer Henke ist der Fall klar. „Ich bin der Meinung, dass er zu einem Verein gehen sollte, der eine sportliche Herausforderung darstellt“, mahnt er. „Ein Club, bei dem Marvin sich durchbeißen muss, bei dem er es nicht zu leicht hat.“
Da könnte es also schlecht aussehen für den Bezirksligisten SV Börnsen. Dessen Teammanager Nils Marx-Kneisel, der eng mit Schalitz befreundet ist und die Trennung vom SVCN kommen sah, war der Schnellste, der sein Interesse hinterlegte. Und der Hartnäckigste. „Ich habe Marvin in der Silvesternacht kurz nach Mitternacht angerufen und gesagt: ,Komm‘ zu uns!‘“, schmunzelt der Liga-Manager des Bezirksligisten SV Börnsen. Große Chancen rechne er sich aber nicht aus. Auch wenn vieles möglich scheint. „Bis Ende Januar will ich eine Entscheidung getroffen haben“, blickt Schalitz voraus, „die Vereine müssen ja auch planen können.“