Hamburg. Um das Ziel von 1000 neuen Sozialwohnungen im Jahr zu erreichen, muss sich Hamburg mächtig strecken. Das hat auch Folgen für Bergedorf.
Im November 2022 einigte sich der rot-grüne Senat mit zwei Volksinitiativen zur künftigen Wohnungsbaupolitik in der Hansestadt. Die Initiativen hatten gefordert, dass auf städtischen Grundstücken de facto nur noch Sozialwohnungen gebaut werden dürfen. Die Regierung von Peter Tschentscher fand einen Kompromiss – doch der könnte bedeuten, dass gerade in Bergedorfs gehobeneren Wohnlagen in Zukunft deutlich mehr Sozialwohnungen entstehen werden.
Der Deal: Städtische Wohnungen und Wohngrundstücke sollen nur noch in Ausnahmefällen an private Eigentümer verkauft werden, normalerweise aber nur im Erbbaurecht vergeben werden. Zudem verpflichtet sich die Stadt, pro Jahr 1000 neue Sozialwohnungen mit einer 100-jährigen Mietpreisbindung zu schaffen. Doch um diese Vorgabe erfüllen zu können, wird Hamburg vielerorts bei neuen Projekten vom etablierten Drittelmix abweichen müssen.
Bis zu 100 Prozent Sozialwohnungen auf städtischen Flächen möglich
Denn die Behörde für Stadtentwicklung hat bereits zusammengerechnet, wie viele Wohneinheiten von 2025 bis 2029 gebaut werden könnten, wenn wie bisher mit einem Drittel sozial geförderten Wohnraum geplant wird. Das Ergebnis sind lediglich 3500 Wohnungen, also 700 im Jahr. Das Ziel wird dadurch eindeutig verfehlt. Als Konsequenz muss auf manchen Flächen der Anteil der Sozialwohnungen hochgeschraubt werden, wie Vertreter der Behörde im Bergedorfer Stadtentwicklungsausschuss erklärten.
Wo das der Fall sein wird, ist noch Zukunftsmusik. Grundsätzlich orientiert sich die Behörde aber am Sozialmonitoring. Gebiete mit einem höheren Status im Ranking – Statusindex „mittel“ oder „hoch“ – können nach dieser Logik einen höheren Anteil an Sozialwohnungen verkraften. Dort plant die Stadtentwicklungsbehörde derzeit mit einem Anteil von 100 Prozent Sozialwohnungen bei Projekten mit bis zu 149 Wohneinheiten und 50 Prozent Anteil bei Flächen für 150 bis 699 Wohneinheiten.
Oberbillwerder nach Ansicht der IBA nicht betroffen
Auf allen anderen städtischen Arealen gilt weiterhin der Drittelmix. Mit dieser Strategie könnte das Ziel von 1000 Sozialwohnungen im Jahr fast erreicht werden. Allerdings rechnen die Planer damit, dass in der Abstimmung mit den Bezirken Flächen wieder aus der Verlosung herausfallen werden.
Ein Blick auf die Karte des Sozialmonitorings 2023 gibt einen ersten Ausblick, welche Teile von Bergedorf von der Aufstockung des Sozialwohnungsbaus betroffen sein könnten. Den Statusindex „hoch“ erreichen demnach Nettelnburg und das Villengebiet sowie große Teile der Vier- und Marschlande. Ein Großteil des Bezirks wird jedoch mit dem Status „mittel“ bewertet und wäre somit ebenso geeignet für Neubauflächen mit bis zu 100 Prozent Sozialwohnungen. Beim Drittelmix bleiben würde es in Neuallermöhe, Bergedorf, Allermöhe sowie im Zentrum von Lohbrügge am Bahnhof.
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Auch Bergedorfs prestigeträchtiger Zukunftsstadtteil wird aus Sicht der IBA-Hamburg nicht von der Entwicklung betroffen sein. „Der Drittelmix bleibt bestehen“, teilte ein Sprecher der Bergedorfer Zeitung auf Nachfrage mit. Der Anteil an Sozialwohnungen könne sich zwar prinzipiell im Laufe der Entwicklung des neuen Stadtteils noch erhöhen. Es habe aber keine Vorgaben der Stadtentwicklungsbehörde als Konsequenz aus dem Deal mit den Initiativen gegeben.
Der Grund ist eine Ausnahmeregelung in der Abmachung von Politik und Volksinitiativen: Nach Zustimmung der Bürgerschaft können bei „großen Stadtentwicklungsprojekten“ mit mehr als 700 Wohneinheiten städtische Grundstücke doch verkauft werden.
Kritik aus den Fraktionen von CDU und FDP
Die Bergedorfer CDU sah die Ankündigungen der Stadtentwicklungsbehörde genau wie die FDP kritisch. „Wir glauben an den Drittelmix“, betonte Fraktionschef Julian Emrich. Auch Menschen, die eine eigene Wohnung kaufen wollen, müssten bei der Stadtplanung bedacht werden. Dieter Polkowski von den Grünen hielt dagegen: „Das betrifft ja nur die städtischen Flächen, der privatwirtschaftliche Markt macht, was er will.“ Linken-Politiker Ernst Heilmann sagte dagegen: „Wir haben einen Riesenbedarf an Sozialwohnungen. Schließlich fallen immer mehr davon aus der Bindung heraus.“