Lohbrügge. Edeka in Lohbrügge möchte, dass die Kunden miteinander ins Gespräch kommen. Nur bei Frischfleisch und knackigem Gemüse ist Schluss...
Es muss ja nicht gleich vor dem Rasierwasser oder beim Klopapier sein, aber Katzenfutter wäre schon ein schönes Gesprächsthema, oder? Auch Veganer könnten sich verkuppeln oder Kunden, die zeitgleich schmachtend vor dem Bananen-Schoko-Eis stehen. Ein bisschen flirten jedenfalls ist im Supermarkt ab sofort erlaubt: Vorm Edeka-Laden im Lohbrügger Marktkaufcenter stehen nun 40 rosa Einkaufskörbe am Eingang: „All you need is love“, heißt es gleich neben den farbenfrohen Schnittblumen.
Das weiße Leinenhemd, ein schickes Kleid oder ein bisschen Lippenstift könnten helfen: „Alles kann, aber nichts muss“, meint Geschäftsführer Marcel Besang: „In Zeiten von Kriegen und Missgunst tut es doch gut, einfach ein bisschen Liebe auszusenden und miteinander zu reden.“ Den Tipp für diese Aktion brachten ihm übrigens zwei Instagram-Follower: „Da habe ich mir die witzige Idee aus Bremen abgeguckt, wo die Single-Börse vor einigen Wochen an den Start ging.“
Singlebörse Supermarkt: Rosa Korb ist die Lizenz zum Flirten
„Wer braucht noch Parship, Elitepartner, Tinder & Co.?“, lesen die Lohbrügger Kunden, die zum rosa Korb greifen. Der habe Signalwirkung und zeige, dass man angesprochen werden möchte. Es muss ja nicht gleich die große Liebe werden, aber „vielleicht will man zusammen ein EM-Spiel sehen. Oder zwei Senioren gehen miteinander Kaffee trinken“, meint der Edeka-Leiter, der einen Mittwoch als Starttermin gewählt hat. Das ist der Seniorentag, an dem ältere Kunden fünf Prozent Rabatt bekommen. „Wir möchten gemeinsam gegen die Einsamkeit angehen und Menschen miteinander verbinden“, sagt Besang. Er vermutet indes, dass eher am späten Nachmittag die rosa Körbe genutzt werden, „wenn die jüngeren Leute aus dem Fitnessdtudio kommen“. Er selbst übrigens flirtet nicht mit: Der Mann ist seit 13 Jahren glücklich verheiratet.
„Och, warum nicht?“, meint hingegen eine junge Frau, die gerade Veggie-Wurst, Tomaten und Champignons shoppt – im rosa Korb: „Oh, das war mir gar nicht bewusst. Aber es ist eine coole Aktion“, meint sie. Das sieht Dr. Robert Wegner genauso, der gegenüber im Bergedorfer Gesundheitsamt arbeitet: „Ich habe sowieso keine Berührungsängste und quatsche gern Leute an“, sagt der Kinderarzt, der die Lohbrügger sowieso „für sehr aufgeschlossen“ hält. Auf große Anmache sei er indes nicht aus, sagt der 61-Jährige aus Harburg: Er tanze leidenschaftlich gern Tango und sei sehr frisch verliebt.
Edeka im Marktkaufcenter: Mit Papiertüten das Hospiz unterstützen
Und natürlich gelten auch im Supermarkt die gewohnten Höflichkeitsregeln. Wer also flapsige Sprüche an der Frischfleischtheke ablässt oder unflätig das junge Gemüse anstarrt, bekommt einen Korb – und der ist dann ganz bestimmt nicht rosarot. Außerdem können sich die Edeka-Kunden neuerdings auch eine kleine Papiertüte kaufen: „Wir haben das Logo selbst entworfen und spenden von den 35 Cent jeweils 10 Cent an das Hospiz am Deich“, sagt Marcel Besang, der allein in sechs Wochen 2500 Papiertüten verkaufte und nun 250 Euro spenden kann.
„Davon kaufen wir Grillwürstchen und Aperol für unser Sommerfest, immerhin sind wir 66 Haupt- und Ehrenamtliche“, sagt Pflegedienstleiterin Katja Fischer. Aktuell seien alle 14 Hospizbetten belegt, im Mittel blieben die Menschen 34 Tage lang im Haus. „Aber das besagt eigentlich nicht viel. Ein Gast ist bereits seit einem Jahr bei uns am Allermöher Deich, ein anderer ist nach nur zwei Stunden von uns gegangen.“
Edeka im Marktkaufcenter: Spenden-Entscheidung am Pfandautomaten
Jedenfalls muss auch im Hospiz niemand einsam sein, das ist wichtig: „Wir möchten an alle Menschen denken und sind sehr divers aufgestellt“, sagt Edeka-Leiter Besang und verweist auf die noch laufende Kunstausstellung zum Thema Einsamkeit im ersten Stock. Und auf eine Entscheidung am Automaten der Flaschenrückgabe: „Wer mag, kann mit seinem Pfand den Looki-Tierschutz fördern, die DLRG oder den VfL, dessen D-Jugend wir gerade neue Trainingsanzüge spendiert haben.“
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Das Portfolio ist also immens, denn auch Technik-affine Leute werden unterstützt (App-Kunden bekommen dienstags acht Prozent Rabatt) sowie behinderte Menschen: Die tägliche „stille Stunde“ zwischen 8 und 9 Uhr ernte sehr positive Resonanz: Die Kunden mögen es, wenn das Licht gedämmt ist, die Kassen schweigen und keine Monitore blinken. Auch dies war ein erster Versuch in Hamburg, so Besang: „Jetzt sind wir mit den rosa Einkaufskörben wieder Vorreiter in der Hansestadt.“