Bergedorf. In der Rallye-Saison 2023 startet der 25-jährige Bergedorfer im neuen Auto und neuer Co-Pilotin – mit überraschendem Erfolg
Rund 470.000 Menschen in Deutschland haben sich im vergangenen Jahr ein E-Auto gekauft, die meisten wohl, um ihren alten Verbrenner zu ersetzen. Der Bergedorfer Rallye-Pilot Lukas Thiele geht den umgekehrten Weg: Nachdem der 25-Jährige zuletzt in einem stromgetriebenen Opel Corsa-e unterwegs war, sattelt er nun auf einen Rallye-Corsa mit Verbrennungsmotor um. Mit Erfolg: Gleich das erste Rennen konnte Thiele gewinnen.
Großen Anteil daran hat seine neue Beifahrerin Ann Felke. Sie ersetzt Jara Hain, mit der Thiele in der vergangenen Saison den siebten Platz unter elf Teams beim Opel eRally-Cup belegt hatte. Danach wollten sich beide neuen Projekten widmen. Die 21-jährige Felke, eine Design-Studentin aus Kassel, bringt ebenfalls Erfahrung aus dem eRally-Cup mit. Bei der Atlantis-Rallye im vergangenen Oktober saßen beide erstmals gemeinsam im Rennauto und belegten im Nebel von Kaltenkirchen den 14. Platz. Nun, einige Monate später, sind sie bereits gut aufeinander eingespielt.
Das zahlte sich zum Saisonstart bei der Welfen-Winter-Rallye in Oschersleben aus: Das Duo gewann das Event souverän. Auf zwei der drei Teilprüfungen waren Thiele/Felke in der Gesamtwertung vorn, in ihrer Fahrzeugklasse sogar bei allen drei Prüfungen. „Damit hatten wir nicht gerechnet“, gibt Thiele zu. „Unser Ziel war es, erst einmal Vertrauen in das neue Auto zu bekommen.“
Mit dem neuen Auto ruckzuck um die Ecken
Im Vergleich zu dem 150 PS starken Opel Corsa-e, der in der vergangenen Saison mehrfach wegen Versagens der Elektronik liegen geblieben war, hat der neue Rallye-Corsa mit Verbrennungsmotor mit 220 PS deutlich mehr unter der Haube. Doch das ist gar nicht mal der Punkt, zumal die Höchstgeschwindigkeit mit 180 Kilometern pro Stunde nur der eines normalen Straßenfahrzeugs entspricht.
„Aber der Wagen ist wahnsinnig schnell übersetzt. Damit ist man schön flott aus den Ecken raus“, begeistert sich Thiele über das neue Fahrgefühl. „Normalerweise muss man auf ein neues Rallye-Auto ein Jahr warten“, erläutert der Bergedorfer weiter. Doch mit Hilfe von Opel-Motorsport-Chef Jörg Schrott habe es nun ganz schnell geklappt. Ein Zeichen dafür, dass sich Thiele in der Szene bereits einen Namen gemacht hat. „Der Motorsport ist aber auch eine ganz kleine Welt, da kennt man sich halt“, sagt Thiele bescheiden.
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Viele der Kosten müssen vorfinanziert werden
Finanziert wird das Hobby des 25-jährigen Architekturstudenten von seinen Eltern. In der Firma seines Vaters Martin Thiele, der ein Architekturbüro in Hamburg hat, möchte Lukas Thiele nach dem Abschluss seines Studiums in einem Jahr anfangen. Sponsoren gäbe es trotz der Rezession in diesem Sport auch weiterhin. „Vor allem kleinere finden sich schon“, bestätigt er.
Allerdings müsse vieles vorfinanziert werden, allein der Rennwagen koste schon 100.000 Euro. Dazu kämen die Hotelkosten. „Die Sponsoren kommen oft erst später hinzu“, erläutert Thiele. Anderes sei schwierig geworden. „Vor Corona habe ich zum Beispiel auch für den DTM-Fahrer Jörg van Ommen sogenannte ,Taxifahrten’ mit zahlenden Passagieren bei Firmen-Events gemacht. Das ist alles weggefallen.“
Start bei der Rallye-Weltmeisterschaft geplant
Den Schwerpunkt ihrer Saison bildet für Thiele/Felke 2023 die niederländische Meisterschaft, die Anfang Juni beginnt und sich über sechs Renn-Wochenenden bis in den November erstreckt. In unserem Nachbarland hat der 25-Jährige bislang seine besten Ergebnisse eingefahren.
So war Thiele im vergangenen Juni Zweiter bei der ELE-Rallye in der Nähe von Eindhoven. Nur das einheimische Team Timo und Rebecca van der Marel war damals schneller. „Die Rennen in den Niederlanden sind immer super organisiert, und mir liegt der Asphalt dort, der nicht so rutschig ist wie etwa in Österreich“, schwärmt Thiele.
Biegung der Kurven ist in fünf Stufen unterteilt
Ein weiteres Highlight wird dann Ende November der Start bei der Central Europe Rallye im Dreiländer-Eck Deutschland-Österreich-Tschechien sein, einem der 13 Läufe zur Weltmeisterschaft. Bis dahin wollen Lukas Thiele und Ann Felke sich noch besser aufeinander einspielen. Zum Beispiel bei den Ansagen der Co-Pilotin.
So wird die Biegung von Kurven in fünf Stufen unterteilt. „Aber ,Eins – zwei – drei’ ist für den Fahrer im Auto kaum zu verstehen“, erläutert der Bergedorfer. „Ich mag es daher, wenn Ann stattdessen sagt: ,Eins – zwo – drei’.“ Wenn solche Kleinigkeiten schließlich stimmen, dann werden zu den Pokalen von Oschersleben sicherlich noch viele hinzukommen.