Hamburg. Sprinkenhof GmbH kämpft mit Materialengpass. Jetzt müssen alle Mieter des 25-Millionen-Neubaus umplanen. Besonders das Theater.

Waren tatsächlich alle zu optimistisch? Jedenfalls hatten sich viele Bergedorfer darauf gefreut, im Sommer kommenden Jahres das neue Körber-Haus in Bergdorf einweihen zu können. Nun kommt die Nachricht der Sprinkenhof GmbH, mit der alle hätten rechnen können: Die Fertigstellung des 25-Millionen-Euro-Baus verzögert sich. Und zwar um voraussichtlich satte sechs Monate. Grund dafür ist – wie derzeit auch auf vielen anderen Baustellen – ein Engpass bei der Materiallieferung.

Genau gesagt geht es um Dämmwolle, die nicht rechtzeitig geliefert werden kann. Sie wird gebraucht, um alle Böden zu bedecken, bevor der Estrich gegossen werden kann – in sämtlichen Etagen des 6000 Quadratmeter großen Kulturhauses. „Es gibt wohl keine Möglichkeit, auf andere Materialien auszuweichen“, erfuhr die künftige Körberhaus-Leiterin Nicole Becker-Kloth. Der neu anvisierte Liefer­termin sei nun im Dezember. „Viele andere Arbeiten müssen jetzt auf­geschoben werden, aber zum Glück sind schon alle Fenster drin, ist das Gebäude quasi wetterfest“, so Becker-Kloth, die am Dienstag der neuen Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann die Baustelle zeigte, wo aktuell die gesamte Elek­trik sowie Sanitäranlagen vorbereiten werden.

Neues Körber-Haus in Bergedorf wird später fertig

Juni 2021: Einblick in eines der noch nicht fertigen Treppenhäuser (v.l.): Anne Rastetter, Philipp Stemmann, Nicole Becker-Kloth und Hamid Begesda begutachten den Baufortschritt.
Juni 2021: Einblick in eines der noch nicht fertigen Treppenhäuser (v.l.): Anne Rastetter, Philipp Stemmann, Nicole Becker-Kloth und Hamid Begesda begutachten den Baufortschritt. © BGDZ | Jan Schubert

Statt der erhofften Eröffnung im Sommer soll es nun „im Herbst oder Winter“ losgehen. Bei den künftigen Mietern sei „ein bisschen Entsetzen“ bemerkbar, aber letztlich „können wir keinen verantwortlich machen und müssen jetzt die besten Lösungen finden“, so Becker-Kloth.

Es folgen viele Gespräche und Verhandlungen. So muss etwa die Bücherhalle klären, ob sie ein weiteres halbes Jahr an der Alten Holstenstraße bleiben kann. „Die Verzögerung ist sehr schade, weil wir hier nur mit angezogener Handbremse arbeiten. Wir hatten uns schon so sehr auf den 50 Quadratmeter großen Veranstaltungsraum gefreut, um wieder mehr Bilderbuch-Kino, Basteln und Medienkompetenz-Kurse anbieten zu können“, sagt Bibliothekarin Eva Quade.

Größte Auswirkungen betreffen das neue Theater

Mit drei Seminarräumen für Sprachkurse hatte Bergedorfs Volkshochschule gerechnet: „Unser Ziel war ein Semesterstart zum September 2022 im neuen Haus. Jetzt müssen wir entspannt bleiben und gehen erst zum nächsten Semester rüber, also Februar 2023“, sagt Regionalleiterin Angelika Ruiz Merino. Denn mittendrin umzuplanen, „das nützt nichts“.

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Während Bergedorfs AWO-Vorsitzender Eduard Bohner davon ausgeht, „dass unser Seniorentreff in der Übergangslösung im H4-Hotel verlängert wird“, müssen andere umplanen: Der Seniorenbeirat sucht dringend einen Treffpunkt, die Körber-Stiftung bleibt nun länger am Gräpelweg, wo doch das Begegnungszentrum im Park ausbauen wollte. Die größten Auswirkungen betreffen das neue Theater: Wie flexibel lässt sich der Spielplan 22/23 umsetzen?

Bergedorfs Seniorenbeirat sieht die Verzögerung weniger entspannt

Mit der um sechs Monate verzögerten Eröffnung des neuen Körber-Hauses tun sich einige Änderungen für die künftigen Mieter auf: Während alle Angebote der Körber-Stiftung laut Leiterin Eva Nemala „weiter im Haus im Park stattfinden und wir dazu pragmatische Lösungen suchen“, sieht Bergedorfs Seniorenbeirat die Verzögerung weniger entspannt.

„Das Bezirksamt muss uns nun Räume benennen, in denen wir uns treffen können“, sagt sie Vorsitzende Karin Rogalski-Beeck. „Wir haben bloß zwei Sprechstunden pro Woche im Dienstleistungszentrum. In dem Büro ist bloß Platz für drei Stühle, das reicht doch nicht für Arbeitstreffen.“ Daher hatten sich die Senioren sehr auf den 55 Quadratmeter großen Raum im neuen Körber-Haus gefreut. „Aber jetzt sind erst mal alle gekniffen und müssen mit den Auswirkungen umgehen“, so die 75-Jährige.

Gastspielmanager Peter Offergeld muss auf flexible Ensembles setzen

Die größten Auswirkungen betreffen den Spielbetrieb für das neue Theater. Da stellen sich reichlich Fragezeichen, wenn der Spielplan 22/23 dann vielleicht doch noch am Gräpelweg über die Bühne gehen muss. Gastspielmanager Peter Offergeld muss auf flexible Ensembles setzen: „Wir hatten die neue Spielzeit schon auf der größeren Bühne geplant und wollten Ende September starten.“

Ob das noch eingehalten werden kann, ist mehr als fraglich. Offergeld: „Wir brauchen bitte keinen Umzug in der laufenden Spielzeit, dann bleiben wir lieber länger am Gräpelweg.“ Dort jedoch seien größere Produktionen wie etwa das Musical „Addams Family“ bloß mit halbem Bühnenbild machbar. „Das ist ganz anders konzipiert, daher brauchen wir jetzt eine doppelte Planung“, so Offergeld. Bei der engen Taktung brauche man Planungssicherheit – auch für die Schauspieler und ihre Tourneen.

Verein kommt zeitliche Verzögerung gerade recht

Eine weitere Spielzeit sei kein Problem, meldet Rüdiger-Horst Bambach vom Verein „Begegnungszentrum im Park“, das dort die Physiotherapie und ein Restaurant betreibt – „die tragen sich zum Glück selber“. Aber Corona habe ein Loch in die Kasse gerissen: Ursprünglich sollte der Saal abgerissen werden, um Platz für betreutes Wohnen zu schaffen. „Das würde jetzt unsere finanziellen Mittel überanspruchen. Daher denken wir über eine Weiterverwendung des Theatersaals nach, vielleicht für Altensport oder als Versammlungsort mit bis zu 100 Sitzplätzen“, so Bambach.

Er sucht nach Ideen, den Raum nahe des Notausgangs zu öffnen, um Tageslicht einzufangen. „Auf jeden Fall haben wir an den Kosten zu knabbern und sehen es schon als Kraftanstrengung, die Tagesstätte im ersten Stock zu realisieren, wenn die Körber-Stiftung auszieht.“ So gesehen komme dem Verein eine zeitliche Verzögerung gerade recht.