Hamburg. Der beklagenswerte Zustand der Bahnunterführung Richtung Lohbrügge war nur ein Thema bei der Podiumsdiskussion des Seniorenbeirats
Der Wahlkampf zur Bezirksversammlungswahl 2024 nimmt langsam Fahrt auf. Spitzenpersonal von fünf Fraktionen aus der aktuellen Bergedorfer Bezirksversammlung stellten sich am Freitag im CCB den Fragen der älteren Bewohner des Bezirks: Der Seniorenbeirat hatte zur Podiumsdiskussion eingeladen. Auf der Bühne nahmen Katja Kramer (SPD), Sven Noetzel (CDU), Lenka Brodbeck (Grüne), Maria Westberg (Linke) und Geerd Dahms (FDP) Platz. Die AfD hatte keine Einladung erhalten, „weil die Partei in Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet wird und teilweise rechtsradikal ist“, wie Organisatorin Dagmar Strehlow auf Nachfrage eines Passanten knapp und bestimmt erklärte.
Weil sich Linken-Politikerin Maria Westberg auf dem Podium die meiste Zeit mit allzu scharfer Kritik an der Bergedorfer Koalition zurückhielt, fiel Christdemokrat Noetzel die Rolle des Oppositionspolitikers in der Offensive zu. Eine Rolle, die der CDU-Mann mit sichtlicher Freude annahm.
Bezirkswahl Hamburg: Podiumsdiskussion mit Bergedorfer Politikern
„Nur einen Antrag schreiben reicht nicht“, stichelte er in Richtung der Bezirksversammlungsmehrheit, als es um die Frage nach fehlenden öffentlichen Toiletten in Bergedorf ging: „Man muss bohren, bohren, bohren“. Konkrete Lösungen vor Ort statt vermeintlicher Ideologie, das hatte Noetzel schließlich in seiner Einleitung als Kernkompetenz der CDU versprochen.
Hitzig wurde es zwischen den sich konsequent duzenden Bezirkspolitikern aber erst, als Moderator Alexander Sulanke, Redaktionsleiter der Bergedorfer Zeitung, nach der konkreten Haltung zum sozialen Wohnungsbau fragte. FDP-Politiker warnte vor „Gettobildung“, sollte der Anteil von geförderten Wohnungen über den bisherigen Drittelmix hinaus ansteigen – und eckte damit bei den rot-grünen Politikerinnen mächtig an.
„Nur weil Menschen in einer sozial geförderten Wohnung wohnen, sind sie doch nicht gesellschaftlich untragbar“, entgegnete Sozialdemokratin Katja Kramer scharf. „Man darf das Thema nicht mit der rosaroten oder rotgrünen Brille betrachten“, hielt der Freidemokrat dagegen. „Da sehen sie mal, was wir für eine zerstrittene Koalition ertragen müssen“, nahm Sven Noetzel die Steilvorlage gern an.
Bezirkspolitikern sind oft die Hände gebunden
Die hochkochenden Emotionen sollten ein Strohfeuer bleiben. Bei den meisten Fragen aus dem Publikum auf der CCB-Brücke lagen die Fraktionen nicht so weit auseinander. Die Bahnhofsunterführung in Richtung Alte Holstenstraße durch Kunstwerke zu verschönern zu lassen, schlug Maria Westberg von den Linken genauso vor wie CDU-Politiker Noetzel. Sozialdemokratin Katja Kramer verwies auf einen entsprechenden Antrag der Fraktion, Geerd Dahms mahnte an, kein Geld für teure Agenturen zu verschwenden, sondern sich lieber direkt an lokale Künstler zu wenden. Auch Lenka Brodbecks Hinweis, dass die gefühlte Sicherheit wichtiger sei als Ästhetik, fand keinen Widerspruch.
Ältere Menschen durch gemeinschaftliche Wohnprojekte mit Jüngeren aus Pflegeheimen herauszuhalten, wollen SPD, Grüne, FDP und Linke gern durch die Gründung eines Dachverbands für entsprechende Genossenschaften fördern. „Das ist ein dickes Brett“, mahnte Sven Noetzel und wies außerdem darauf hin, dass es bei der Bebauung von städtischen Grundstücken grundsätzlich einen Wettbewerb vieler guter Ideen gebe.
Bei allem demonstrierten Willen zur Gestaltung der Verhältnisse vor Ort: Auch die Grenzen des eigenen Handlungsspielraums mussten die Politiker der Bergedorfer Bezirksversammlung immer wieder einräumen. Der Ärztemangel in Bergedorf und den Vier- und Marschlanden liege vor allem daran, dass Hamburg als Einheitsgemeinde zähle und die Ärzte nicht auf die einzelnden Bezirke verteilen könne. Daran kann die Bergedorfer Politik allerdings allein nichts ändern. „Wir werden weiter kämpfen“, versprach Lenka Brodbeck.
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Bei der Frage, ob die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche nicht gerade ältere Menschen zurücklasse, bezog Maria Westberg am vehementesten Position. „Es muss grundsätzlich möglich sein, ohne Handy zurechtzukommen“, sagte die Linkenpolitikerin. Arzttermine müssten auch per Telefon zu buchen sein, im Bus müssten Passagiere auch mit Bargeld bezahlen können. „Wir werden den Trend nicht aufhalten“, räumte dagegen Katja Kramer ein. Genau wie andere Fraktionsvertreter setzte sie eher auf Unterstützung der Senioren beim digitalen Wandel, zum Beispiel durch Angebote in Bürgerzentren wie dem Haus im Park.
Die Hamburger Bezirkswahlen finden am 9. Juni 2024 gemeinsam mit den Europawahlen statt. Auf Bezirksebene wird dann jeder Wähler erneut zehn Stimmen haben, fünf für den Wahlkreis und fünf für die Bezirksliste.