Bergedorf. Viele Fahrbahnen im Bezirk sind in einem miserablen Zustand und für einige kaum mehr befahrbar. Behörde stellte Prioritätenliste auf.
Der Zustand der Bergedorfer Straßen hat sich nach dem frostigen Winter weiter verschlechtert. Auf Grundlage der standardisierten Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) liegen allein 57 Straßen im Notenspektrum 4,0 bis 5,0, sind teilweise für einige schwächere Verkehrsteilnehmer so gut wie nicht mehr zu befahren und für Autofahrer ebenfalls ein Graus. Nun hat Bergedorfs Tiefbauchefin Mona Rühle im Verkehrsausschuss das Programm des Erhaltungsmanagements Straße (EMS) 2024 vorgestellt. Das umfasst fünf größere Baustellen, die absolute Priorität genießen, sowie 22 weitere geplante, dringende Sanierungsmaßnahmen, alle im Laufe des Jahres.
Zur priorisierten „Fünf“ gehört zunächst die Justus-Brinckmann-Straße, die im westlichen Bereich zwischen Holtenklinker Straße und Gojenbergsweg fußgängerfreundlicher werden soll. Dazu wurde eine erste Planung bereits im April-Verkehrsausschuss vorgestellt. Des Weiteren fallen in diese Priorisierungskategorie die Deckensanierung Tatenberger Damm sowie ein jeweiliger Dünnschichtkaltaufbau auf drei Straßen in Lohbrügge: Sanmannreihe, Grandkoppelstieg sowie Grandkoppel. Terminlich angesetzt sind diese Arbeiten aber noch nicht.
Straßen in Bergedorf: Wehrdeich ist übersät mir Rissen und Schlaglöchern
Warum nun gerade diese Straßen dran sind, ergibt sich aus der ausgeklügelten „Priorisierung nach Bergedorfer Standard“. Darin fließen sechs Bewertungskriterien (Verkehrsbelastung, soziale Funktion, ÖPNV, Nebenflächen, Radverkehrsrouten, Entwässerung) mit unterschiedlichen Gewichtungen in die Formel eines Gesamtrankings ein, wobei die Netzfunktion, also hohes oder niedriges Verkehrsaufkommen, mit dem höchsten Faktor einfließt. Im Gesamtranking weist der Wehrdeich in Alt-Nettelnburg mit einem überproportional hohen Wert von 13,23 die Höchstmarke aus.
Deswegen wollte Tiefbauchefin Rühle ergänzend zur Top 5 nochmal kreativ werden und stockte auf eine Top 10 bei der Straßensanierung auf: „Wir wissen, dass sie mehr wollen“, entgegnete sie dem Politiker-Plenum, „und haben offenbar besonders laut ,Hier‘ geschrien bei der Mittelvergabe. Das können wir“. Rühle konnte Sondermittel aus der Schlaglochoffensive des Senats und dem Bündnis für Fuß- und Radverkehr (BfFRV) generieren – und ergatterte frisches Geld für 22 weitere Straßen. Darunter fallen als größere Baustellen eben auch der rumpelige Wehrdeich und der nicht viel angenehmere Oortkatenweg. Ebenfalls umfangreicher fallen die Deckensanierungen von Tatenberger Deich, Ochsenwerder Norderdeich sowie des Fersenwegs aus, sie komplettieren die Liste der zehn Straßen mit dem größten Sanierungsbedarf.
Weiterhin werden Katendeich, Allermöher Deich und Riehlstraße sowie Marschbahndamm, Brookdeich sowie Vierländerbahndamm gemacht. Darüber hinaus werden Nebenflächen auf dem Röpraredder, Brennerhof sowie Dünenweg angefasst. Eine weitere Deckensanierung finanziert aus Sondermitteln bekommt der Warwischer Hinterdeich. Abschnittsweise sollen zudem diese Straßen auf Vordermann gebracht werden: Wilhelm-Iwan-Ring, Horster Damm, Ladenbeker Furtweg, Billwerder Billdeich, Mittlerer Landweg, Randersweide und Rungedamm.
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Warum der Zustandsbericht nicht regelmäßiger erscheinen kann
Insgesamt erhalten die Bergedorfer Straßenbauer einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag für die Instandsetzung des Straßennetzes, bekommen demnach das meiste Geld aller Bezirke für die Asphaltpisten. Insgesamt habe sich nach ZEB-Angaben der Straßenzustand im Vergleich von 2017 (Note 4,01) zu 2021 (3,68) ohnehin leicht verbessert. Das liegt wohl auch an den Anstrengungen der Tiefbauer in der jüngeren Vergangenheit: 2021 wurden 17 Straßen saniert, 2022 derer fünf und zuletzt 2023 acht – darunter auch Lohbrügger Kirchstraße, Pollhof und An den Tannen, die zu den 57 schlechtesten Straßen im Bezirk gehören. Beim bundesweiten ZEB-Verfahren werden Hauptverkehrs- und Bezirksstraßen abgefahren und die entsprechenden Löcher, Risse und Unebenheiten von einem Messgerät erfasst. Vor drei Jahren kam so eine Gesamtstrecke von 219 Kilometern auf Bergedorfer Straßen zusammen, ausgewertet werden konnte immerhin eine Länge von 203 Kilometern.
CDU-Verkehrsexperte Jörg Froh zeigte sich zufrieden mit den EMS-Plänen 2024, wollte aber gern wissen, ob das ZEB nicht regelmäßiger angewandt werden könne, um Bergedorfs Straßenbild nicht derart zum Schlagloch-Dorado werden zu lassen wie zuletzt. Seit 2003 praktiziert Hamburg dieses Verfahren, aber nicht Jahr für Jahr in jedem Bezirk. Das liegt nach Angaben von Tiefbauchefin Rühle unter anderem an der großen Datenmenge. Die Auswertung sei besonders zeitintensiv und deswegen könnten Ergebnisse nur deutlich zeitverzögert veröffentlicht werden.