Hamburg. Verkehrschaos statt sicheren Schulwegs? Das will der Elternrat einer Grundschule nicht mehr hinnehmen. Die Lösung ist ganz einfach.

Seit Jahren ist das Problem der Elterntaxis bekannt: Mamas und Papas setzen ihre Kinder möglichst vor der Tür ab und sorgen damit nicht nur für Verkehrschaos, sondern auch für viele Gefahren. An der Grundschule Sander Straße in Bergedorf (400 Schüler) ist das nicht anders. Sie liegt an einer engen Straße und zudem einer Sackgasse. Morgens stellen sich die Eltern hier sogar vor die Feuerwehreinfahrt oder ins Halteverbot, um ihre Sprösslinge rauszulassen. Dem Chaos wollen Friederike Sinner, Sabine Ewich-Gakhar, Claudia Janssen und andere Eltern des Elternrates jetzt mit dem Projekt Schulexpress entgegenwirken.

„Unser Ziel ist es, dass Eltern weiter weg von der Schule parken oder ihre Kinder zu Fuß, dem Fahrrad oder Roller zur Schule gehen lassen“, sagt Friederike Sinner. Der Elternrat hat deshalb zum großen Aktionstag eingeladen und auch ein Banner mit der Aufschrift „Unsere Schule ist autofrei!“ angebracht. Als Vorbild dient ein ähnliches Projekt.

Sicherer Schulweg in Bergedorf: Elterntaxis adé, der Schulexpress kommt

„Wir haben nach einer Lösung für das Problem gesucht und sind bei unseren Recherchen auf den Schulexpress und Verena Nölle gestoßen“, erzählt die 38-Jährige, die zwei Kinder hat und selbst in Bergedorf aufgewachsen ist. Ihre Tochter Lotta besucht die Grundschule und ihr Sohn Fynn wird nach den Sommerferien eingeschult.

Die Projektkoordinatorin Verena Nölle hilft Schulen in ganz Deutschland, das Projekt zu etablieren und stand auch der Schule in der Sander Straße mit ihren Erfahrungen zur Seite. Pro Jahr unterstützt sie so bis zu zehn Schulen. „Wir haben mit der Grundschule an der Sander Straße einen Plan für die elf Haltestellen erstellt, die jetzt im Radius von circa 1,5 Kilometern rund um die Schule aufgestellt wurden“, erzählt sie. Die 52-Jährige hat den Schulexpress selbst als Mutter von vier Kindern an die Schule ihrer Kinder nach Bremen gebracht.

Schulexpress Schule Sander Straße. Hier: Die Kinder der Grundschule trainieren am großen Aktionstag der Schule ihren Schulweg auf Rollern in Form einem Parcours im Schulhof. 
Schulexpress Schule Sander Straße. Hier: Die Kinder der Grundschule trainieren am großen Aktionstag der Schule ihren Schulweg auf Rollern in Form einem Parcours im Schulhof.  © Ida Katnic | Ida Katnic

Sicherer Schulweg in Bergedorf: Eltern wurden befragt

„Die Schilder mit der Aufschrift ,Stehen, sehen und miteinander gehen‘ wurden so angebracht, dass sie nicht direkt an der Straße sind und dass der restliche Schulweg von dort sicher ist, also zum Beispiel, dass Ampeln für Übergänge vorhanden sind“, erzählt Nölle. Und Friederike Sinner fügt hinzu, dass man die Eltern befragt habe, aus welcher Richtung wer komme, damit es passend für den Ausstieg aus dem Auto sei und sich auch als Treffpunkt eignen. Dann habe man die Schilder bei der Verwaltung im Januar beantragt und vor wenigen Tagen seien sie aufgestellt worden.

Die Idee des Schulexpress gibt es jetzt bereits seit über 20 Jahren und an circa 200 Schulen in mehreren Bundesländern. In Hamburg ist die Grundschule in der Sander Straße bereits die fünfte teilnehmende Schule und in Bergedorf sogar die allererste. Unterstützung findet die Aktion auch durch einige Sponsoren wie der „Elefanten“-Apotheke, der TSG, der Bergedorfer Bille-Stiftung und der BB-Bank.

Sicherer Schulweg: Beim Projekttag ging es um allgemeine Verkehrssicherheit

Zum großen Aktionstag, den Friederike Sinner, zusammen mit anderen Eltern des Elternrats Verena Nölle und dem Schulleiter Marco Fritzler angeschoben hat, waren auch Einsatzkräfte der Polizei Bergedorf, sowie die Spedition Sovereign Aircargo Services GmbH aus Norderstedt dabei, denn an diesem Tag drehte sich alles, aucvh um die allgemeine Verkehrssicherheit. „Wir sind froh, dieses Projekt und so einen Tag bei uns zu haben“, betont Schulleiter Marco Fritzler. Und Verena Nölle fügt hin, dass es wichtig sei, da gerade jüngere Kinder oft im Straßenverkehr Abstände und Geschwindigkeiten noch nicht richtig einschätzen könnten.

Und so gab es an dem Tag unterschiedliche Aktionen wie einen Roller-Parcours auf dem Schulhof, das Abgehen des Schulweges mit der Polizei oder die Möglichkeit, sich mal in einen Lastwagen reinzusetzen und nachzuempfinden, was der Fahrer von oben aus seiner Fahrerkabine eigentlich alles sieht – und was eben nicht. Neben den rund 25 Eltern, die an diesem Tag mitgeholfen haben, war auch die Spedition aus Norderstedt dabei. „Als wir vor ein paar Tagen die Anfragen bekommen haben, ob wir mitmachen wollen, haben wir nicht lange gezögert und sofort Ja gesagt“, erzählt Sven Beilfuß, Trainer und Verkehrsleiter bei der Sovereign Aircargo Services GmbH in Norderstedt. Schließlich sei es dem Unternehmen wichtig, auch solche Projekte zu unterstützen. „Nicht mal die Erwachsenen können oft einschätzen, wo sie ein Lkw-Fahrer sieht und wo nicht, geschweige denn die Kinder“, sagt Beilfuß.

Die Kinder hatten die Möglichkeit, sich auf den Sitz und Beifahrersitz des Fahrers zu setzen und einmal dessen Perspektive einzunehmen. So sahen sie beispielsweise auch den sogenannten toten Winkel, der schnell mal zur Gefahr werden kann. Der Aktionstag kam sehr gut bei den Kindern an. „So was könnte es ruhig öfter geben“, sagt die achtjährigen Editha, die sich zusammen mit ihrer Klassenkameradin Lotta einen Film über „Sicherheit im Straßenverkehr“ angesehen hat.

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Friederike Sinner hofft, dass der Schulexpress gut angenommen wird. „Wenn nur ein Prozent weniger Eltern ihre Kinder zur Schule fahren, wäre es bereits ein Erfolg für uns“, sagt sie. Nach der Aktion würden die Eltern noch einen Brief nach Hause bekommen. „Die Kinder, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen, bekommen einen Stern, und die Klasse, die gemeinsam die meisten Sterne gesammelt hat, erhält einen Wanderpokal“, erzählt sie. Auch das solle ein kleiner Ansporn für alle Beteiligten sein. Mehr Informationen zum Projekt gibt es auch unter www.schulexpress.de.