Hamburg. Neue Starkregengefahrenkarte simuliert für den Bezirk, wo mit Überschwemmungen zu rechnen ist. Diese Straßen sind besonders betroffen.

Die sintflutartigen Unwetter vom Himmelfahrtstag 2018 sind vielen Bergedorfern noch in nachdrücklicher Erinnerung. 540 Mal musste die Feuerwehr ausrücken, betroffen waren vor allem Lohbrügge und Boberg. Auch bei vielen Nettelnburgern stand das Wasser plötzlich im Wohnzimmer. Jetzt können alle Bergedorfer auf der neuen Starkregengefahrenkarte der Stadt Hamburg überprüfen, was ihrer Immobilie droht, wenn sich die Regengüsse von 2018 wiederholen.

Mit dem Tool der Hansestadt lassen sich nämlich auch die drohenden Hochwasser für drei verschiedene Regenszenarien simulieren. Die schwerste Kategorie – extremer Starkregen – ist laut dem Hamburger Senat fast vergleichbar mit dem Niederschlag am Himmelfahrtstag 2018 in Lohbrügge und Bergedorf. Damals kamen laut Behörden 62 Millimeter Regen in einer Stunde vom Himmel.

Unwetter: Starkregengefahrenkarte simuliert Szenario wie an Himmelfahrt 2018

In der aktuellen Version der Starkregengefahrenkarte (hamburg.de/starkregengefahrenkarte) können Nutzer jetzt zu ihrer Adresse navigieren und dort die verschiedenen Szenarien auswählen. Die Karte wird dann entsprechend der zu erwartenden Wassertiefe der überfluteten Gebiete eingefärbt. Auch die Fließgeschwindigkeit des ablaufenden Regenwassers wird entsprechend der Stärke des Regens angegeben. Pfeile zeigen die Fließrichtung an.

Auffallend tiefe Überschwemmungsgebiete zeigt die Karte erwartungsgemäß in unbebauten Gebieten entlang der Bille oder der Schulenbrooksbek. Doch auch zwischen Schillerufer und Ernst-Mantius-Straße soll das Wasser gemäß der Simulation im extremen Starkregenfall zumindest hinter den Häusern bis zu einem Meter hoch stehen. Die Fließrichtung des Wassers zeigt immerhin an: Der Regen läuft von den Häusern weg in Richtung Grünanlagen.

Wasser könnte auf der B5 bis zu einem Meter hoch stehen

Ebenfalls mehr als einen Meter Wassertiefe droht hinter den Häusern an der Johann-Meyer-Straße in Lohbrügge, auf dem Ludwig-Rosenberg-Ring erwartet die Simulation der Stadt Hamburg immerhin 80 Zentimeter. Ähnliche Werte werden auf dem Frascatiplatz erwartet, wo eine beschädigte Entwässerungsleitung in den vergangenen Monaten schon bei gemäßigten Regengüssen für tiefe Pfützen sorgte.

Selbst Retter gerieten in Not: Am 10. Mai 2018 überschwemmte Starkregen Teile von Bergedorf und Lohbrügge.
Selbst Retter gerieten in Not: Am 10. Mai 2018 überschwemmte Starkregen Teile von Bergedorf und Lohbrügge. © Carsten Neff / NEWS & ART | Carsten Neff

Auffällig ist auch der Abschnitt der B5 östlich des Mohnhofs (Holtenklinker Straße): Weil das Regenwasser mit hoher Geschwindigkeit den Gojenberg herunterfließt, könnte auch auf der Verkehrsader das Wasser bis zu einem Meter hoch stehen.

Energielotsen bieten Hauseigentümern Beratungen vor Ort an

Anhand der Starkregenkarte können Immobilienbesitzer also die Gefährdung ihres Eigenheims oder Gewerbeobjekts durch die topografischen Begebenheiten prüfen. Ob das jeweilige Gebäude konkret vor Wassermassen geschützt ist, muss im Einzelfall untersucht werden. Die Hamburger Energielotsen bieten für Kurzentschlossene am Donnerstag, 27. Juni, individuelle Beratungen vor Ort an.

Wer keinen Termin mehr bekommt oder an diesem Tag keine Zeit hat, kann auch zu einem anderen Zeitpunkt einen Hausbesuch durch einen Experten vereinbaren. Möglich ist dies unter der Telefonnummer 040/24832252 oder per E-Mail an beratung@energielotsen.de. Neben dem Schutz vor Starkregen können auch mögliche Baumaßnahmen besprochen werden, um sich in seiner Wohnung vor kommenden Hitzewellen zu schützen.

Mobile Barrieren können Garageneinfahrten vor Wassereinbruch schützen

Die Energielotsen nehmen das Haus in Augenschein, blicken gemeinsam mit den Eigentümern auf die Starkregenkarte und beraten auch bei geplanten Neubauprojekten. In diesem Fall sollte das Grundstück bereits im Vorfeld so bebaut werden, dass Wasser optimal in Senken oder Mulden abfließen kann. Bei bereits bestehenden Häusern ist es möglich, das Gebäude mit Schutzmauern und Dämmen zu schützen.

Falls das Wasser beispielsweise über eine Garageneinfahrt ins Haus laufen könnte, ist möglicherweise der Bau von Bodenschwellen sinnvoll. Alternativ können mobile Barrieresysteme vorbereitet werden, wie zum Beispiel Balken, die im Notfall vorgeschoben werden. Wer sich jetzt für einen Beratungstermin anmeldet, erhält von den Energielotsen einen – eher symbolischen – Jutesack, der mit Sand gefüllt werden kann, um undichte Stellen zu sichern.

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Unwetter: Behörden warnen, Gefahr durch Starkregen ernst zu nehmen

Eine weitere Gefahr: Wenn sich Wasser im Siel staut, kann es wieder in Keller und Garagen hochgedrückt werden. Unter Umständen können sogenannte Rückstauverschlüsse installiert werden, welche die Leitungen in Richtung Haus abriegeln. Auch der Einbau einer Abwasserhebeanlage ist denkbar.

Die Hamburger Behörden mahnen die Bevölkerung, die Gefahr durch Regenfälle ernst zu nehmen. „Wir müssen jetzt handeln, damit wir für die Zukunft gut vorbereitet sind“, betont Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Bei vielen Menschen im Bezirk Bergedorf muss spätestens nach den Regenfällen von 2018 wohl keine Überzeugungsarbeit mehr geleistet werden.