Hamburg. Schnitzeljagdfieber von Bergedorf bis Altona: Neue Instagram-Kanäle versprechen Geldsegen für den Schnellsten. Was steckt dahinter?
Mal sind es zehn Euro, mal ist es ein Hunderter – oder sogar ein kleines Goldstück: Auf Instagram sorgt der neue Trend, Geldscheine, Gutscheine oder andere Wertsachen im Hamburger Stadtgebiet zu verstecken, aktuell für einen Riesen-Hype. Und auch im Bezirk Bergedorf haben die geheimnisvollen Betreiber von Accounts wie Hansecash, Catch Cash, oder Cash Game bereits für eine hektische Geldsuche der Follower gesorgt. Doch was steckt dahinter?
Das Prinzip ist denkbar einfach: Die meist anonymen Influencer zeigen, wie sie einen Schein in einen kleinen Umschlag stecken oder an einen Aufkleber pappen und das Ganze dann beispielsweise in eine Mauerritze stecken oder an einen Laternenmast kleben. Es folgt ein kurzer Kameraschwenk über die Umgebung – und die Jagd auf das Geld kann beginnen. Wer weiß, wo es versteckt ist? Und wer ist am schnellsten da?
Hansecash und Co.: Influencer verstecken Geld überall in Hamburg
Das Schnitzeljagdfieber hat längst Zehntausende Hamburger gepackt: 24.000 Follower hat allein Hansecash binnen knapp zwei Monaten gewonnen, andere Accounts haben sogar noch mehr Nutzer. Ende Februar sei Hansecash als erster Kanal in Hamburg an den Start gegangen, sagt Betreiber Leo, der unbedingt anonym bleiben möchte (echter Name der Redaktion bekannt).
„Wir haben das mit Freunden selbst auf Instagram gesehen“, erzählt der junge Mann, der hauptberuflich im „medizinischen Bereich“ arbeitet. Die Idee stamme aus den Niederlanden. Als seinen Freunden und ihm auffiel, dass es solche Accounts zwar für Berlin oder Wien gebe, aber nicht für Hamburg, „haben wir das spontan umgesetzt, wir fanden das cool“. Nun betreibt er Hansecash hauptsächlich mit einer Freundin, drei weitere Kumpels unterstützen.
Manchmal werden auch Gutscheine versteckt
Doch wie kann es sich rechnen, am laufenden Band Geld zu verschenken? In den Kommentaren der Konten zeigen sich viele Nutzer skeptisch: Das Geld werde wahrscheinlich gleich wieder eingesammelt, mutmaßen viele. Andere vermuten, dass es nur darum geht, viele Follower zu bekommen, können sich aber auch nicht erklären, wie daraus dann Einnahmen werden.
„Wie andere Accounts das machen, weiß ich auch nicht“, räumt Leo von Hansecash ein. Doch bei ihm gehe alles mit rechten Dingen zu: „Es funktioniert über Reichweite und über Werbung“, stellt er fest. Tatsächlich lässt sich im Verlauf seines Kontos sehen, dass auch Bäderland den Hype erkannt hat: Leo durfte zwei Multicards im Wert von je 125 Euro verstecken, zudem Gutscheine von Cafés und Restaurants. Dafür gibt es dann kleine Werbeeinnahmen, die das Team wiederum nutzen kann, um neues Geld zu verstecken. „Im Moment ist das alles noch plusminus null“, sagt Leo, dem es aber mehr um den Spaß geht: „Es ist ein Hobby! Es soll darum gehen, eine Schnitzeljagd zu machen und unsere schöne Stadt kennenzulernen“, sagt er. Ein Kleingewerbe hat er trotzdem schon mal angemeldet.
Das Prinzip hat einen großen Vorteil: Fast alle Follower sind Hamburger
Es könnte schnell mehr als ein Hobby werden: Denn das Prinzip hat für Werbeinteressenten einen Riesenvorteil gegenüber anderen Kanälen in der großen, weiten Social-Media-Welt. „Unsere Nutzer sind fast ausschließlich Hamburger“, weiß Leo. Das Café in Eimsbüttel, der Inder in Bergedorf oder eben Bäderland können also sicher sein, die für sie relevante Zielgruppe in der eigenen Stadt zu erreichen.
Bisher ist auch noch kein Versteck unentdeckt geblieben: Meistens dauere das nicht länger als zehn Minuten, sagt Leo. „Und fast alle melden dann auch zurück, dass das Geld gefunden wurde.“ So könne er die Gewinnernamen posten und zeigen, dass alles seine Ordnung hat. Nur der Zehner, den er am 18. April an einen Linienbus in Altona klebte, ist wohl noch unterwegs: Ein Gewinner hatte sich bis zum Folgetag nicht gemeldet.
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Das Versteck ist oft binnen weniger Minuten gefunden
Immer abends zur Feierabend-Zeit versteckt Hansecash Geld. Meist – im Unterschied zu anderen Kanälen – eher kleinere Summen. Dass auf den anderen Accounts Kooperationen kaum erkennbar sind, versteht auch Leo nicht, das Finanzierungsprinzip bleibt dort unklar. Denn auch der junge Mann und sein Team mussten am Anfang das Geld vorstrecken: „Es waren eher kleine Summen, geteilt durch vier“, das sei noch machbar gewesen, sagt er. Aber immer war klar, dass es Kooperationen geben muss.
Für Leo bleibt das Ganze ein großer Spaß: „Auch wenn man sich manchmal wie ein Drogendealer fühlt, wenn man sich im Gebüsch rumdrückt“, wie er scherzt. Ihm geht es um „den Lokalgedanken“, um den Spaß und den Nervenkitzel der Schnitzeljagd. „Außerdem kommt man viel in der Stadt herum.“ Wenn es nach seinen Followern geht, dann sollte er aber immer überall sein: Abstimmungen darüber, in welchem Stadtteil er das nächste Mal Geld verstecken soll, haben meist Hunderte Antworten. Wo auch immer Hansecash das Geld versteckt, einer Tatsache kann sich Leo meist sicher sein: „Wir können wirklich in der allerletzten Ecke Hamburgs filmen: Nach fünf Minuten ist jemand da und hat das Geld. Es ist absurd.“