Bergedorf. Der Bergedorfer Motorsportler Lukas Thiele startet beim „e Rallye Opel Corsa Cup“ und sucht dafür einen Copiloten.
Idyllisch, aber tückisch ist die Nordschleife des Nürburgrings. Warum Fans sie „Grüne Hölle“ nennen, das musste der Bergedorfer Motorsportler Lukas Thiele im vergangenen Sommer leidvoll erfahren. Bravourös hatte er sich beim 24-Stunden-Rennen von Platz 107 auf Rang 43 nach vorn gekämpft. In der schwächer motorisierten TCR-Klasse hielt Thiele sogar die Führung, als er den Seat TCR (350 PS) beim Boxenstopp an einen Teamkollegen übergab. Es wurde ein Ausstieg für immer. Wenige Kilometer später überschlug sich sein Teamkollege in einer S-Kurve.
Das Auto Schrott, die Führung dahin
Das Fahrzeug des Aachener Teams FEV Racing blieb auf dem Dach liegen, der Fahrer brach sich die Hand. Das Auto Schrott, die Führung dahin, die Saison vorbei. Als FEV Racing dann auch noch wegen der Corona-Krise alle Motorsportaktivitäten strich, war es endgültig Zeit für etwas Neues.
Das hat der 23-Jährige nun im Rallyesport gefunden. Vom August an startet er mit seinem eigenen Team in der neuen Rennserie „e Rallye Opel Corsa Cup“. Zehn Rennen in eineinhalb Jahren stehen für 2020/2021 auf dem Programm. „Wobei die Austragungsorte noch unklar sind“, schränkt Thiele ein, „vieles muss sich in der Corona-Krise erst finden.“ Die große Stärke der neuen Rennsportserie ist ihre Ausgeglichenheit. Alle 15 Teams haben das gleiche Opel-Corsa-Elektrofahrzeug mit 136 PS zur Verfügung. Es kommt allein auf fahrerisches Können und die Einstellung des Opel für das jeweilige Rennen an.
Rallyeboliden im Straßenverkehr
Erste Schnuppertouren hatte Thiele bereits im vergangenen Sommer unternommen, als es bei einer Rallye durch die kurvigen Straßen Südbayerns ging. Für die Fahrer ist so ein Event ein beständiger Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, denn zwischen den einzelnen abgesperrten Wertungsetappen im Gelände gibt es immer wieder Abschnitte, in denen die Rallyeboliden im ganz normalen Straßenverkehr mitschwimmen.
Auch fahrerisch ist der Rallyesport eine ganz andere Welt, wie Thiele verdeutlicht. „Bei den Tourenwagenrennen kenne ich die Strecken in- und auswendig“, erläutert der Kommunikationsdesigner, „selbst wenn ich eine Kurve nicht kommen sehe, weiß ich genau, wie ich sie anfahren muss. Im Rallyefahrzeug hingegen muss ich komplett meinem Beifahrer vertrauen.“
Die Geheimnisse des „Gebetbuchs“
Der Copilot liest den Streckenverlauf aus dem zuvor erstellten „Gebetbuch“ vor. Die Kurven sind in sechs Kategorien unterteilt. „Kurve 1“ steht für eine besonders enge Abbiegung, „Kurve 6“ für eine langgezogene. Wenn der Beifahrer also beispielsweise einen Satz wie „Kurve 2 rechts übergehend in Kurve 1 links“ vorliest, weiß der Fahrer, dass eine enge S-Kurve vor ihm liegt, die er besser nicht zu schnell anfährt.
Das Problem: Bislang hat Thiele noch keinen Beifahrer für das Abenteuer Rallye gefunden. „Wir sind ein sehr junges Team, alle sind unter 30. Und da man das ganze Wochenende zusammen verbringt, müsste es schon jemand in meinem Alter sein, mit dem ich auf einer Wellenlänge liege“, betont er. „Vor allem aber muss er Vertrauen zu mir haben und ich zu ihm.“ Zudem muss der Copilot (oder die Copilotin) in spe über die entsprechende Lizenz des Deutschen Motorsport-Bundes verfügen. Wer Interesse hat, kann sich per E-Mail an info@lukas-thiele.de melden.
Alter Bus wird zum Partymobil
Der neue e-Rallye-Flitzer wird am 21. August ausgeliefert. Bis dahin trainiert der Bergedorfer im Kart und füllt die Corona-Zwangspause damit, einen ausrangierten Gelenkbus zu einem Partymobil umzubauen. „Außerdem mache ich gerade meinen Hochvolt-Schein“, erzählt Thiele. Den benötigt er, um künftig am e-Rallyewagen mitschrauben zu dürfen. Und den Nürburgring damit endgültig hinter sich zu lassen.