Hamburg. Wer will die Bühne im Körber-Haus bespielen? Zur Vorbereitung auf die Spielzeit 2022/23 schreibt das Bezirksamt europaweit aus.
Es wird ein Traum, wenn 300 Zuschauer im Parkett sitzen und 158 auf dem Rang, sie alle gebannt nach vorn schauen, auf die gut 20 Meter breite Hauptbühne des neuen Bergedorfer Theaters im modernen Körber-Haus. Noch haben Handwerker in dem Gebäude an der Straße Am Schiffwasser nahe der B 5 die Regie. Zur Vorbereitung auf die Spielzeit 2022/23 schreibt das Bergedorfer Bezirksamt aber bereits jetzt den Theaterbetrieb europaweit aus.
Für die neue Bühne, die fünf Jahre lang kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, sind 75 Nutzungstage im Jahr vorgesehen, wobei die Proben, Auf- und Abbautage eingeschlossen sind. Gewünscht werden Eigen- und Fremdproduktionen verschiedener Genres, auch spezielle Angebote am Nachmittag, zu Silvester sowie für Kinder und Jugendliche: Ein Stück pro Spielzeit soll von einer jungen Regie inszeniert werden, „um das Interesse eines jüngeren Publikums zu fördern“, sieht der Vertrag vor.
Bergedorf sucht einen neuen Betreiber für das Theater im Körber-Haus
Bewerber können sich bis zum 15. Mai im Rathaus melden – und traditionell mit einer Förderung durch Bezirksamt und Körber-Stiftung rechnen. Neben einer Spielkonzeption ist ein Logistikkonzept erwünscht, damit der Theaterbesuch „zu einem Gesamterlebnis wird“. Eine Zusammenarbeit mit der Gastronomie ist ebenso erwünscht wie das Künstlercatering, Einlasskontrollen und Gardeobenservice. Zudem sollte beachtet werden, dass Nachtfahrten, etwa für den Transport von Bühnenbildern, nur in Ausnahmefällen gestattet sind, es kaum Lagerflächen gibt.
Umso mehr überzeugt die moderne Technik im nagelneuen Theater: Da gibt es die fast zwei Meter tiefe Vorbühne mit zwei Treppen, einen Schleierzug für die 200 Quadratmeter große Bühnenfläche sowie eine fest eingebaute Rollbildwand für Projektionen. Scheinwerfer und Kameras sind ebenso modern wie die Kommunikationsanlage zwischen Bühne und Technikern.
Intendant des Altonaer Theaters ist voller Hoffnung
„Selbstverständlich bewerben wir uns sehr gern für das neue Theater“, sagt Gastspiel-Manager Peter Offergeld von der Stäitsch Theaterbetriebs GmbH, in der sich das Altonaer Theater, die Hamburger Kammerspiele, das Harburger Theater und das Bergedorfer Theater Haus im Park zusammenfinden. Schon seit 2007, also jetzt in der 15. Spielzeit, organisiert der 52-Jährige das Bergedorfer Programm im HiP und holte zuletzt 30 Produktionen zu 44 Vorstellungen an den Gräpelweg. Auch Axel Schneider, Intendant des Altonaer Theaters, ist voller Hoffnung: „Wenn wir den Zuschlag bekommen, können wir wieder bundesweit Stücke einkaufen und zugleich Synergien durch unsere Stammhäuser nutzen. Wir spielen mit großer Leidenschaft für das tolle Bergedorfer Publikum.“
Peter Offergeld arbeitet gerade an dem verlangten Wirtschaftsplan für das neue Theater, arbeitet samt Vorverkauf, Abo-Verwaltung und Werbung. Ein Reinigungstag etwa wird mit 250 Euro berechnet, zudem müssen die Technische Leitung sowie die Licht- und Tontechniker der Körber-Stiftung mit 35,50 Euro pro Stunde einkalkuliert werden. „Für Gastspiele wie Comedy und Kabarett übernehmen wir die Zusatztechniker gern. Sind es aber das Altonaer Theater oder unsere Kammerspiele, so rücken wir mit den eigenen Technikern an.“
Vermutlich noch in diesem Jahr Umzug in den Neubau am Scchiffwasser
Vermutlich noch in diesem Jahr, spätestens aber im Frühjahr 2022 steht der Umzug in den Neubau am Schiffwasser an. Derzeit wird noch fleißig geflext, geschweißt und gebohrt im Rohbau der Sprinkenhof AG. Im Erdgeschoss sind bereits sämtliche Fenster eingebaut. Raumhoch verglaste Flächen hinter den vertikalen Kupferlamellen der Fassade sollen die Bergedorfer begeistern. Neben dem Theater finden sie hier künftig auch die öffentliche Bücherhalle, Angebote für Senioren von der Körber-Stiftung und der Awo, ein Café-Restaurant mit preiswertem Mittagstisch, das Büro des Bergedorfer Seniorenbeirats und VHS-Kurse. Im ersten Stock wird ein Veranstaltungssaal mit 200 Plätzen flexibel nutzbar sein – etwa für die Tanz-Nachmittage der Awo. Das neue Körber-Haus wird künftig von Eva Nemala (38) im Namen der Körber-Stiftung geleitet, das Bezirksamt schickt Nicole Becker-Kloth in das Gemeinschaftsmanagement.
Mindestens 26,6 Millionen Euro kostet das Bergedorfer Schmuckstück – und tauchte zuletzt namentlich im Bericht des Rechnungshofes auf. Der rügte die Kostenexplosion und eine „unzureichende“ Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. So seien beispielsweise die Folgekosten für die Reinigung der Fenster nicht im Vorprüfbericht bewertet worden. Kritisch sehen die Finanzkontrolleure ebenso die Verrechnung von 11,1 Millionen Euro Investitionskostenzuschuss der Körber-Stiftung als Mietkostenvorschuss.
Mietpreisberechnung ist bereits mehrfach geprüft worden
Dazu stellte nun Bergedorfs Links-Fraktion eine Große Anfrage – und bekam zur Antwort, dass es sich um eine „rein privatrechtliche Beziehung“ zwischen Sprinkenhof und der Körber-Stiftung handele. Was die Fensterreinigungskosten angehe, die sich nach Meinung der Linken „mindestens verdoppeln“, würden sie vom Vermieter „nach einem Quadratmeterschlüssel auf alle Mieter verteilt“, so das Bezirksamt.
Derzeit werden die Mietverträge noch erstellt, die Mietpreisberechnung sei mehrfach nachkalkuliert worden, was jedoch nicht durch ein externes Gutachten geprüft wurde: „Dieses ist allerdings auch nicht vorgeschrieben. Trotzdem wird in Zukunft dieses so gehandhabt, damit ein testiertes Ergebnis vorliegt“, antwortet die Bergedorfer Verwaltung – die im Übrigen davon ausgegangen sei, „dass der Mietvertrag vom Immobilien Service Zentrum (ISZ) veröffentlich wird“.